Lagerhalle gegen Kaufhaus
23. Mai 2015Bücher von thalia.de, Filme und Party-Deko von Amazon und neue Schuhe von Zalando - zum Shoppen braucht schon lange niemand mehr das Haus verlassen. Sich den schweren Fernseher nach Hause liefern zu lassen, oder einen Stapel Hemden im eigenen Schlafzimmer anzuprobieren, ist bequemer als ein Einkaufsbummel durch die volle Innenstadt. Aber ist es auch umweltfreundlicher?
Mit dieser Frage hat sich David Huesmann von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz beschäftigt. Huesmann ist eigentlich Doktorand der Chemie und kein Fachmann für Ökologie oder gesellschaftliche Fragen.
Aber er schreibt für das "Journal of Unsolved Questions", eine von Mainzer Doktoranden gegründete Publikation, die sich - wie der Name schon sagt - mit unbeantworteten Fragen aus verschiedenen Wissenschaftsgebieten beschäftigt. Hier veröffentlichte er letzte Woche einen Artikel über die Umweltfreundlichkeit des Internet-Einkaufs.
Mysterium Onlineshopping
Huesmanns Recherche zum Thema war aus eigener Neugier motiviert. "Das Thema hat mich interessiert, weil ich selbst häufig im Internet einkaufe und mir auch schon die Frage gestellt habe: Was ist eigentlich besser: im Internet einzukaufen oder doch im Laden?", sagte er der DW.
Der Doktorand hat verschiedene Bereiche studiert, zum Beispiel das Kaufverhalten von Kunden im Internet und den CO2-Aufwand, der beim Versenden von Postpaketen entsteht. Dabei musste er feststellen, dass das Thema in seiner Zeitschrift der ungelösten Fragen genau richtig aufgehoben ist - zu viele variable Faktoren wurden noch nie gemeinsam in einer Studie untersucht.
Umtausch schlecht für die Umwelt
Da wären zum einen die Emissionen. "Die sechs Kilometer lange Fahrt, die ein Verbraucher [in Deutschland] mit einem Mittelklassewagen laut Statistik für einen durchschnittlichen Einkauf zurücklegt, setzt rund 900 Gramm CO2 frei", so Huesmann in seinem Artikel. Dem gegenüber steht nach Angaben von DHL eine Emission von weniger als 500 Gramm CO2 beim Versand eines Pakets. So weit, so gut - aber was ist zum Beispiel, wenn das bestellte Paket nicht nur einen Weg zurücklegt?
Gerade bei Artikeln wie Kleidung und Schuhen schicken Käufer die Ware häufig wegen falscher Größe oder Nichtgefallen zurück. Es "kann in diesem Bereich [Fashion] davon ausgegangenen werden, dass etwa jedes zweite versendete Paket wieder von den Kunden retourniert wird", heißt es in einer Studie der Universität Bamberg. Damit wäre die CO2-Einsparung schon wieder zunichte gemacht - ganz zu schweigen von Menschen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad zum Einkaufen fahren. Und wenn der Postbote den Kunden beim ersten Auslieferungsversuch nicht antrifft, muss das Paket sinnlos hin und her gefahren werden.
Lagerhallen gut für die Energiebilanz
Ein weiterer Faktor ist der Energieverbrauch.
"Beim Internethandel weist die kompakte Lagerhaltung pro Produkt Vorteile auf: In der Regel verbrauchen die großen Lager weniger Strom und Heizung und sind damit energieeffizienter als die Aufbewahrung im Ladengeschäft", schreibt Moritz Mottschall vom deutschen Öko-Institut Verein in einem Artikel zum Thema Onlineshopping. "Hier kann allein die starke Beleuchtung der Ware im Geschäft mit bis zu 40 Watt pro Quadratmeter Verkaufsfläche zu Buche schlagen."
Aber auch beim Einkauf im Internet wird Energie verbraucht. Der Käufer verbraucht Strom bei der Nutzung seines Computers und beim Stöbern auf verschiedenen Websites kann man schon mal leicht die Zeit vergessen. Außerdem beeinflusst der Server des Händlers die Energiebilanz.
Online im Vorteil?
Trotz der vielen Variablen - bei einigen Produkten sieht David Huesmann durchaus das Onlineshopping im Vorteil.
"Ich könnte mir vorstellen, dass bei Elektronikgeräten wie Computern, Fernsehern und so weiter die Rücksendequote gering ist", sagte Huesmann. "Und das sind auch Sachen, die man nicht unbedingt auf dem Fahrrad transportiert oder mit in die U-Bahn nimmt."
So würde die Rechnung "niedrige CO2-Emission beim Paketversand schlägt höhere CO2-Emission bei der Autofahrt zum Laden" aufgehen. Doch das ist Spekulation. Die Frage, ob Onlineshopping wirklich umweltfreundlicher ist als der traditionelle Einkaufsbummel, bleibt vorerst also noch immer ungelöst.