Olmert spielt auf Zeit
29. August 2007Widersprüchlicher könnten die Einschätzungen des jüngsten Treffens zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas kaum sein: Israelische Sprecher wollen den Eindruck erwecken, als habe man gute Fortschritte erreicht und als sei man sich in der Sache näher gekommen, palästinensische Sprecher hingegen bestehen darauf, man sei gar nicht "zur Sache" gekommen.
Der Verdacht liegt nahe, dass die Palästinenser die Lage treffender beschreiben als ihre israelischen Gesprächspartner. Olmert hat Abbas in den Kernfragen des israelisch-palästinensischen Konfliktes keinerlei konkrete Vorschläge unterbreitet – weder in der Frage der (rund 10.000) Gefangenen, noch in der Frage der israelischen Siedlungen, nicht in der Frage Jerusalems und erst recht nicht in der Frage der palästinensischen Flüchtlinge. Dies aber sind die zentralen Punkte, in denen es wenigstens ein Minimum an Übereinstimmung zwischen Israel und den Palästinensern geben sollte, bevor es überhaupt Sinn macht, im Herbst an der von US-Präsident Bush angeregten Nahost-Konferenz teilzunehmen.
Mahmud Abbas hat wiederholt klar gestellt, dass seine Teilnahme an der Konferenz – die möglicherweise im November in Washington stattfindet – nur dann in Frage komme, wenn es zuvor substantielle Fortschritte in den Gesprächen mit Olmert gebe. Kein Erpressungs-Versuch, sondern die Feststellung einer ebenso einfachen wie überzeugenden Tatsache: Mehr als je zuvor muss Abbas seit dem offenen Konkurrenzkampf mit der islamistischen "Hamas" Erfolge aufweisen, sonst wird mittel- und langfristig auch die heute noch von seiner "Fatah" kontrollierte Westbank an "Hamas" verloren gehen und damit die letzte Hoffnung auf eine Regelung in absehbarer Zeit.
Israel aber scheint auf Zeit zu spielen: Olmert redet zwar von Konzessionsbereitschaft, aber er hat auch nach über zwei Monaten noch nicht einmal die Reduzierung der allgegenwärtigen Straßensperren der israelischen Armee in der Westbank vorgenommen, er hat keine weiteren palästinensischen Gefangenen freigelassen, und er denkt nicht daran, mit Abbas einen konkreten Fahrplan zur Etablierung des von den Palästinensern ersehnten eigenen Staates zu diskutieren.
Natürlich steht Olmert innenpolitisch unter Druck und hat deswegen nicht viel Spielraum. Auch nicht gegenüber seinem sozialdemokratischen Koalitionspartner unter Ex-Premier Ehud Barak. Olmert darf aber auch nicht nur nach Washington schielen: Eine Lösung kommt nicht von dort, sie kann nur von den Palästinensern kommen.