"Ein taktisches Endspiel"
12. Juli 2010DW-WORLD.DE: Olaf Thon, Spanien hat das Finale der Weltmeisterschaft in Südafrika in der Verlängerung gegen die Niederlande gewonnen. Ist der Europameister aus Ihrer Sicht auch ein würdiger Weltmeister?
Olaf Thon: Mehr als das. Ich muss sagen, dass ich den Spaniern die Daumen gedrückt habe, weil sie einfach über das gesamte Turnier die bessere Mannschaft waren, während die Holländer nur verteidigt haben. Trotzdem haben es die Holländer gegen Spanien wesentlich besser gemacht als die deutsche Nationalmannschaft. Der Sieg geht aber mehr als in Ordnung.
Dieses Finale wird ja sicher als ein packendes, nicht aber als eines der besseren Endspiele in die WM-Geschichte eingehen, oder?
Das haben sie gesagt. Es war kein sehr gutes, sondern ein taktisches Endspiel. Wie so oft. Von daher glaube ich nicht, dass es wirklich packend war, sondern es war von der Taktik geprägt. Die Holländer haben sich für mich viel zu destruktiv verhalten, genau wie die deutsche Mannschaft auch. Deswegen bin ich von den Holländern ein bisschen enttäuscht. Die Spanier haben ganz verdient gewonnen.
Aber Arjen Robben hatte zweimal die Entscheidung auf dem Fuß.
Da haben sie vollkommen recht. Robben hätte das Tor zum 1:0 machen können und dann hätten die Spanier niemals mehr gewonnen. Daran sieht man, wie toll der Fußball ist. Beide Mannschaften gehen aufs Feld, beide Mannschaften können gewinnen, beide Mannschaften haben ihre Chancen. Die eine Mannschaft nutzt sie, die andere nicht und Spanien gewinnt.
Es gab jede Menge gelbe Karten. Eine gelb-rote. War es ein überhartes Finale?
Überhaupt nicht, weil das Spiel der Spanier wirklich nicht von gelben Karten geprägt ist. Die Holländer sind, glaube ich, mit 15 oder 16, 17 gelben Karten vorbelastet gewesen und nicht umsonst haben sie das Spiel nur mit zehn Mann beendet. Auch das zeigt die Dominanz der Spanier, die es geschickt verstanden haben, die Holländer zu Fouls zu provozieren, um eine Überzahl zu haben. Das haben sie geschafft und es ist auch ein verdient herausgespielter Sieg der Spanier.
Die Weltmeisterschaft ist zu Ende. Lassen sie uns auch ein wenig Bilanz ziehen. War es aus ihrer Sicht eine gute WM?
Es ist schwer, die Weltmeisterschaften von 1954 bis jetzt 2010 zu vergleichen. Es gibt mehr Taktik als 1954. Trotzdem fallen fast genauso viele Tore. Ich persönlich war erfreut über die Dominanz der Spanier in diesem Turnier und dass sie es letztendlich auch geschafft haben, Weltmeister zu werden. Und als Dritter hat die deutsche Mannschaft das Turnier beendet. Das war auch phänomenal mit einer jungen Mannschaft. Ich hoffe, dass die deutsche Mannschaft um Jogi Löw bei der Europameisterschaft 2012 und 2014 in Brasilien es wieder versucht, einen Titel zu erringen.
Die Fragen stellte Stefan Nestler
Redaktion: Andreas Ziemons