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Oktoberfest 2022 - kein Rekordjahr

Sabine Oelze mit dpa
3. Oktober 2022

Nach zwei Jahren Corona-Pause feierten 5,7 Millionen Menschen das Oktoberfest und tranken dabei 5,6 Millionen Liter Bier - trotz des kühlen und regnerischen Wetters. Ein Rekordjahr war es allerdings nicht für die Wiesn.

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Besucher prosten sich mit Bierkrügen zu
In den Zelten herrschte Andrang, draußen vermieste schlechtes Wetter den OktoberfestbesuchBild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

1. Wiesn-Bilanz

Zum 187. Oktoberfest kamen laut der Festleitung nicht ganz so viele Besucherinnen und Besucher wie in früheren Jahren. Der Stimmung tat das keinen Abbruch, in den Bierzelten wurde fröhlich gefeiert und man freute sich über weniger Gedränge.

Im Rekordjahr 1987 waren es 7,1 Millionen gewesen, bei der letzten Wiesn vor der Pandemie im Jahr 2019 kamen insgesamt 6,3 Millionen Gäste. Diesmal feierten 5,7 Millionen Menschen aus dem In- und Ausland.

Weder Corona, noch Geldsorgen oder der Krieg in der Ukraine sind für Festleiter Clemens Baumgärtner (CSU) die vordringlichen Gründe für den Besucherrückgang. Das Wetter sei der Hauptgrund für die niedrigeren Besucherzahlen gewesen, so Baumgärtner zum Abschluss des Festes am Montag. Er sprach vom schlechtesten Wiesn-Wetter seit 20 Jahren. Trotzdem habe das Fest ein entspanntes, gut gelauntes und junges Publikum angezogen. "Die Wiesn ist wieder da", verkündete Baumgärtner.

Wiesnherzen mit der Aufschrift "Geimpft, getestet, genesen" oder "Zuckers fürs Schnuckerl"
Wiesnherzen mit der Aufschrift "Geimpft, getestet, genesen" waren auf dem Oktoberfest zu sehenBild: Felix Hörhager/dpa/picture alliance

Aufgrund der Kälte und Nässe wurde beim Oktoberfest ausnahmsweise auch Glühwein ausgeschenkt - zum ersten Mal seit 14 Jahren. 2008 war als es zur Wiesn ähnlich kalt wie dieses Jahr. Allerdings fand der Ausschank des Heißgetränks in diesem Jahr nur mäßig Anklang. Im Gegensatz zu den Maßkrügen: Andenkenjäger wollten rund 112.500 davon mit nach Hause nehmen, 2019 hatten die Ordner den diebischen Sammlern nur 96.900 Krüge wieder abgenommen.

Das Publikum präsentierte sich 2022 münchnerischer und jünger. Das zeigte unter anderem die Auswertung von anonymisierten und aggregierten Daten des Mobilfunkanbieters O2 Telefonica. Die 16- bis 29-Jährigen machten etwa 21 Prozent der volljährigen Besucher aus, gegenüber 14 Prozent im Jahr 2019. Festleiter Baumgärtner glaubt, dass die jungen Menschen nach der Corona-Pandemie "ausgehungert sind zu tanzen und zu feiern".

Polizei, Feuerwehr und Sanitätsdienst berichteten von einer ruhigen Wiesn mit vergleichsweise niedrigen Einsatzzahlen. Die Wiesn-Sanitätsstation verzeichnete rund 27 Prozent weniger Einsätze, die Polizei sprach von einem friedlichen Verlauf. Sorgen bereite allerdings der Anstieg der Taschendiebstähle um rund 50 Prozent.

2. Eröffnungs-Rituale

Kurz "Wiesn" nennen die Einheimischen das Oktoberfest in Bayerns Landeshauptstadt München. Zweimal musste die Wiesn wegen der Corona-Pandemie ausfallen, das macht insgesamt drei Jahre Pause. Erst nach drei Schlägen - statt wie sonst zweien - gelang es Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter, das Bierfass zur Eröffnung anzuschlagen. Drei Jahre Pause - drei Schläge: Zahlenmystiker spekulierten bereits über einen Zusammenhang.

Wie immer nach dieser Gummihammerattacke auf Holz hieß es für die Wirte des Oktoberfests: "O'zapft is!" ("Es ist angezapft"), es folgten die Böllerschüsse, die quer übers Festgelände ertönen. Das größte Volksfest der Welt wurde am 17. September 2022 eröffnet - und machte zwei Wochen lang von sich reden.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter schlägt ein Fass an, um ihn herum stehen viele Leute
Traditionell schlägt der Münchner Oberbürgermeister das erste Fass auf dem Oktoberfest an - mit einem Gummihammer Bild: Steffi Adam/Geisler-Fotopress/picture alliance

3. Wiesn-Wucher

Die Preise haben ordentlich zugelegt. Im Schnitt 15,77 Prozent mehr als beim letzten Oktoberfest 2019 mussten die Feierwütigen für ein Bier bezahlen, das auf der Wiesn traditionell in einer Maß - das entspricht einem Liter- serviert wird. Zwischen 12,60 Euro bis 13,80 Euro (2019 waren es noch zwischen 10,80 und 11,80 Euro) mussten dafür hingeblättert werden. Kleinere Gläser sucht man auf der Wiesn vergebens. Auch Wasser und Wein gibt es nur literweise. In den sozialen Netzwerken machten auch Rechnungen wie diese die Runde, wo eine halbe Ente mit 53 Euro zu Buche schlug.  

Da war der Wiesn-Klassiker, das Hendl (Hähnchen), vergleichsweise günstig. 2019 kostete es im Durchschnitt 13 Euro, diesmal mussten Hungrige 14,00 bis 14,50 Euro für ein halbes Hendl berappen. 

4. Wiesn-Schausteller

Während in den Zelten gefeiert wurde, lief es für die Schausteller draußen überhaupt nicht rund. Zum einem lag das am schlechten Wetter. Wer möchte schon in ein Kettenkarussell einsteigen, wenn es in Strömen regnet? Viele Schausteller öffneten ihre Fahrgeschäfte deswegen oft nur stundenweise. Hinzu kam, dass die Energiekrise die Inflation antreibt und die Leute weniger Geld in der Tasche haben. Da überlegt man zwei Mal, wofür man sein Geld ausgibt.

Ein leeres Kettenkarussell dreht sich
Die Fahrgeschäfte nahmen weniger ein als in früheren JahrenBild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance

Und nicht zuletzt konnten Losbudenbesitzer nur noch mit Mühe Teddybären und Plüschtiere für ihren Stand auftreiben, bei Schießbudenbetreibern fehlten die Plastikrosen. Der Grund: Lieferketten sind unterbrochen, weil Containerschiffe mit begehrter Ware aus China auf den Weltmeeren festhängen. Für die Schausteller war 2022 definitiv ein Jahr mit bitteren finanziellen Einbußen.

5. Wiesn-Welle

Die Corona-Zahlen in Bayern haben ordentlich zugelegt. Lagen sie einen Tag vor dem Wiesn-Start bei knapp 200, hat sich die Sieben-Tage-Inzidenz des Coronavirus mittlerweile sowohl in der Stadt München als auch im gesamten Freistaat fast vervierfacht, wie aus aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts hervorgeht.  

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach twitterte besorgt:

6. Wiesn und sexuelle Gewalt

Das Wiesnzelt ist ein Ort, an dem viel Bier fließt - und nicht nur die Menschen im Service einiges ertragen müssen. Sexuelle Gewalt hat 2022 auf der Wiesn zugenommen, heißt es in einem Bericht der Polizei. 55 Besucherinnen des Oktoberfestes meldeten, sexuelle oder körperliche Gewalt auf dem Festgelände erlebt zu haben, das seien zehn mehr als 2019.  

7. Wiesn-Tracht

Vielleicht spiegelt sich die Abwehr des zunehmenden Sexismus auf der Wiesn auch in der Tracht wider, denn 2022 lagen verstärkt hochgeschlossene Kleider und Blusen im Trend. Der "Dirndlbalkon", der ein freizügiges Dekolleté zeigt, wurde demnach weniger oft gesichtet.

8. Wiesn-Hit

Nachdem das wegen seines sexistischen Inhalts umstrittene Lied "Layla" im Sommer 2022 unangefochten neun Wochen an der Spitze der deutschen Charts stand, wurde er auch zum diesjährigen Wiesn-Hit. Die Diskussion um ein mögliches Bierzelt-Verbot hatte das Gegenteil bewirkt, und spätestens als sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kurz nach dem Anstich beim diesjährigen Oktoberfest dafür aussprach, jeder solle "singen dürfen, was er will", gab es kein Halten mehr und die Menschen sangen aus voller Kehle von der "Puffmutter".

9. Wiesn-Gebirge

Von der Theresienwiese, dem Festplatz des Münchner Oktoberfests, lassen sich bei klarem Wetter die Alpen erkennen. Und bei jedem Wetter haben die Besucherinnen und Besucher einen freien Blick auf den sogenannten "Kotzhügel", einen kleinen Hang hinter den Festzelten im westlichen Teil der Theresienwiese. Zu sehen:  Betrunkene, die sich übergeben und davor oder danach urinieren - und sich nicht selten - dann auch noch darauf ablegen. Dazwischen wild Knutschende, unverblümter Sex und sogar Drogen-Deals. 2022 gab es eine Polizeistreife und Kameras, um Exzesse zu verhindern, doch die ein oder andere Bierleiche gab es trotzdem auf dem "Kotzhügel".

10. Wiesn-Stars

Neben viel Lokalprominenz ließen sich 2022 auf der Theresienwiese auch international bekannte Stars blicken: darunter die Fußballprofis Manuel Neuer und Thomas Müller oder Musikstars wie H.P. Baxxter, Frontmann der Techno-Band Scooter. Mit dem 75-jährigen Arnold Schwarzenegger kehrte ein Hollywood-Star mit seiner Familie ins Bierzelt zurück und sorgte für gute Stimmung. 

Schauspieler Arnold Schwarzenegger (2.v.l) sein Neffe Patrick Knapp Schwarzenegger,(l) seine Söhne Patrick Schwarzenegger, (3.v.l) und Christopher Schwarzenegger (r) beim Oktoberfest
Arnold Schwarzenegger, sein Neffe (l) und seine Söhne hatten sichtlich Spaß beim OktoberfestBild: Felix Hörhager/dpa/picture alliance
Autorin Sabine Oelze
Sabine Oelze Redakteurin und Autorin in der Kulturredaktion