Hilfe für Wahlen
23. Juli 2013Steht mein Name auf der Liste der eingetragenen Wähler? Diese Frage stellen sich viele der fast sieben Millionen wahlberechtigten Malier in den Wochen vor den Präsidentschaftswahlen. Und einige werden am 28. Juli wohl enttäuscht wieder nach Hause gehen.
Denn ein Staatsstreich in Bamako und anderthalb Jahre Krieg im Norden des Landes haben nicht nur Hunderttausende aus ihren Heimatorten vertrieben. Auch viele Rathäuser, Polizeistationen und Meldeämter sind zerstört, Akten liegen verstreut auf dem Boden oder sind zu Asche verbrannt.
Was machen die Frustrierten?
Extrem schwierig sei deshalb die Organisation der Wahlen, sagt der Chef der malischen Wahlkommission, Mamadou Diamoutani, im Gespräch mit der DW. Es gebe noch viele ungelöste Probleme. "Da wird sich viel Frustration anstauen und ich mache mir Sorgen um diejenigen, die ihr Wahlrecht nicht werden ausüben können", so Diamoutani. Wie sie am Wahltag oder am Tag danach reagieren werden, sei ungewiss.
Eigentlich bräuchte Mali deshalb mehr Zeit, um Wahlen zu organisieren, meint Diamoutani. Doch die internationale Gemeinschaft will, dass in Mali bald abgestimmt wird. Auch Deutschland drängt darauf, endlich mit einer demokratisch gewählten Regierung in dem westafrikanischen Land zusammenzuarbeiten. Deshalb unterstütze man gemeinsam mit der Europäischen Union die Wahlvorbereitungen, so der deutsche Minister für Entwicklungszusammenarbeit, Dirk Niebel, im DW-Interview. "Für uns ist das Entscheidende natürlich, dass sie zügig stattfinden, aber dass sie vor allem glaubwürdig sind", so Niebel. Das betone man auch in den Gesprächen mit der malischen Regierung.
Die Rückkehr der Bürgermeister
Deshalb helfen auch Experten aus Deutschland bei den Wahlvorbereitungen im Land. Einer von ihnen ist Henner Papendieck. Er leitete vor dem Krieg ein Entwicklungsprojekt im Norden Malis und trifft derzeit in Bamako malische Politiker zu Gesprächen.
Was kann man tun, wer kann es tun und wann? Über diese Fragen diskutiere er mit malischen Abgeordneten, Ministern oder traditionellen Führern und mache dann Geberorganisationen etwa aus Deutschland konkrete Vorschläge. Zum Beispiel: "Dass die Bürgermeister, die in den Flüchtlingslagern sind, vor Beginn der Wahl zurück sein sollten, damit sie bei der Vergabe der Wahlkarten dabei sein können. Im Moment geht es etwa in den Flüchtlingslagern in Mauretanien und Burkina Faso um 20 Personen und wenn diese 20 Menschen zurück wären, dann würde das den Ablauf der Wahlen erheblich erleichtern und die Atmosphäre erheblich entspannen."
Kein Geld im System
Insgesamt will Deutschland in diesem und im kommenden Jahr Entwicklungshilfe in Höhe von 100 Millionen Euro leisten. Dabei werde man sich neben Projekten in der Landwirtschaft und Unterstützung bei der Versorgung mit Trinkwasser auch darauf konzentrieren, eine gute Regierungsführung in Mali zu fördern, so das deutsche Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Mit 100 Millionen sei der Anteil Deutschlands an den von internationalen Gebern in Aussicht gestellten drei Milliarden Euro Hilfe allerdings recht bescheiden, meint Henner Papendieck.
Dabei bräuchte Mali erst einmal "einen großen Schluck aus der Pulle", also: viel, viel Geld. "Wirklich alle Institutionen, die jetzt von der malischen Seite ins Leben gerufen werden, sind nicht finanziert", so Papendieck. Etwa die vor zwei Monaten gegründete Kommission für Dialog und Versöhnung. "Und die sitzen völlig mittellos da, die Leute werden noch nicht bezahlt, das ganze System ist völlig entleert."
Polizei für den Rechtsstaat
Zudem ist der Norden Malis noch nicht sicher. In vielen Gegenden haben die Menschen weiter Angst vor Angriffen islamistischer Gruppen, die die Wahlen stören könnten. Um den brüchigen Frieden zu sichern, stationierten die Vereinten Nationen mehr als 12.000 Blauhelm-Soldaten in Mali. Mit bis zu 150 Soldatinnen und Soldaten unterstützt Deutschland diese UN-Mission. Die Bundesregierung will darüber hinaus zehn Polizisten nach Mali entsenden. Sie sollen den Neuaufbau der malischen Polizei unterstützen.
Das sei zu wenig, meint im DW-Gespräch Edelgard Bulmahn, Abgeordnete der oppositionellen Sozialdemokraten (SPD) im deutschen Bundestag und ehemalige Ministerin. "Ich hätte mir mehr erhofft, weil gerade die Polizeiausbildung ganz wichtig ist für die Sicherung und überhaupt erst einmal die Schaffung von Rechtsstaatstrukturen und damit auch von Rechtsstaatlichkeit", sagt Bulmahn. "Justiz und Polizei sind da die wesentlichen Akteure. Sie sind ganz entscheidend für die langfristige Sicherung von Frieden in Mali. Da hätte ich mir mehr Engagement gewünscht."
Schwerpunkte statt Regentropfen
Bulmahn kritisiert, dass Deutschland in zu vielen Ländern und in zu vielen Bereichen gleichzeitig Entwicklungshilfe leiste. So kämen oft nur Regentropfen an in den Partnerländern und keine echte Unterstützung. Die Bundesregierung müsse endlich den Mut aufbringen, ihre Entwicklungshilfe auf bestimmte Regionen zu konzentrieren. Ein Schwerpunkt dabei sollte Mali sein, sagt Bulmahn. Nicht nur jetzt, vor den Wahlen, sondern auch langfristig.