Rundfunkbeitrag besteht vor Gericht
18. Juli 2018Viele Bürger der Bundesrepublik empfinden den Rundfunkbeitrag in Deutschland als ein Ärgernis - eines, das ihnen regelmäßig vor Augen geführt wird. Dann nämlich, wenn der Betrag von monatlich 17,50 Euro vom Konto abgebucht wird, oder die entsprechende Rechnung im Briefkasten liegt. Es gibt Umfragen, nach denen etwa die Hälfte der Deutschen lieber nicht zahlen würde. Die durften sich etwas Hoffnung machen, dass sie sich das Geld künftig sparen können, denn das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe musste über vier Klagen gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags entscheiden. Aber nach der Urteilsverkündung ist jetzt klar: Im Großen und Ganzen bleibt es beim derzeitigen System.
Bei den Klagen ging es um drei strittige Bereiche bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags und nicht um die Zahlung selbst. Der Beitrag ist eine Haushaltsabgabe. Sie wird also pro Wohnung gezahlt - egal ob fünf Menschen in ihr wohnen, oder einer, oder ob es eine Zweitwohnung ist, die nur zeitweise besetzt ist. Einige Kläger sahen damit den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Das Gericht hat ihnen Recht gegeben und den Gesetzgeber angewiesen, hier bis Mitte 2020 eine Neuregelung zu treffen. Zweitwohnungsbesitzer können jetzt Anträge auf eine Befreiung der weiteren Unterkunft stellen. Ein weiterer Kritikpunkt drehte sich darum, dass die Gebühr vielleicht doch eigentlich als Steuer anzusehen sein - die jedoch nicht von den Bundesländern erhoben werden dürfen. Dem stimmte der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts nicht zu.
Dann gab es noch die Klage eines Autovermieters, der sich dagegen gewehrt hat, dass er für die Empfangsmöglichkeiten in seinen kommerziellen Fahrzeugen zahlen muss, was aber nicht für die Besitzer von Privatfahrzeugen gilt. Das Verfassungsgericht findet das aber in Ordnung, weil der Autovermieter ja die Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender zur Unterhaltung seiner Kunden gewinnträchtig in seine Kalkulation einbringt.
Die derzeitige Regelung gilt seit 2013 und geht auf einen Rundfunkstaatsvertrag zurück, den die Länder miteinander vereinbart haben. Zuvor gab es eine Gebühr, die abhängig von der Anzahl und Art der Empfangsgeräte war.
Rundfunkgebühren, Informationsangebot und Demokratie
Die Rundfunkgebühren sollen dazu beitragen, dass in Deutschland ein breites und qualitativ hochwertiges Angebot an Radio- und Fernsehprogrammen verfügbar ist. Sie sollen auch sicherstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender eigenständig bleiben und weitgehend der staatlichen Kontrolle entzogen sind. Wegen der gewünschten Staatsferne hat man sich gegen Steuern als Finanzierungsmittel entschieden.
Es wird in Deutschland immer wieder Kritik am Rundfunkbeitrag laut, aber im europäischen Vergleich sieht die jährliche Abgabe noch moderat aus. Die Finanzierung von öffentlichen Rundfunkangeboten wird international sehr unterschiedlich gehandhabt. Es gibt Länder wie Polen, in denen sich die Programme vor allem über Werbung finanzieren müssen, oder über Spenden, wie in den USA. Häufig werden jedoch Steuern oder Gebühren zur Finanzierung herangezogen. Auch hier gibt es große Unterschiede: In der Türkei werden zwei Prozent der Stromrechnung zusätzlich eingezogen, in Spanien fließt ein bestimmter Prozentsatz der Steuerlast privater Sender in die Finanzierung des öffentlichen Angebots. Die Summen, die in Europa erhoben werden, rangieren von 27 Euro (Portugal) bis 418 Euro (Schweiz) jährlich.
Auch wenn die Deutschen im Mittelfeld bei der Beitragshöhe liegen - es kommt ziemlich viel Geld zusammen: 2017 wurden fast acht Milliarden Euro von 45 Millionen Zahlern eingenommen. Finanziert werden damit allerdings auch mehr als 10 TV- und 67 Radioprogramme. In der Politik herrscht weitgehend Konsens, dass die öffentlich-rechtlichen Programme wichtig für das demokratische System sind. Aber dieser Konsens steht zunehmend unter dem Druck populistischer Parteien - und den veränderten Gewohnheiten bei der Mediennutzung.
Kritik an der Gebühr für öffentlich-rechtliche Programme
Es gibt schließlich noch jede Menge weiterer Medienangebote und inzwischen eine wachsende Zahl von Mediennutzern, die auf das Angebot der Öffentlichen gerne verzichten. Die finden es absurd, für etwas zu zahlen, das sie gar nicht in Anspruch nehmen. Dass die öffentlich-rechtlichen Sender allein durch ihre Existenz und ihr Angebot für ein gehobeneres Niveau der Medienlandschaft sorgen, ist nicht für jedermann stichhaltig.
Ganz vorne mit der Kritik an den gebührenfinanzierten Programmen in Deutschland steht die rechtspopulistische Partei AfD. Deren Vize-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Beatrix von Storch, hatte sogar eigenmächtig die Zahlung der Rundfunkgebühr verweigert, so dass ihr Konto gepfändet werden musste. Ihr Parteivorsitzender Jörg Meuthen findet, dass die gebührenfinanzierten Sender zu regierungshörig seien, ein "Staatsfunk". Auch bedürfe es des öffentlich-rechtlichen Rundfunkwesens nicht mehr, da jeder Bürger mit dem Internet "die Möglichkeit hat an alle Informationen zu kommen".
Widerstand gegen Rundfunkabgaben in Europa
Die deutschen Rechtspopulisten sind nicht die einzigen, die die Rundfunkgebühren als Aufregerthema für sich entdeckt haben. Der österreichische Vizekanzler Heinz Strache - er zahlt in der Alpenrepublik 318 Euro jährlich für das öffentliche Angebot - klagte auf Facebook über den ORF als "Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden". In der Schweiz ist es Gegnern kürzlich gelungen, einen Volksentscheid gegen die Gebühren durchzusetzen. Der ist zwar von einer breiten Mehrheit der Schweizer abgelehnt worden, aber die Diskussion um die öffentlich getragene Unterstützung der Programme war sehr heftig und hat dazu geführt, dass sich die Schweizer Rundfunkverantwortlichen in deutlicher Selbstkritik zu Reformen bekannt haben.