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"Nur fünf Monate aufgeschoben"

Juri Rescheto6. November 2014

Andrej Koboljew, Chef des ukrainischen Versorgers Naftogaz, plädiert im Gespräch mit der DW für dauerhafte Lösungen im Gasstreit mit Russland – auch was die Versorgung der abtrünnigen Teile der Ostukraine angeht.

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Ukraine Naftogas Andrej Koboljew
Bild: picture-alliance/dpa/Sergei Chirikov

DW: Andrej, Ihr Unternehmen Naftogaz hat die erste Tranche über 1,45 Milliarden Dollar (1,16 Milliarden EUR) an die russische Gazprom gezahlt. Die zweite etwas höhere Tranche zur Begleichung alter Schulden muss noch folgen. Das Geld wird von der EU kommen. Was halten Sie von diesem Abhängigkeitsverhältnis?

Koboljew: Ich halte das für eine vernünftige ausbalancierte Lösung. Sie hilft allen Seiten, einerseits ihre Interessen zu wahren. Andererseits bringt sie alle Seiten zusammen und hilft, den Winter ohne Versorgungsausfälle durchzustehen.

DW: Aber Sie bleiben abhängig vom Geld der EU?

Koboljew: Wir bleiben abhängig von der Finanzhilfe, die wir bekommen, um den Preisunterschied zu finanzieren – den Unterschied zwischen dem Preis, den wir für fair halten und dem Preis, der als Übergangslösung beschlossen wurde. Ich sehe hier die Abhängigkeit aller drei Seiten voneinander. Aus unserer Sicht wird diese Lösung jede Seite dazu zwingen, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

DW: Gut, aber wie wollen Sie die Vorkasse sicherstellen, ohne die ja kein Gas aus Russland fließt?

Koboljew: Erstens haben wir unsere eigenen Mittel, zweitens haben wir Kredite und drittens – da haben Sie recht – haben wir Mittel der Europäischen Kommission, die durch internationale Finanzinstitutionen fließen sollen. Wir werden diese Mittel nutzen.

DW: Andrej, angenommen – und das hoffe ich für Ihre Landsleute sehr – angenommen Naftogaz wird die Ukrainer bis zum Ende des Winters mit russischem Gas versorgen. Was dann? Wie stellen Sie sich eine dauerhaftere Lösung vor?

Koboljew: Die dauerhafte Lösung soll uns in erster Linie faire Marktpreise bieten. Diese Lösung hat zwei Seiten. Erstens unsere Beziehungen mit der Russischen Föderation. Preisparameter. Garantien der Transitlieferungen. All die Fragen müssen wir erst diskutieren. Nach der letzten Verhandlungsrunde ist lediglich das Problem der kommenden fünf Monate vom Tisch. Der zweite Aspekt betrifft unsere Beziehungen mit der EU. Wir brauchen eine vollständige Integration in den europäischen Markt. Dafür werden wir entschieden in der nächsten Zeit kämpfen.

DW: Die Ukraine hat Russland vorgeschlagen, die Gasversorgung der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk zu übernehmen. Dabei gehören diese Regionen aber nach wie vor zur Ukraine. Kann Naftogaz das nicht oder will Ihr Unternehmen das nicht?

Koboljew: Soweit ich weiß, stellte sich die Frage etwas anders. Diese Gebiete werden momentan von, nennen wir es politisch korrekt, bewaffneten Menschen kontrolliert. Sie zahlen uns kein Geld. Wir liefern jetzt aber trotzdem Gas in diese Gebiete. Naftogas und die Ukraine kaufen einerseits Gas zu einem relativ hohen Preis von Russland, höher sogar als zum Marktpreis. Gleichzeitig müssen wir aber dieses Gas umsonst in die Gebiete liefern, um die sich Russland so sehr kümmert. Das erinnert an Transnistrien. Das Gas wird in Transnistrien konsumiert, die Rechnung dafür zahlt aber Moldawien. Wir halten diesen Zustand für falsch. Es bedarf hier nach einer anderen Lösung. Technisch gesehen liefern wir nach wie vor Gas dorthin und haben damit überhaupt kein Problem. Wir sprechen eher von der Finanzierung. Wenn Russland uns dazu auffordert, als ukrainischer Staat oder als Firma Naftogas die Rechnungen nach seinen Vorstellungen zu begleichen, dann muss das gleiche auch für diese Gegenden gelten.

DW: Sollten sich also die Menschen in der Ostukraine Gedanken machen, wie sie den Winter durchstehen?

Koboljew: Gedanken sollte man sich eher über die Finanzierung der Gasversorgung machen. Aber diese Frage solten Sie lieber an unsere russischen Kollegen stellen.

Das Gespräch führte DW-Korrespondent Juri Rescheto