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Nowitzkis Reise auf vielen neuen Wegen

3. Juli 2019

Seit zwei Monaten ist Dirk Nowitzki kein aktiver Basketballstar mehr, sondern weltbekannter Privatier. Der 41-Jährige verbringt seine Zeit nun vor allem mit der Familie und macht Dinge, die er zuvor nie machen konnte.

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Deutschland Dirk Nowitzki in Leverkusen
Bild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Selbst für Dirk Nowitzki ist die A3 nicht beherrschbar. Der 41-Jährige hat so viele seiner Gegner einfach übersprungen, so viele Bälle unter dem Korb gegen die besten Spieler der Welt in der amerikanischen Basketballliga NBA gewonnen. Aber gegen eine Vollsperrung der Autobahn in der Höhe von Bad Camberg am frühen Mittwochmorgen kann selbst der Weltstar aus Würzburg nichts ausrichten. 

Vor gar nicht allzu langer Zeit hätten sich sicher andere Wege gefunden, der Verein hätte für schnelle Abhilfe gesorgt und Auswege gesucht. Womöglich hätte er die Reise ohnehin im Helikopter statt im Privatauto hinter sich gebracht. Schließlich sind Spieler dieser Kategorie bares Kapital für die Klubs, da dürfen solche Banalitäten keine Rolle spielen. Aber diese Zeiten sind bei Nowitzki vorbei.

Der 41-Jährige ist seit Mitte April Privatmann, ein Sport-Pensionär. Zur Vorstellung seines Benefiz-Spiels "Champions for Charity" im Leverkusener Stadion (21. Juli) kam Nowitzki dann eben eine halbe Stunde später angerollt.   

Nowitzki: "Der Druck ist weg"

Auch das gehört zur neuen Realität von "Dirkules", wie der 2,13-Meter-Mann geradezu ehrfurchtsvoll in den Vereinigten Staaten genannt wird, wo er nahezu sämtliche Basketball-Rekorde gebrochen hatte. 21 Jahre habe er bei den Dallas Mavericks sein "Herzblut vergossen", sagt Nowitzki. Nun sei er aber froh, dass "der Druck weg ist". Dafür nimmt er dann auch gerne solche Alltäglichkeiten in Kauf.  

Nowitzki findet sich gerade in ein Leben ein, dass er so wohl nie kennengelernt hat. Er war stets das "German Wunderkind", das schon in frühester Jugend mit seinem Mentor Holger Geschwindner nahezu rund um die Uhr an seiner Basketball-Technik und so manchem anderen feilte. "Ich bin froh, jetzt mal Dinge zu machen, die ich vorher nicht machen konnte", sagt Nowitzki. 

Für den deutschen Basketball-Superstar geht es erst einmal darum, Abstand zu gewinnen von seiner ruhmreichen sportlichen Vergangenheit und sich einzulassen auf dieses neue, unbekannte Leben. Er muss durchatmen und das alles, diese einzigartige und lange Reise, erst einmal verarbeiten.

Nowitzki wurde von den Fans geliebt

Mavericks-Besitzer Mark Cuban vor Nowitzki-Porträts
Mavericks-Besitzer Mark Cuban vor Nowitzki-PorträtsBild: picture-alliance/AP/The Dallas Morning News/S. N. Pool

Wohl noch kein Spieler ist derart herzlich von der gesamten NBAverabschiedet worden wie Nowitzki. Weder Michael "Air" Jordan noch Charles Barkley oder Kareem Abdul-Jabbar, um nur einige zu nennen. Sie alle wurden von den Fans tief verehrt. Geliebt aber wurde Nowitzki. Für seine grandiosen sportlichen Leistungen. Aber auch für seine Authentizität und Bodenständigkeit, die er nie verlor. Auch mit so viel Zuneigung muss man erst einmal umgehen können. 

Nowitzki reist gerade wieder. Aber nicht mehr mit seinem Team permanent quer durch die Vereinigten Staaten zu den zahlreichen Ligaspielen, sondern ausschließlich mit seiner Familie. Er hat seinen drei Kindern (eine Tochter, zwei Söhne) "Disney-Land" in Florida ("Das fanden die großartig.") gezeigt. Auch sein Zuhause, das kleine Städtchen Würzburg, wo diese atemberaubende Karriere einst begonnen hat. Gemeinsam mit seiner Frau, der Schwedin Jessica Olsson, reist er durch Europa. 

Fastfood statt Diätplan

Im Winter will er endlich mal wieder Ski fahren und Snowboarden. "Auf dem Oktoberfest in München war ich auch noch nie." Alles, was er in seiner Profizeit nicht machen durfte, weil es nicht gut für die Karriere hätte sein können, holt er nun nach. "Und Weihnachten will ich mal wieder zu Hause bei meinen Eltern in Würzburg feiern", sagt er. "Das habe ich schon so lange nicht mehr getan."   

Nowitzki hat sich in den gut zwei Monaten seit dem Karriereende so viel Fast Food gegönnt, wie wohl zusammengerechnet noch nie in seinem Leben. Der jahrelange Diätplan, der stets sein Leben bestimmte und der selbst im Urlaub strikt eingehalten werden musste, spielt plötzlich keine Rolle mehr. "Der eine oder andere Anzug passt leider nicht mehr", sagt Nowitzki mit einem breiten Lächeln. Er hat etwas zugelegt, mehr als fünf Kilogramm sollen es sein - aber es scheint ihn überhaupt nicht zu stören. "Ich habe seit zwei Monaten kein Workout gemacht, wirklich gar nichts."    

Schwerpunkt liegt auf dem Familienleben

Dirk Nowitzki wird von den Dallas-Fans verabschiedet
Dirk Nowitzki wird von den Dallas-Fans verabschiedetBild: picture-alliance/dpa/P. Hülsmann

In Deutschland bleiben will Nowitzki aber nicht. Er will zurück nach Dallas. Dort ist sein Lebensmittelpunkt, bei den Mavericks will und wird er wieder einsteigen. In welcher Funktion und wann genau? "Ich weiß es nicht, das wird man sehen." Dafür hat er momentan noch keine Gedanken übrig. Auch für eine Aufgabe bei der deutschen Nationalmannschaft kann er sich momentan nicht begeistern. "Ich bin viel zu selten vor Ort, um Einfluss nehmen zu können", sagt er. Der Schwerpunkt liegt erst einmal auf dem Familienleben - alles andere ist Nebensache.

Nowitzki scheint seinen neuen Alltag zu genießen und sich an den Gedanken zu gewöhnen, ohne täglichen Sport zu leben - auch wenn er noch mitten im Verarbeitungsprozess ist. 

Vor der Arena in Dallas will Besitzer Mark Cuban eine Statue von "Dirkules" aufstellen lassen. Auch die Straße vor der großen Mehrzweckarena soll noch nach dem Deutschen benannt werden. Zumindest dort dürfte Nowitzki dann kein Stau auf seiner weiteren Reise ausbremsen.