Nordostpassage taut frei
17. März 2007Die globale Klimaerwärmung schafft, was bislang unmöglich war: Sie macht den Weg frei durch die legendäre Nordostpassage. Dieser Seeweg zwischen Nordeuropa und Fernost verläuft entlang der russischen Küste durch das eisige Nordpolarmeer. "Auf der bisherigen Route durch den Suezkanal braucht man heute noch 28 Tage, in fünf bis zehn Jahren können wir in nur 15 bis 17 Tagen nach Fernost reisen" ist Joachim Schwarz überzeugt. Der Chef der Gesellschaft für Maritime Technik in Hamburg war schon öfter Fahrtenleiter bei Expeditionen in die Arktis.
"Eine verlockende Aussicht!"
Es ist ein alter Traum der Handelsschifffahrt, auf kürzestem Weg von Europa nach Asien zu schippern. Bisher ist das nur während des kurzen arktischen Sommers möglich. Dementsprechend gering ist das aktuelle Transportaufkommen. Schon bald könnte die Passage jedoch regelmäßig im Sommer schiffbar sein. "Es gehen riesige Warenströme über den Ozean, und die würden wesentlich verkürzt werden", sagt Jörn Thiede, Leiter des Alfred-Wegener Instituts für Polar- und Meeresforschung.
Thiede spricht von einem erheblichen Rückgang des arktischen Packeises. Jährlich fährt ein Forschungsteam seines Instituts mit dem Eisbrecherschiff "Polarstern" in die Arktis, um das Eis zu untersuchen. Auch russische und amerikanische Atomunterseeboote vermessen das Eis unter Wasser. "Alle diese Daten stimmen überein, dass sich die arktische Meereisdecke reduziert", erklärt Thiede.
Suezkanal bleibt auf der Strecke
Die ägyptische Regierung dürfte über eine verstärkte Linienschifffahrt auf der Nordostpassage weniger erfreut sein. Laut Angaben des Auswärtigen Amtes zählen Transitgebühren für den Suezkanal - neben Einnahmen aus dem Tourismus und dem Erdöl- und Erdgasexport - zu den wichtigsten Devisenbringern des Landes.
Mit ungefähr 60 Schiffen pro Tag ist der Suezkanal derzeit eine der meist befahrenen Wasserstraßen der Welt. 2006 beliefen sich, Medienberichten zufolge, die Kanaleinnahmen auf 3,82 Milliarden US-Dollar.
Goldrausch im Polarmeer'
In Europa wächst das wirtschaftliche Interesse an der Nordostpassage noch aus anderen Gründen: Seit Frühjahr 2006 untersucht eine deutsch-russische Arbeitsgruppe, wie die unter der Eisdecke lagernden Bodenschätze am besten erschlossen werden können. "Erdgas, Erdöl und andere Bodenschätze werden einfacher zu fördern sein", meint Daniel Hosseus vom Verband deutscher Reeder (VDR). Seiner Meinung nach ist der Rohstofftransport auf Schiffen das Geschäft der Zukunft, gerade für die Reedereien.
Bis die begehrte Route wirklich frei ist, will man allerdings nicht warten. Schon heute machen sich deutsche Reeder fit für die Nordostpassage. Containerschiffe, die auch Packeis von mehreren Metern Dicke brechen können, werden bereits produziert.