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KonflikteNordkorea

Nordkorea nimmt vermutlich zweiten Atomreaktor in Betrieb

22. Dezember 2023

Im umstrittenen Atomkomplex Yongbyon in Nordkorea ist wohl ein weiterer Reaktor zum Laufen gebracht worden. Experten mutmaßen, dass mit dem gewonnenen Plutonium neue taktische Atomwaffen gebaut werden sollen.

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Drei Personen vor einem TV-Gerät - zu sehen ist ein Satellitenbild der Atomanlage Yongbyon
Das südkoreanische Fernsehen berichtet über Nordkoreas umstrittene Atomanlage Yongbyon (Archivbild) Bild: Ahn Young-joon/AP Photo/picture alliance

Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) in Wien zeigte sich sehr besorgt. Der Austritt von warmem Wasser am Leichtwasserreaktor (LWR) im Atomkomplex Yongbyon in Nordkorea sei ein Hinweis darauf, dass der Reaktor den kritischen Zustand erreicht habe, teilte IAEA-Chef Rafael Grossi in einer Erklärung mit. Mit "kritischem Zustand" ist gemeint, dass die nukleare Kettenreaktion nun selbsterhaltend ist.

Die Experten der Atombehörde können die Entwicklung in Nordkorea allerdings überwiegend nur mit Hilfe von Satellitenbildern beobachten. Die kommunistische Führung in Pjöngjang hatte 2009 alle IAEA-Inspektoren des Landes verwiesen.

IAEA-Chef Rafael Grossi spricht vor einem Mikrofon
IAEA-Chef Rafael Grossi im September in Wien Bild: Leonhard Foeger/REUTERS

Grossi schränkte ein, ohne Zugang zum Reaktor sei es schwierig, den Betriebsstatus präzise zu bestimmen. Allerdings beobachtet die IAEA nach eigenen Angaben bereits seit Oktober einen starken Wasserabfluss aus dem Kühlsystem des Leichtwasserreaktors, was auf eine laufende Inbetriebnahme des Reaktors schließen lasse. Grossi betonte: "Ich wiederhole, die weitere Entwicklung des Nuklearprogramms der Volksrepublik (Nordkorea) einschließlich des Baus und des Betriebs des LWR ist ein Verstoß von Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, und das ist sehr bedauerlich."

Nuklearexperten aus den USA bestätigen IAEA-Einschätzung 

Jeffrey Lewis und seine Kollegen vom amerikanischen James Martin Center for Nonproliferation Studies (CNS), das auf dem Gebiet der Nicht-Verbreitung von Atomwaffen forscht, kamen zum selben Ergebnis.  Auch Lewis geht laut eigener Aussage davon aus, dass der neue Atomreaktor in Nordkorea seit Anfang Oktober läuft. Er und seine Mitarbeiter beziehen sich ebenfalls auf Satellitenbilder. Im Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter, schrieb der Fachmann, der Reaktor könnte es Nordkorea ermöglichen, "zehn, 20 Kilogramm oder sogar mehr Plutonium im Jahr für die Nuklearwaffen des Landes bereitzustellen".

Schon im vergangenen Jahr hatten die Experten ihre Einschätzung mitgeteilt, Nordkoreas Interesse an mehr Plutonium könne die Absicht widerspiegeln, neue taktische Atomwaffen zu entwickeln. Fachleute schätzen, dass der neue Reaktor nach seiner Inbetriebnahme gar bis zu 55 Kilogramm waffenfähiges Spaltmaterial im Jahr produzieren könnte und damit etwa zehnmal so viel wie der ältere 5-Megawatt-Reaktor in Yongbyon.

Kim Jong Un droht mit Atomwaffenangriff

Erst am Donnerstag hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mit einem Atomwaffenangriff gedroht, sollte sein Land "mit Kernwaffen provoziert" werden. Kim habe das Militäramt für Raketen angewiesen, "nicht zu zögern", einen nuklearen Angriff zu starten, "wenn der Feind mit Atomwaffen provoziert", berichtete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA.

Kim Jong Un mit zwei Mitarbeitern der Nationalen Behörde für Luft- und Raumfahrttechnik vor einem Globus
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (r.) droht regelmäßig mit einem Atomschlag - das Foto zeigt ihn mit Mitarbeitern der Nationalen Behörde für Luft- und Raumfahrttechnik Bild: YONHAPNEWS AGENCY/picture alliance

Die Warnung folgte auf ein Gespräch zwischen Vertretern Südkoreas und der USA in Washington, bei dem es um nukleare Abschreckung in einem möglichen Konflikt mit Nordkorea ging. Die Agenda umfasste unter anderem den Punkt "nukleare und strategische Planung". Am Montag hatte Nordkorea seine bisher stärkste ballistische Interkontinentalrakete mit einer möglichen Reichweite bis an die Ostküste der USA getestet.

Das Regime in Pjöngjang liegt seit vielen Jahren wegen seines Atomwaffenprogramms im Streit mit der internationalen Gemeinschaft. Das Land unterliegt harten Sanktionen der Vereinten Nationen (UN). Trotz den UN-Verboten testet Nordkorea seit dem vergangenen Jahr wiederholt atomwaffenfähige Raketen.

se/gri (dpa, rtr, afp)