Nordkorea meldet Zündung von Wasserstoffbombe
3. September 2017Nordkorea hat nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe gezündet. Der Test sei ein "absoluter Erfolg" gewesen, meldete das nordkoreanische Staatsfernsehen. Die Bombe sei schlagkräftiger als frühere Versuche und ein wichtiger Schritt für das Atomwaffenprogramm des Landes, hieß es im Staatsfernsehen. Radioaktivität sei bei dem von Staatsführer Kim Jong Un angeordneten Test nicht ausgetreten.
Wasserstoffbomben sind potenziell besonders verheerende Nuklearwaffen, mit denen sich weit stärkere Explosionen erzeugen lassen als mit herkömmlichen Atombomben.
Scharfer Protest aus China und Südkorea
Südkorea und China haben den erneuten nordkoreanischen Atomtest scharf kritisiert. China rief das Nachbarland auf, die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu respektieren. Die Aktionen seien falsch, teilte das Außenministerium mit. Sie würden die Krise verschärfen und seien nicht im Interesse des Landes. China appellierte an Nordkorea, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping erwähnte den Atomwaffentest allerdings mit keinem Wort, als er mit einer 50-minütigen Rede zur Lage in der Welt das Wirtschaftsforum des diesjährigen Brics-Gipfels in der südostchinesischen Hafenstadt Xiamen eröffnete. So äußerte sich nur das Außenministerium in Peking zu dem Atomtest.
Auch Südkoreas Präsident Moon Jae In kritisierte den Atomwaffentest des Nordens und forderte "die schärfste Bestrafung" der Regierung in Pjöngjang. Der UN-Sicherheitsrat müsse weitere Sanktionen verhängen, um Nordkorea "vollständig zu isolieren", sagte der Sicherheitsberater des Präsidenten, Chung Eui Yong, nach einer Dringlichkeitssitzung des Nationalen Sicherheitsrats in Seoul.
Präsident Moon habe in dem Treffen angekündigt, mit dem Verbündeten USA über die Entsendung der "stärksten strategischen Potenziale des US-Militärs" zu sprechen. Möglicherweise meinte er damit die taktischen Nuklearwaffen, welche die USA 1991 aus Südkorea abgezogen hatten.
Südkorea und Japan bestätigen Atomtest
Zuvor waren die japanische und südkoreanische Regierung davon ausgegangen, Nordkorea habe einen Atomtest unternommen. Zu dieser Schlussfolgerung sei man gekommen, erklärte der japanische Außenminister Taro Kono nach Angaben japanischer Nachrichtenagenturen. Die japanische Regierung legte nach Angaben des Außenministers scharfen Protest bei der nordkoreanischen Botschaft in Peking ein. Der Führung Nordkoreas sei übermittelt worden, dass jeglicher Atomwaffentest "extrem unverzeihlich" sei. Das Verteidigungsministerium teilte mit, mindestens drei Militärjets seien für Tests nach Radioaktivität aufgebrochen. Der Direktor der für Erdbebenmessungen zuständigen Meteorologischen Behörde, Lee Mi Sun, teilte mit, der Test habe eine besonders große Sprengkraft entfaltet: Die Explosion vom Sonntag sei fünf bis sechs Mal stärker gewesen als beim vorangegangenen Atomwaffentest im September 2016. Damit handele es sich um den stärksten bislang gemessenen Test.
Die Regierungen in Japan und auch in Südkorea hatten umgehend eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats angesetzt. Nordkorea hatte seit 2006 fünf Atomwaffentests vorgenommen, davon zwei im vergangenen Jahr.
Starkes Erdbeben
Die chinesische Erdbebenwarte hatte zuvor von einem Beben der Stärke 6,3 im Nordosten des abgeschotteten Landes in einer Tiefe von null Metern berichtet. Auch wenig später ereignete sich ein zweites Erdbeben mit einer Stärke von 4,6, wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap meldete. Die US-Erdbebenwarte USGS gab die Stärke des Bebens zunächst mit 5,6 in einer Tiefe von zehn Kilometern an. Ein Atomwaffentest mit der Erdbebenstärke 6,3 wäre der bislang stärkste aller Atomwaffentests in Nordkorea. Epizentrum des Bebens war offenbar der Bezirk Kilju, wo das Atomtestgelände liegt, hieß es unter Berufung auf südkoreanische Behörden.
Wasserstoffbomben noch verheerender
Wasserstoffbomben gehören zu den verheerendsten Waffen der Welt. Ihre Sprengkraft übertrifft die von herkömmlichen Atombomben um ein Vielfaches. Hat nun Nordkoreas Diktator Kim Jong Un eine solche Waffe in seinem Arsenal des Schreckens? Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA haben die Nukelarwissenschaftler des kommunistischen Regimes eine Wasserstoffbombe gebaut, mit der die neue Interkontinentalrakete des Landes bestückt werden könnte.
Bei einem Besuch einer Fabrik für Nuklearwaffen (Artikelbild) lobte Kim am Sonntag die Forscher. Er sei "stolz auf die unbezwingbare Stärkung" der Streitkräfte. Nach offizieller Darstellung haben die nordkoreanischen Nuklearexperten offenbar eine regelrechte "Wunderwaffe" entwickelt, deren Sprengkraft sich "von zehn Kilotonnen bis mehrere hundert Kilotonnen" variieren ließe. Allerdings lassen sich - wenig überraschend - diese Angaben nicht von unabhängiger Seite überprüfen.
Gewichtsproblem
Wie KCNA weiter meldet, handelt es sich um eine thermonukleare Waffe, die in großer Höhe zur Detonation gebracht werden könne. Möglicherweise soll das ein Hinweis darauf sein, dass ein Hauptproblem von Kims Atomwaffenprogramm gelöst worden sei. Die Raketen des Regimes haben nämlich bislang zu wenig Schubkraft, um schwere Sprengsätze zu transportieren. Ausländische Experten hatten in den vergangenen Monaten infrage gestellt, ob Nordkorea seine Bomben erfolgreich verkleinern könnte, um sie mithilfe der eigenen Raketen abzufeuern.
Anfang August berichtete die "Washington Post" allerdings, Nordkorea habe einen Atomsprengkopf entwickelt, der klein genug für den Einsatz in den eigenen Interkontinentalraketen sei. Unter Berufung auf eine Analyse des US-Militärgeheimdiensts DIA berichtete die Zeitung, die Atomtechnologie des abgeschotteten Landes sei wesentlich schneller vorangeschritten als erwartet. Zur vollwertigen Atommacht fehle Pjöngjang jedoch noch viel.
Raketen mit größerer Reichweite
Vor zwei Monaten hatte das nordkoreanische Staatsfernsehen erstmals den Test einer Interkontinentalrakete des Typs Hwasong-14 vermeldet. Experten schätzen, dass die Rakete eine potenzielle Reichweite von 6700 Kilometern hat und damit theoretisch den US-Bundesstaat Alaska erreichen könnte. Als Interkontinentalraketen gelten Raketen mit einer Reichweite von mehr als 5500 Kilometern.
Nach einem zweiten Test einer Langstreckenrakete am 28. Juli verkündete die Führung in Pjöngjang, die dabei verwendete Rakete könne das "gesamte US-Festland" erreichen. Bei dem Geschoss mit einer theoretischen Reichweite von 10.000 Kilometern soll es sich um eine verbesserte Version des Typs Hwasong-14 gehandelt haben. Am vergangenen Dienstag schoss Nordkorea eine Mittelstreckenrakete ab, die über Japan hinweg flog und im Pazifik landete.
Propaganda aus Pjöngjang
Trotz ständig steigendem internationalen Druck hat Nordkorea wiederholt Atombombenversuche unternommen. Im Januar 2016 hatte das Regime in Pjöngjang behauptet, erstmals eine Wasserstoffbombe erfolgreich getestet zu haben. Experten bezweifeln, dass damals tatsächlich ein solcher thermonuklearer Sprengsatz gezündet wurde.
Der vor einem halben Jahr durchgeführte fünfte Atomtest des Landes galt bislang als die größte jemals von Nordkorea herbeigeführte Explosion. Die von Erdbebenwarten gemessenen seismologischen Erschütterungen seien für einen thermonuklearen Test aber immer noch zu gering gewesen, so die internationalen Experten.
Die jetzt von ihm in der Nuklearwaffenfabrik inspizierte Bombe sei eine "thermonukleare Waffe mit einer außerordentlichen Explosionskraft, geschaffen durch unsere eigenen Anstrengungen und eigene Technologie", jubelte Kim Jong Un an diesem Sonntag. Alle Komponenten der Wasserstoffbombe seien "zu 100 Prozent im eigenen Land hergestellt", sodass man beliebig viele Bomben bauen könne, drohte der Diktator.
Die erste zweistufige echte Wasserstoffbombe der Welt wurde von den USA am 1. November 1952 im Pazifik getestet (Operation Ivy Mike), die Sowjetunion folgte im Jahr darauf. Diese Waffen waren aber eher Prototypen, die für Einsätze noch nicht geeignet waren. Militärisch nutzbare Bomben hatten die beiden Supermächte erst etwas später. In Kriegen eingesetzt wurden diese bisher nie.
AR/qu/as (dpa, Reuters, AFP)