Nordkorea: Maas im Grenzbereich
26. Juli 2018Durch eine Sonnenbrille schaut Heiko Maas in den grellen Dunst Nordkoreas. Der deutsche Außenminister steht auf einem Aussichtspunkt in der demilitarisierte Zone. Einem 4 Kilometer breiten Grenzbereich zwischen Nord und Südkorea. „Bemerkenswert" und skurril findet er es, 28 Jahre nachdem Deutschland Zäune und Mauern "hinter sich gelassen" wieder in einem geteilten Land zu stehen.
Maas will helfen, hat angeboten die deutschen Erfahrungen mit der Wiedervereinigung weiterzugeben. "Es wäre glaube ich ein gutes Gefühl, wenn Deutschland hier einen Teil dazu beitragen kann, dass eine Grenze so wie wir sie kannten, die unser Land getrennt und gespalten hat hier irgendwann in der koreanischen Halbinsel verschwindet." Maas weiß aber, dass es noch dauern kann - und seine Gesprächspartner in Seoul wissen es auch.
Ein Ministerium für Wiedervereinigung
In einem Punkt ist man in Korea schon weiter, als das geteilte Deutschland jemals war: es gibt ein Wiedervereinigungsministerium – in Süd- und auch in Nordkorea. Theoretisch wollen beide Länder die Einheit. Nur sind die Hindernisse noch so groß. Die Annäherung wird von südkoreanischer Seite Cho Myoung-Gyon in einem stattlichen Gebäude in Seoul organisiert. Außenminister Maas bietet auch ich Unterstützung an.
Schon Maas Vorgänger Steinmeier hatte 2014 ein Beratergremium geschaffen, das sich besonders mit außenpolitischen Aspekten der Wiedervereinigung befasst hat. Seitdem ist in der Korea-Frage viel passiert. Allein in den letzten 12 Monaten gab es zwei innerkoreanische Gipfel und natürlich den Gipfel von US-Präsident Trump und Nordkoreas Machthaber Kim in Singapur.
Vor allem der Trump-Kim Gipfel wirkte wie ein mächtiger Schritt, auf dem Weg zu Südkoreas oberstem Ziel: einem friedlichen Miteinander mit dem Nordteil. Nach mehreren Atomtests sollte vor allem die nukleare Abrüstung Nordkoreas erreicht werden. Beim Treffen von Maas erfährt der deutsche Außenminister vom Wiedervereinigungsminister plötzlich, dass die Denuklearisierung bereits „stattgefunden hat". Aber das ist nur ein Übersetzungsfehler.
Südkorea braucht internationale Hilfe
Wie es tatsächlich um die Denuklearsierung steht, beschreibt Südkoreas Außenministerin Kang Kyung-wha nach einem Treffen mit Maas so: Nordkorea habe seine Bereitschaft zur Abrüstung gezeigt, das Land habe auf weitere Provokationen verzichtet, und Einrichtungen an einer Raketenstartanlage zerstört. Insgesamt seien aber noch Verhandlungen nötig, bei denen Südkorea auch internationale Unterstützung bräuchte.
Auch wenn oder vielleicht weil er skeptisch bleibt, was die Verlässlichkeit Nordkoreas angeht – deutsche Unterstützung bei der Denuklearisierung bietet Heiko Maas in Seoul auch an. Deutschland habe vor allem durch die Verhandlungen des Nuklearabkommens mit dem Iran (JCPOA) Erfahrung. Insgesamt sei jetzt die "größte Chance, die wir in dem Konflikt hatten, vielleicht auch die letzte Chance für Nordkorea."
Nicht Worte, sondern Taten zählen
Dafür das Nordkorea diese Chance nutzt, fehlen Heiko Maas aber immer noch die Beweise. Er wartet weiter auf Taten. Erst wenn das Atomprogramm "nachweisbar, überprüfbar und irreversibel gestoppt wird" könne man von einem Erfolg sprechen. Davor ist für Deutschland an eine Lockerung der Sanktionen gegenüber Nordkorea nicht zu denken. In dem Punkt stehen Südkorea und Deutschland fest an der Seite der USA.
Am 27.7. jährt sich der Waffenstillstand zwischen Nord- und Südkorea zum 65. Mal. 1953 wurde nach wiederholten Kämpfen an der Grenze die demilitarisierte Zone eingerichtet. Diesen Jahrestag verpasst der deutsche Außenminister um einen Tag. Vielleicht wird bei diesem Anlass ein großes Zeichen gesetzt, aber die gab es zuletzt immer wieder. So hängt auch über der Zufahrt zum Grenzbereich ein großes Transparent mit der Aufschrift: "Paju perparing for unification." Wie lange sich die kleine Stadt Paju an der Grenze noch auf die Wiedervereinigung vorbereitet – Heiko Maas weiß es auch nicht. Der Außenminister hofft aber, nicht zu lange.