Mehr Flüchtlinge aus dem Libanon in die EU?
4. Dezember 2015Unter Berufung auf hochrangige EU-Diplomaten in Brüssel schreibt die Tageszeitung "Die Welt", bei dem Treffen der Regierungsvertreter solle insbesondere sondiert werden, welche EU-Länder sich an den Umsiedlungen beteiligen wollen. Außerdem sollten neben der Türkei auch der Libanon und Jordanien stärker als bisher finanziell unterstützt werden, damit sie Flüchtlingen eine bessere Lebensperspektive bieten könnten.
Die "Welt" berichtete weiter, Regierungsvertreter aus Jordanien und Libanon hätten in den vergangenen Tagen in Brüssel mehr Unterstützung für ihre Länder angemahnt und dabei auf die Türkei verwiesen. Allein im Libanon leben nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 1,15 Millionen registrierte Flüchtlinge, in Jordanien 650.000. Die Türkei beherbergt nach eigenen Angaben rund 2,2 Millionen syrische Flüchtlinge.
Milliarden für Ankara
Am Sonntag hatte der EU-Türkei-Sondergipfel beschlossen, der Türkei zunächst drei Milliarden Euro zur Versorgung der Flüchtlinge vor Ort zu zahlen. Unklar ist bislang allerdings, wie diese Summe finanziert wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel führte am Rande des Gipfels mit einigen EU-Ländern Gespräche über die mögliche Aufnahme von Flüchtlingen, die in der Türkei leben. Solche "Kontingente" seien möglich, auch wenn noch "keine einzige Zahl genannt" worden sei, sagte Merkel. Die EU-Kommission werde bis zum EU-Gipfel am 17. Dezember Vorschläge unterbreiten. In Medienberichten war über die Aufnahme von 400.000 Flüchtlingen spekuliert worden.
Im Gegenzug verpflichtete sich die Türkei, die Ausreise von Menschen ohne Asylanspruch in Richtung Europa zu verhindern und abgeschobene Asylbewerber zurückzunehmen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), sagte der "Welt", die Türkei sei bereit, umgehend rund 100.000 syrische Flüchtlinge in Gebiete in Syrien zurückzuschicken, die von der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) befreit seien.
Zankapfel Asylquoten
Der Streit über die Aufnahme von Flüchtlingen und den Grenzschutz dürfte ein Schlüsselthema sein, wenn die EU-Innenminister an diesem Freitag in Brüssel zusammenkommen. Zankapfel ist vor allem die Verteilung von Asylberechtigten per Quote auf alle Länder, die in der Praxis kaum vorankommt. Die Slowakei und Ungarn haben dagegen beim Europäischen Gerichtshof Klagen eingereicht. Die EU-Innenminister hatten am 22. September die Umverteilung von 120.000 Asylbewerbern auf die Mitgliedsländer beschlossen. Demnach sollen Ungarn und die Slowakei jeweils rund 2300 Flüchtlinge aufnehmen. Die Entscheidung fiel in einer Mehrheitsentscheidung gegen den Widerstand der Slowakei, Tschechiens, Ungarns und Rumäniens.
Für zusätzliche Aufregung sorgten zuletzt Interview-Äußerungen von EU-Ratspräsident Donald Tusk, der eine Kehrtwende in der europäischen Flüchtlingspolitik fordert und sich damit offen vom Kurs der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) absetzt. Die EU-Innenminister werden zudem nach den Anschlägen von Paris mit 130 Todesopfern über Anti-Terror-Maßnahmen beraten. Dazu gehört auch die geplante Speicherung von Fluggastdaten auf Vorrat, damit Fahnder die Daten bei der Terrorfahndung auswerten können.
kle/ml (rtr, afp, dpa)