Nigerias schwindende Wälder
Der gestiegene Bedarf einer wachsenden Bevölkerung an Holz, Ackerland und Energie setzt Nigerias natürlichen Baumbestand unter Druck. Schon in 20 Jahren könnten die Wälder des Landes völlig vernichtet sein.
Ein dichter, grüner Wald - noch
Ein Holzfäller im südwestlichen Bundestaat Ondo bei der Arbeit. Laut Global Forest Watch hat Nigeria von 2001 bis 2021 über eine Million Hektar Baumbestand verloren, mehr als ein Zehntel der gesamten Waldfläche des Landes. "Den Wald zu schützen bedeutet, uns selbst zu schützen" sagt zwar Femi Obadun, der Chef der Forstverwaltung in Ondo. Die Wirtschaft scheint seine Ansicht jedoch nicht zu teilen.
Rauchen und roden
Auch Egbontoluwa Marigi weiß, dass es zu Zeiten seiner Vorfahren mehr große Bäume gegeben habe. "Jetzt gibt es nur noch kleine Bäume, und wir lassen sie nicht einmal auswachsen, bevor wir sie fällen". In seinen Raucherpausen denkt der 61-jährige Holzfäller oft über die Auswirkungen seiner Arbeit nach. Dennoch macht er weiter, der Vater von zwei Kindern hat schließlich eine Familie zu ernähren.
Baumstümpfe, so weit das Auge reicht
Egbontoluwa Marigi paddelt die gefällten Bäume auf den Fluss hinaus. Die Stümpfe zeigen an, wo vormals Bäume gestanden haben. Nigerias Präsident Muhammadu Buhari ließ einen nationalen Treuhandfonds für die Forstwirtschaft einrichten, damit die Wälder des Landes sich regenerieren können. Doch der Bedarf an Holz steigt, und so darf bezweifelt werden, dass diese Maßnahme allein ausreicht.
Flussabwärts nach Lagos
Magiri verbindet die Baumstämme zu einem Floß. Er hat sich mit mehreren anderen Holzfällern zusammengetan, um gemeinsam einen Schlepper zu mieten, der die Flöße nach Lagos zieht. Dort werden die Stämme in Sägewerken weiterverarbeitet und verkauft. In Nigerias Hauptstadt leben mittlerweile 15 Millionen Menschen. Mit der steigenden Einwohnerzahl nimmt auch der Hunger nach Holz immer mehr zu.
Die Holzwirtschaft braucht Wasserstraßen
Elewuro, der Kapitän des Schleppers, kontrolliert die Flöße, die an seinem Boot befestigt sind. Er hält an mehreren Stellen an, um weitere Holzfäller und ihre Flöße aufzunehmen. Dann geht es weiter Richtung Lagos. Insgesamt, schätzt die Internationale Energieagentur, sind in Nigeria rund 120 Millionen Menschen bei der Zubereitung ihres Essens auf Brennholz und Holzkohle angewiesen.
Hölzerne Raupe Nimmersatt
Langsam schlängelt sich die Holzkolonne auf verschiedenen Wasserstraßen Richtung Lagos. Ein einziges Boot kann bis zu tausend Flöße transportieren, die wiederum jeweils aus bis zu 30 Stämmen bestehen können. Der Energiehunger der Bevölkerung ist nur ein Grund, warum die Wälder Nigerias kontinuierlich schrumpfen. Der andere sind expandierende Kakao, Kautschuk- und Palmölplantagen.
Keine Kreuzfahrt, sondern harte Arbeit
Aus Holz gefertigte Unterstände schützen Marigi und seine Kollegen vor der Witterung. "Während des Transports schlafen wir nachts nicht. Wir überwachen die Stämme und stellen sicher, dass sie sich nicht vom Schlepper lösen". Das Essen werde geteilt und wenn ihnen langweilig sei, singe man manchmal gemeinsam.
Eine Lagune voller Holz
Die Reise der Stämme und somit auch von Egbontoluwa Marigis endet in einer Lagune vor Lagos, wo alle Flöße aus Ondo und den anderen Teilen des Landes zusammenkommen. Am linken Ufer haben sich die Sägewerke angesiedelt, die das Holz weiterverarbeiten und an die Endkunden verkaufen.
Keine Erholung für den Wald
In Ondo warten schon die nächsten Flöße, um ihre Reise Richtung Lagos anzutreten. "Zerstören wir den Wald, zerstören wir uns selbst", sagt Femi Obadun, der Leiter der Forstverwaltung in Ondo. Und die Zeit drängt: Gehen die Rodungen in Nigeria im selben Tempo weiter wie bisher, könnte der gesamte Regenwald im Land schon im Jahr 2043 verschwunden sein.