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Warum Deutschland gespannt auf die Wahl in Nigeria blickt

Daniel Pelz
25. Februar 2023

Wirtschaftskrise, blutige Konflikte, eine wütende Bevölkerung – kein gutes Umfeld für die Wahl in Nigeria. Doch von ihr hängt ab, ob Deutschland und Nigeria künftig enger zusammenarbeiten werden.

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Nigeria | Rückgabe der Benin-Bronzen in Abuja (Foto: Annette Riedl/dpa/picture alliance)
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock - hier mit ihrem nigerianischen Amtskollegen Geoffrey Onyeama - betont die Bedeutung Nigerias für DeutschlandBild: Annette Riedl/dpa/picture alliance

Nicht nur für Nigerias 211 Millionen Einwohner steht am 25. Februar viel auf dem Spiel. Auch das Ausland wird genau beobachten, wie die Wahl verläuft und wer am Ende gewinnt. Denn Nigeria ist nicht einfach irgendein Land, sondern "eine Stimme, die international Gewicht hat", wie Außenministerin Annalena Baerbock letztes Jahr lobte: als größte Volkswirtschaft und bevölkerungsreichstes Land Afrikas. Entsprechend groß ist Nigerias Einfluss darauf, wie sich beispielsweise die Afrikanische Union in internationalen Fragen positioniert - egal ob Klimawandel oder russischer Angriffskrieg auf die Ukraine.

"Wir wollen mit diesem wichtigen Partner enger zusammenarbeiten", warb Baerbock vor ihrer Nigeria-Reise im Dezember 2022. Ob daraus etwas wird, hängt entscheidend vom Ausgang der Wahlen ab, sagen Beobachter. "Zum ersten Mal halten wir die Wahlen in einem Zustand allgemeiner Unsicherheit ab. Die territoriale Integrität Nigerias steht auf dem Spiel", warnt Nkwachukwu Orji von der Universität Nigerias im DW-Interview. Separatisten und kriminelle Banden im Süden, blutige Konflikte zwischen Farmern und Hirten im Zentrum und islamistischer Terror im Norden haben große Teile des Landes ins Chaos gestürzt.

Spannungen nehmen zu

Politische Beobachter in Berlin und anderen europäischen Hauptstädten fürchten, dass es noch schlimmer kommen könnte. Einige frühere Wahlen führten zu Gewaltausbrüchen, obwohl die Sicherheitslage besser war. Diesmal ist die Wahl besonders umkämpft, da Präsident Muhammadu Buhari nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf. Um seine Nachfolge ringen gleich drei aussichtsreiche Bewerber: Neben Bola Tinubu von der Regierungspartei APC und dem früheren Vizepräsidenten Atiku Abubakar von der PDP- beide Parteien dominieren Nigerias Politik seit den 1990er Jahren- tritt auch der millionenschwere Geschäftsmann Peter Obi an. Er ist besonders bei den Jungwählern beliebt.  

 Annalena Baerbock erhält bei ihrem Nigeria-Besuch 2022 ein Geschenk (Foto: Annette Riedl/dpa/picture alliance)
Bei ihrem Nigeria-Besuch versprach Außenministerin Baerbock eine engere Partnerschaft mit dem westafrikanischen LandBild: Annette Riedl/dpa/picture alliance

Die Sorge westlicher Geber: Kommt es zu schwerwiegender Gewalt oder langen Streitigkeiten über das Ergebnis, könnte Nigerias Führungsrolle schwinden. Schließlich wäre das Land mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. Doch dazu muss es nicht kommen. "Der Ausgang von Wahlen in Nigeria lässt sich nur schwer voraussagen. Schon einige Male in Nigerias Geschichte gab es Befürchtungen, dass es nach einer Wahl zu Gewalt kommen würde, und es ist nichts passiert", sagt Lynda Iroulo, Professorin an der US-amerikanischen Georgetown University, zur DW. So gab Nigerias damaliger Präsident Goodluck Jonathan nach seiner Wahlniederlage 2015 die Macht friedlich ab.  

Streitthema Migration

Geht es diesmal schief oder bekommt die neue Regierung Nigerias Probleme nicht in den Griff, würden westliche Länder die Konsequenzen noch auf andere Weise spüren. "Wenn es nicht gut läuft, dann wird Migration ein großes Thema sein. Schon jetzt gehen viele Leute. Das zeigt, wie wenig Vertrauen es noch in das Land gibt, sich um seine Leute zu kümmern", sagt Politikwissenschaftler Orji.  

Das dürften internationale Partner wie Deutschland mit Unbehagen registrieren. Lange war Nigeria unter den zehn wichtigsten Herkunftsländern für Asylsuchende in Deutschland. Deutschland drängt schon lange darauf, dass Nigeria illegale Ausreisen bremst und abgelehnte Asylbewerber leichter zurücknimmt. Wenn sich Ex-Kanzlerin Merkel und Nigerias Noch-Präsident Buhari in den letzten Jahren trafen, spielte das Thema immer eine wichtige Rolle.  

Kundgebung von Anhängern Peter Obis im Präsidentschaftswahlkampf, September 2022 (Foto: Emmanuel Osodi/UIG/IMAGO)
Peter Obi bekommt gerade bei Jungwählern UnterstützungBild: Emmanuel Osodi/UIG/IMAGO

Das Wahlergebnis könnte auch Einfluss auf die künftige Zusammenarbeit beim Thema Migration haben. "Peter Obi ist der einzige der drei Kandidaten, der nicht nur engere Beziehungen zum Ausland versprochen hat, sondern auch die Art und Weise verändern will, wie Nigerianer in westlichen Ländern behandelt werden", sagt Lynda Iroulo. So könnte Nigerias Regierung in diesem Fall fordern, dass Deutschland die Visavergabe an nigerianische Bürger erleichtert - was Berlin kaum einfach so akzeptieren würde. 

Die deutsche Wirtschaft dagegen freut sich auf den anstehenden Machtwechsel in Nigeria - unabhängig davon, wer am Ende das Rennen macht. "Wir sehen, dass eigentlich alle Kandidaten, die jetzt antreten, wirtschaftsfreundlicher aufgestellt sind als die aktuelle Regierung", sagt Christoph Kannengießer vom Afrikaverein der deutschen Wirtschaft zur DW.

Wichtiger Handelspartner

Und Potenzial für eine engere Zusammenarbeit sieht er durchaus. Schon jetzt ist das Land, nach Südafrika, der wichtigste Handelspartner deutscher Firmen in Subsahara-Afrika. "Nigeria ist ein schwieriger, aber ein interessanter Markt für deutsche Firmen", so Kannengießer. Gerade beim Zukunftsthema erneuerbare Energien wollen Wirtschaft und Politik die Zusammenarbeit ausbauen: Um bis 2045 klimaneutral zu werden, braucht Deutschland dringend grünen Wasserstoff - der auch aus Nigeria kommen soll. Schon 2021 eröffnete die Bundesregierung ein Verbindungsbüro in der Hauptstadt Abuja.

Die Bundesregierung solle nach der Wahl die neue Regierung schnell nach Deutschland einladen und auch auf hoher Ebene zügig Nigeria besuchen, fordert Kannengießer. Wenn es friedlich bleibt und das Wahlergebnis glaubhaft ist, dürfte die Bundesregierung das ganz genauso sehen.  

"Zurückgeben, was uns nie gehört hat"

Auf Wunsch einer Interviewpartnerin wurde nach der Veröffentlichung ein Zitat ergänzt, damit die Aussage verständlicher wird.