Nicht ohne mein Bargeld!
14. Februar 2018Wer typischerweise zum Bargeld an der Supermarktkasse greift ist weiblich, verdient unter 1500 Euro im Monat und ist 65 Jahre oder älter. In der Regel also: Rentnerin. Das geht aus der jüngsten Studie der Bundesbank zum Zahlungsverhalten der Deutschen hervor. Die Rentnerin ist aber nicht allein. Hinter oder vor ihr in der Kassenschlange stehen eine Reihe jüngerer Menschen, die nicht zögern, ihre Giro- oder Kreditkarte zu zücken.
So ist der Bargeldumsatz an Ladentheken und in Geschäften im Vergleich zu anderen Zahlungsarten unter 50 Prozent gefallen. Dieser Trend hält bereits seit 2008 an, seitdem die Bundesbank vergleichbare Untersuchungen anstellt. Um ein Prozent gehen die Bargeld-Umsätze seither pro Jahr zurück.
Die Deutschen lieben Bargeld - andere Europäer aber auch
Blickt man allerdings auf die Anzahl der Transaktionen, so ergibt sich ein anderes Bild: rund dreiviertel aller Bezahlvorgänge werden bar bestritten. Vor allem kleinere Beträge werden mit Münzen und Scheinen aus der Geldbörse begleichen. "Zum Valentinstag lässt sich sagen: Die Deutschen lieben immer noch das Bargeld", sagte Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele auf einem Bargeld-Symposium in Frankfurt.
Damit fügen sich die deutschen Verbraucher in das Gesamtbild in Europa ein. Und sie sind nicht einmal an der Spitze der Bargeld-Befürworter. In Österreich etwa oder in südeuropäischen Ländern liegt der Bargeld-Anteil bei den Zahlungsmitteln noch höher. Das allerdings, so prognostiziert Bundesbank-Chef Jens Weidmann, wird sich in Zukunft wohl ändern. "Andere Zahlungsformen werden tendenziell an Bedeutung gewinnen, zum Beispiel der bargeldlose Zahlungsverkehr. Die Veränderungen dürften sich allerdings eher allmählich und nicht eruptiv vollziehen."
Vor allem bei Kleinbeträgen dominieren heute eindeutig noch Scheine und Münzen. Bei höheren Beträgen kommen überwiegend Bargeld-Alternativen zum Einsatz. Es dominieren dann Kartenzahlungen, Überweisungen per Banking-Software oder mittels Bezahldiensten. Der Umsatz von Bargeldzahlungen liegt bei 47,6 Prozent. Dahinter folgen Zahlungen mit Bankkarten - deren Anteil liegt bei knapp 34 Prozent. "Kartenzahlungen und andere Bezahlwege nehmen stetig zu", stellt Carl-Ludwig Thiele fest.
Bald bargeldloses Bezahlen wie in Schweden?
Mittel und Wege, ohne Bargeld zu bezahlen, gibt es mittlerweile viele: Bank- oder Girokarten stellen die am häufigsten eingesetzte Alternative dar. Nach den Ergebnissen der Befragung steckt bei 98 Prozent der Deutschen mindestens eine Bankkarte im Portemonnaie. Dazu kommen Kreditkarten, bestimmte Kundenkarten mit Zahlungsfunktion oder auch Prepaid-Karten. Doch auch Bezahlwege im Internet gewinnen zunehmend an Beliebtheit. Bezahlen via Internet, beispielsweise mit Paypal, haben in den vergangenen drei Jahren um rund ein Prozent zugelegt, befinden sich mit 3,7 Prozent aber immer noch auf niedrigem Niveau. Neuere Bezahlformen haben es hierzulande offenbar noch schwer, sich durchzusetzen. Mobile Verfahren - etwa per Handy - kennen viele Verbraucher entweder nicht oder sie haben zwar davon gehört, nutzen sie aber nicht. Nur rund fünf Prozent der Befragten geben an, Bezahlverfahren via App und Handy zu kennen und auch zu nutzen.
Andere Länder sind in Sachen bargeldloses Bezahlen schon deutlich weiter. Die Schweden beispielsweise wickeln rund 80 Prozent ihrer Einkäufe bargeldlos ab. Wer dort an der Supermarktkasse steht und wie gewohnt zu Scheinen und Münzen im Portemonnaie greifen will, dem kann es passieren, dass die Kassiererin das Bargeld gar nicht annimmt. Vor allem Bankkarten sind es, die Schweden zum Bezahlen einsetzen, auch wenn es nur um eine Tasse Kaffee oder eine Briefmarke geht.
Die meisten wollen Bargeld behalten
Eine entscheidende Rolle spielt beim Bezahlen schließlich der Ort, an dem sich Verbraucher aufhalten. Im Internet wählen sie naheliegender Weise fast ausschließlich digitale Zahlungswege. Die Restaurantrechnung dagegen begleichen 80 Prozent mit Scheinen und Münzen aus dem Portemonnaie. An der Tankstelle dagegen zücken die Meisten lieber eine Bankkarte, um die Spritrechnung zu begleichen.
Trotz neuer Bezahlmethoden ist Bargeld also aus dem Alltag der Deutschen und der meisten anderen Europäer also nicht wegzudenken. Kontrolle über die Ausgaben, Vertrautheit und Einfachheit des Bargeldes sind der Grund, weshalb die Mehrheit der Deutschen Bargeld auf keinen Fall abschaffen will. Dagegen kann sich aber eine Mehrheit der Deutschen vorstellen, 1- und 2-Cent-Beträge zu runden, in der Konsequenz also auf die "kleinen" Kupfermünzen zu verzichten.
Übrigens befindet sich das meiste Geld, das die Bundesbank jährlich heraus gibt, nicht in den Taschen und Geldbörsen der Bundesbürger. Sie bezahlen nur mit knapp zehn Prozent des Bargeldes. 20 Prozent horten sie - und die Banken. Auf Grund von Strafzinsen, die Banken zahlen müssen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, haben Banken nach Schätzungen der Bundesbank rund 12,5 Milliarden Euro in ihren Tresoren liegen: zur Wertaufbewahrung. Weitere 20 Prozent des gedruckten Bundesbankgeldes liegen bei anderen Bürgern und Institutionen im Euroraum. Und Rund die Hälfte horten Menschen außerhalb des Euro-Raumes - beispielsweise zum Schutz gegen hohe Inflation der eigenen Währung. "Das zeigt, dass der Euro gegenüber dem Dollar als Reservewährung deutlich aufgeholt hat", sagt Bundesbanker Thiele.