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NGOs in Russland unerwünscht

Karsten Kaminski / Mikhail Bushuev 9. Juli 2015

Die Duma hat zwölf ausländische Nichtregierungsorganisationen in Russland auf eine schwarze Liste gesetzt und könnte bald ihre Tätigkeit verbieten. Die neue Gesetzeslage schränkt NGOs in Russland noch mehr ein.

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Ansicht des russischen Parlaments (Foto: TASS)
Bild: picture-alliance/dpa/K. Stanislav

Erst mussten sich einheimische Nichtregierungsorganisationen als "Agenten" melden, jetzt geht Moskau gegen ausländische NGOs vor: Eine Zusammenarbeit mit ihnen kann bestraft werden. Die Nennung auf der schwarzen Liste kann als eine Vorbereitung für ein Verbot gegen NGOs gesehen werden. Die Gesetze gegen NGOs haben sich in Russland seit 2012 verschärft. Vor drei Jahren wurden die "Agentengesetze" für NGOs eingeführt: Organisationen, die Geld aus dem Ausland bekommen, gelten als "Agenten". Jetzt werden Nicht-Regierungsinstitutionen aus dem Ausland als Bedrohung der verfassungsmäßigen Ordnung und Sicherheit Russlands gesehen. Mit dieser Begründung wurden am Mittwoch zwölf NGOs auf eine schwarze Liste gesetzt, die euphemistisch als "patriotische Stoppliste" bezeichnet wird.

Auf der Liste sind zum einen sieben unabhängige Organisationen aus den USA wie zum Beispiel "Freedom House" oder das Nationale Demokratische Institut für internationale Angelegenheiten (NDI). Auch zwei polnische und drei ukrainische Organisationen wie das East European Democratic Center mit Sitz in Warschau oder der Ukrainian World Congress (UWC) sind gelistet. Deutsche NGOs stehen nicht auf der Liste.

Die Aufstellung wurde nach Angaben von Konstantin Kossatschow, Chef des Auswärtigen Ausschusses des Föderationsrates, mit der Generalstaatsanwaltschaft, dem Auswärtigen Amt und dem Sicherheitsdienst beraten. "Wir haben uns für diese Organisationen auf der Liste entschieden, weil sie mit allen Mitteln versuchen, sich in die russische Außenpolitik einzumischen", so Kossatschow gegenüber russischen Nachrichtenagenturen.

Besorgte und verärgerte Reaktionen

Das sehen die beschuldigten Organisationen ganz anders. Die Reaktion aus den USA ist eindeutig: "Freedom House" bezeichnet diesen Umgang mit NGOs als großen Fehler. "Die russische Regierung arbeitet unnachgiebig daran, die Bürgerrechte im Land einzuschränken", so Robert Ruby von "Freedom House" im DW-Interview. Auch die Organisation NDI kritisiert in diesem Zusammenhang "eine Isolation Russlands".

Marieluise Beck, Bundestagsabgeordnete Bündnis 90/Die Grünen (Foto: DW/N. Jolkver)
Marieluise Beck: "Aggressives machtpolitisches Auftreten des Kremls"Bild: DW/N. Jolkver

In Polen reagiert man verärgert. Agnieszka Komorowska, Vorsitzende des East European Democratic Center, kann die Entscheidung der russischen Politiker nicht nachvollziehen: "Wir verstehen nicht wirklich, warum wir auf der Liste gelandet sind. 15 Jahre haben wir uns als NGO für unabhängige Medien in dem Land eingesetzt. Unser Ziel war es immer, den Menschen vor Ort zu helfen - und nie irgendwelchen politischen Organisationen. Unsere Arbeit hat sich nie gegen jemanden gerichtet."

"Ein Weg zurück in die Sowjet-Zeit"

Die ukrainische NGO Ukrainian World Congress (UWC) erklärt im DW-Interview, dass ihre Nennung in der schwarzen Liste nie wirklich begründet wurde. UWC-Präsident Eugene Czolij fordert deshalb Unterstützung aus dem Ausland: "Die internationale Gemeinschaft soll auf dieses inakzeptable Vorgehen der russischen Behörden reagieren, denn dieses Handeln zeigt, dass Russland zurück in die totalitäre Ära der Sowjetunion will."

Derzeit gehen russische Behörden auch gegen die Verbraucherschutzorganisation OSPP vor, nachdem diese vergangene Woche die Krim als ein "besetztes Gebiet" bezeichnet habe. Die Generalstaatsanwaltschaft wies Anfang der Woche die Medienaufsicht in Moskau an, die Webseite der OSPP zu sperren. Die Behörden werfen der Organisation vor, mit der Bezeichnung der Krim gegen geltendes Recht zu verstoßen. OSPP-Chef Michail Anschakow wies diese Beschuldigung zurück.

NGOs wollen nicht aufgeben

Die Verschärfung der Gesetze und der Einsatz der schwarzen Liste stoßen auch in Deutschland auf Kritik. Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Stefan Liebich, sagte, dass die neue Regelung Russland weiter in die Isolation führe. Marieluise Beck, Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion für Osteuropapolitik, sieht in dem neuen Beschluss eine "zunehmende Unterdrückung der Zivilgesellschaft im Zusammenhang mit dem aggressiven machtpolitischen Auftreten des Kremls in der europäischen Nachbarschaft. Der Staat geht immer schärfer gegen diejenigen vor, die sich in grenzüberschreitender Zusammenarbeit für ein demokratisches, weltoffenes Russland einsetzen."

Die ausländischen NGOs auf der schwarzen Liste wissen zwar, dass sie durch das neue Gesetz in Russland explizit als "unerwünschte Organisationen" gelten und eine Zusammenarbeit mit ihnen strafbar ist. Doch sie wollen sich nicht einschüchtern lassen. So kündigt Robert Ruby von "Freedom House" an, dass seine Organisation weiterhin die Leute im Land unterstützen wolle, "die sich für Demokratie einsetzen".