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Football-Boom auf wichtigstem Zielmarkt

Kalika Mehta
11. November 2022

Vor dem ersten regulären NFL-Spiel auf deutschem Boden am Sonntag in München steigen Spannung und Vorfreude. Das Interesse an American Football ist riesig und Deutschland wird für die US-Profiliga immer wichtiger.

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Spielszene aus dem Super Bowl 2022 zwischen Cincinnati und Los Angeles
Die NFL hat in Deutschland eine rieisige Fanbasis - entsprechend groß ist das Interesse am Spiel in MünchenBild: Wu Xiaoling/Xinhua/picture alliance

"Wir hätten mehr als drei Millionen Karten verkaufen können", sagt Alexander Steinforth gegenüber der DW vor dem Spitzenspiel zwischen den Seattle Seahawks und den Tampa Bay Buccaneers, das am Sonntag in der Arena in München stattfindet. Mit einem gewissen Stolz fügt der Geschäftsführer der National Football League (NFL) für Deutschland hinzu: "Wir haben in den letzten Jahren eine großartige Entwicklung für die NFL und den American Football in Deutschland erlebt."

Deutschland sei der Wachstumsmarkt Nummer eins. "Wir verzeichnen ein zweistelliges Wachstum, wenn es um die Fangemeinde und die soziale Reichweite geht", erklärt Steinforth. "Wir freuen uns sehr, dass wir endlich das erste reguläre Saisonspiel hier in Deutschland austragen können, nicht nur für uns, sondern vor allem für unsere Fans."

Tom Brady in München

Die Vorfreude der deutschen Football-Fangemeinde auf das Spiel wurde sogar noch gesteigert, als der legendäre Buccaneers-Quarterback Tom Brady, der im Februar eigentlich seinen Rücktritt erklärt hatte, nach nur 40 Tagen im Ruhestand verkündete, seine Karriere doch noch einmal fortzusetzen. Und nicht nur die Fans von Brady und den Buccaneers fiebern dieser bislang einmaligen Gelegenheit entgegen. Auch die Seahawks haben in Deutschland eine große Anhängerschaft. Die NFL-Franchise aus Seattle hat mit den 1300 Mitglieder starken "German Sea Hawkers" sogar den größten deutschsprachigen Fanklub.

Tom Brady, Quarterback der Tampa Bay Buccaneers, am Spielfeldrand
Der GOAT (Greatest of all times): Tom Brady, legendärer Quarterback der Tampa Bay BuccaneersBild: Tampa Bay Times/abaca/picture alliance

Diese Popularität ist zum Teil auf die Erfolge der berühmten "Legion of Boom" zurückzuführen. Der Spitzname geht auf die - vor allem wegen der herausragenden Verteidigung - sehr erfolgreiche Periode der Seahawks zwischen 2012 und 2015 zurück. Damals begann auch die Ausstrahlung von NFL-Spielen im frei empfangbaren Fernsehen in Deutschland.

"Wir spielen in dieser sehr coolen Arena, die auf den Bildern fantastisch aussieht", sagte Brady am Montag in seinem Podcast. "Das Stadion wird rocken, und wenn es auch nur annähernd so ist, wie bei den Bundesligaspielen, dann wird das eines der epischsten Spiele, die wir je erlebt haben. Ich bin super aufgeregt", fügte er hinzu.

Letzter Versuch, Europa zu erobern

Vor dem möglicherweise "epischen Spiel" in München war die NFL in der Vergangenheit mit mehreren Versuchen gescheitert, American Football auch auf dem europäischen - und insbesondere dem deutschen - Markt nachhaltig zu verwurzeln. Mit Unterbrechungen gab es von 1991 bis 2007 die World League of American Football (WLAF), die später in NFL Europe umbenannt wurde. Die Teams, die nicht alle über die gesamte Dauer mit dabei waren, kamen aus Frankfurt, London, Barcelona, Berlin, Düsseldorf, Köln, Hamburg, Amsterdam und Edinburgh. Auf dem Feld standen allerdings meist keine Europäer, sondern hoffnungsvolle US-Talente, die zunächst keinen Platz in einem NFL-Team ergattert hatten. Einen Massenboom löste die europäische Football-Liga aber nicht aus, daher wurde sie nach mehreren verlustreichen Saisons schließlich eingestellt.

Spielszene aus dem World-Bowl-Finale zwischen Frankfurt Galaxy und den Hamburg Sea Devils
Im letzten World Bowl, dem Endspiel der NFL Europe, trafen 2007 Frankfurt und Hamburg aufeinanderBild: MICHAEL PROBST/AP/picture alliance

Zurück blieb jedoch eine tiefe Verbundenheit der eingefleischten Football-Fans mit den deutschen Teams, wie den Rhine Fire aus Düsseldorf, den Frankfurt Galaxy und den Hamburg Sea Devils. Dieses Fanpotential nutzte im Jahr 2021 die semiprofessionelle und von der NFL unabhängige European League of Football (ELF), indem sie bei Ligagründung unter anderem Teams von den alten NFL-Europe-Standorten unter deren alten Namen aufnahm.

American Football zweitbeliebteste Sportart

Die ELF, die eng mit der NFL zusammenarbeitet, wurde binnen kürzester Zeit zum Erfolgsmodell: In der ersten Saison kamen sechs von acht Mannschaften aus Deutschland, dazu jeweils eins aus Polen und Spanien. Schon im zweiten Jahr expandierte die Liga mit vier neuen Teams, zwei aus Österreich und je eins aus Deutschland und der Türkei. 2023 kommen neben einer Mannschaft aus München vier weitere aus Italien, Ungarn, der Schweiz und Tschechien hinzu. Bereits im ersten ELF-Jahr zeigte eine im Auftrag von Online Marketing Rockstars (OMR) durchgeführte Umfrage, dass American Football bei den 14- bis 49-Jährigen in Deutschland die zweitbeliebteste Sportart nach Fußball ist.

Alexander Steinforth, Geschäftsführer der NFL in Deutschland, hält einen Football in den Händen
Alexander Steinforth ist Geschäftsführer der NFL in DeutschlandBild: Michael Freitag/NFL

"Wir haben festgestellt, dass es ein enormes Interesse an dem Sport und der Liga gibt, und das freut uns", sagt Alexander Steinforth. "Wir sind uns bewusst, dass es in Deutschland historisch gesehen eine sehr starke Verbandsinfrastruktur gibt, wahrscheinlich die stärkste in ganz Europa, und wir sind überzeugt, dass alles, was gut für American Football ist, nicht nur der NFL, sondern auch allen anderen deutschen American-Football-Akteuren zugutekommt."

Steinforth: "Wir wollen, dass Kinder American Football spielen"

Entscheidend wird sein, dass sich die NFL nicht nur auf das bestehende Interesse am American Football konzentriert, sondern gleichzeitig dafür sorgt, dass die Leidenschaft für das Spiel schon in jungen Jahren beginnt und gefördert wird. Als Einstieg in den American Football dient Flagfootball, die kontaktlose Version des American Football, die von Jugendmannschaften gespielt wird. Allein in Frankfurt gibt es derzeit 25 Flag-Football-Teams. Alexander Steinforth ist der Meinung, dass dies eine der wichtigsten Möglichkeiten ist, neue Fans für das Spiel zu gewinnen.

Zweikampf bei einem Flagfootballspiel
Flagfootball wird ohne Tacklings und daher auch ohne Schutzausrüstung gespieltBild: Marc S./IMAGO

"Das Spiel in München ist eine Sache, aber für uns geht es darum, das ganze Jahr über aktiv zu sein", erklärt er. "Deshalb investieren wir viel Zeit und Mühe in unser landesweites Flagfootball-Programm. Wir wollen sicherstellen, dass es nicht nur ein Medienprodukt ist, sondern wirklich etwas Greifbares." Im Oktober leitete daher Mike Rucker, ehemaliger NFL-Profi der Carolina Panthers, ein Flagfootball-Training und ein lokales NFL-Flagfootball-Turnier in Frankfurt, an dem 90 Spieler aus gemischten Ligen teilnahmen.

Die Panthers sind neben den Kansas City Chiefs, den New England Patriots und den Buccaneers eines von vier NFL-Teams, die 2021 einen Fünfjahresvertrag über internationale Marketingrechte für Deutschland erhalten haben. Die Liga hat sich außerdem zu drei weiteren regulären Saisonspielen in den nächsten vier Jahren verpflichtet: eines in München (2024) und zwei in Frankfurt (2023 und 2025).

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.