Einigung bei "Nein heißt Nein"
7. Juli 2016Im Sexualstrafrecht gilt künftig das Prinzip "Nein heißt Nein": Der Bundestag beschloss einstimmig das neue Gesetz, mit dem eine sexuelle Handlung auch dann als Vergewaltigung gewertet wird, wenn sich das Opfer nicht aktiv wehrt. Die Straftat liegt künftig auch dann vor, wenn das Opfer durch Worte oder Gesten zum Ausdruck bringt, dass es mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden ist.
"Ein schlichtes Nein muss reichen"
"Jeder, der einen Willen hat und zum Ausdruck bringen kann, ist in Zukunft durch diesen Grundsatz geschützt", sagte die Rechtsexpertin der Union im Bundestag, Elisabeth Winkelmeier-Becker, in einer Debatte vor der Verabschiedung der Gesetzesreform. "Ein schlichtes Nein muss reichen."
Ihre SPD-Kollegin Eva Högl betonte, einvernehmlich habe die Koalition auch ins Gesetz genommen, die sexuelle Belästigung durch Grapschen sowie Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aus einer Gruppe heraus künftig zu bestrafen. Sie wies den Vorwurf zurück, die Reform gehe zu weit und produziere nur noch mehr Beweisschwierigkeiten.
Lob und Kritik der Opposition
Von einem "Meilenstein für den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung" sprach auch die Grünen-Rechtsexpertin Katja Keul. Sie kritisierte allerdings, dass die Koalition die Neuregelung mit dem "ebenso populistischen wie verfassungswidrigen Straftatbestand" der Zugehörigkeit zu einer Gruppe verbunden habe, aus der heraus eine Straftat begangen wird. Dazu komme eine Verknüpfung mit Verschärfungen des Aufenthaltsrechts. Keul wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln, für die vorwiegend Ausländer verantwortlich gemacht werden, nicht Auslöser der Reform waren.
Sorge vor Verbindung mit rassistischen Motiven
Kritik an den Verschärfungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts übte auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Cornelia Möhring. Auch sie warnte davor, die Reform mit womöglich rassistisch motivierten Vorwürfen gegen Ausländer in Verbindung zu bringen. "Die meisten Täter bei Vergewaltigungen kommen aus dem Nahbereich des Opfers", stellte sie klar.
Neue Auflagen und Kontrollen im Rotlichtmilieu
Der Bundestag beschloss mit der Mehrheit von Union und SPD ebenfalls das Prostituiertenschutzgesetz. "Wir wollen Frauen besser schützen, die in der Prostitution arbeiten", sagte Familienministerin Manuela Schwesig in der Debatte. Es gehe darum, Ausbeutung und Gewalt entgegenzutreten. Die Neuregelung sieht vor, dass der Betreiber eines Bordells dafür künftig eine Erlaubnis einholen muss. Einschlägig Vorbestraften soll die Erlaubnis verweigert werden. Prostituierte sollen sich alle zwei Jahre bei den Kommunen anmelden und jedes Jahr eine Gesundheitsberatung absolvieren müssen. Für 18- bis 21-jährige Prostituierte soll die Pflicht zu einer jährlichen Anmeldung und zu halbjährlicher Beratung gelten.
Bestimmte, als besonders menschenunwürdig eingestufte Praktiken wie so genannte Flatrate-Parties werden künftig verboten. Für sie gilt auch ein Werbeverbot, ebenso wie für Angebote für Sex mit Schwangeren. Für Freier sieht das Gesetz eine Kondompflicht vor. Grüne und Linke lehnten das neue Gesetz ab. Sie kritisieren vor allem die Anmelde- und Beratungsauflagen für Prostituierte als kontraproduktiv. "Dieser Gesetzentwurf ist moralisierend und setzt auf das Instrument der Kontrolle", sagte die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws. Sinnvoller als Pflichtberatung wären mehr freiwillige Beratungsangebote. Schauws äußerte die Befürchtung, dass viele Prostituierte in die Illegalität abtauchen würden, um der Anmeldepflicht zu entgehen, womit sie letztlich weniger Schutz hätten als bisher.
pab/cr/sti (dpa, afp)