ASEAN Wirtschaft
7. September 2011Zehn Staaten, 600 Millionen Menschen und ein gemeinsamens Bruttoinlandsprodukt von fast 2.000 Milliarden US Dollar – das sind einige Eckdaten für den Verband der Südostasiatischen Nationen (ASEAN). Der Verband wurde 1967 gegründet und hat heute zehn Mitglieder: Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, den Philippinen, Thailand, Vietnam und Singapur
Ursprünglich entstanden um die wirtschaftliche, politische und soziale Zusammenarbeit in der Region zu stärken, haben sich die zehn Mitgliedsstaaten vor einigen Jahren ein neues Ziel auf die Fahnen geschrieben: einen gemeinsamen Wirtschaftsraum nach europäischen Vorbild zu gründen.
Die Wirtschaftskraft der ASEAN-Staaten ist nicht zu verachten. Nach der globalen Wirtschaftskrise 2008 erholten sich die meisten ASEAN-Staaten schneller als der Rest der Welt. Teilweise, weil Länder wie Indonesien die Lektionen der Wirtschaftskrise in Asien gelernt haben, sagt Surin Pitsuwan, Generalsekretär der ASEAN. Andererseits profitieren die zehn ASEAN-Staaten von dem rasanten Wachstum Chinas und Indiens. "Unser Motto ist: wenn China und Indien wachsen, dann wachsen wir mit ihnen," erklärt Surin Pitsuwan.
Export und starker Binnenmarkt
Die sechs großen Wirtschaftskräfte des südostasiatischen Staatenverbands – Brunei, Indonesien, die Philippinen, Malaysia, Thailand und Singapur - verzeichneten im vergangenen Jahr trotz Wirtschaftskrise ein durchschnittliches Wachstum von fast sieben Prozent. Die Finanzkrise habe laut Surin Pitsuwan trotzdem Spuren hinterlassen. Die meisten asiatischen Staaten sind nun einmal Exportstaaten und da der Binnenmarkt in Asien noch relativ schwach ist, macht sich die fehlende Nachfrage aus der EU und den USA bemerkbar.
Der Verband der Südostasiatischen Staaten hat nach Ansicht von Surin Pitsuwan daraus gelernt. Die Stärkung des Binnenmarkts sei eine der wichtigsten Aufgaben der ASEAN-Staaten. Nur dadurch könne ASEAN unabhängiger und zu einem gleichwertigen Handelspartner werden.
ASEAN strebt einen gemeinsamen Wirtschaftsraum an. Eine einheitliche Wirtschaftspolitik wird es allerdings nicht geben, betont Surin Pitsuwan. Dafür sind die Mitgliedsstaaten mit ihren unterschiedlichen politischen Systemen und Wirtschaftsleistungen einfach zu verschieden. "Die EU ist unser Vorbild, aber es ist kein Modell für uns," so Pitsuwan. Deshalb wird es vorerst auch keine gemeinsame Währung in Südostasien geben. "Wir werden erst einmal abwarten, wie die Eurozone mit der Krise umgeht", so der ASEAN-Generalsekretär.
Vorbild, aber kein Modell
Die ASEAN-Staaten beobachten genau die Entwicklung der Europäischen Union. "Die EU hat Fehler gemacht, auch das haben wir zur Kentniss genommen. Wir werden versuchen, die Erfolge nachzuahmen und von den Fehlern zu lernen." Kritisch äußert sich Surin Pitsuwan auch zu dem Umgang der internationalen Finanzinstitutionen mit der jetzigen Krise. Während der Asienwirtschaftskrise in 1997-1998 hatte der IWF den ASEAN-Staaten strenge Auflagen vorgeschrieben, bevor sie helfend eingriffen. "Sie sind jetzt sehr viel nachsichtiger, als sie es uns gegenüber waren," merkte Surin Pitsuwan im Rahmen der Asien-Pazifik-Wochen in Berlin an.
Sanfter Druck
ASEAN sei keine Union, sondern ein Verband, betonte Surin. Damit dieser Zusammenschluss funktioniert, müsse das Prinzip der Nicht-Einmischung beachtet werden, auch wenn diese Regel viel Kritik eingebracht habe. Zum Beispiel im Fall Myanmar: Die Militärjunta des Landes wird im Westen wegen Menschenrechtsverletzungen und fehlender Demokratie angeprangert. Surin erinnert jedoch daran, dass der Verband der Südostasiatischen Staaten viel zu komplex sei und man nicht immer diktieren kann, wie ein Staat sich zu entwickeln habe. Er sei dennoch überzeugt, dass Myanmar sich nach und nach dem sanften Druck der ASEAN beugen werde. "Die Entwicklung mag manchen nicht schnell genug gehen, aber Anzeichen einer Veränderung sind zu erkennen." Außerdem, so Surin Pitsuwan, sei aus wirtschaftlicher Sicht eine offene Demokratie nicht zwingende Voraussetzung für mehr Auslandsinvestitionen. Viele Unternehmer wollten in erster Linie Stabilität und Sicherheit. China könne dies zum Beispiel bieten, während die ASEAN-Staaten oft Probleme haben, eine langsfristige Wirtschaftspolitik durchzusetzen.
ASEAN braucht Investoren
Dennoch ist ASEAN ein attraktiver Partner für die EU. Die Auslandsinvestionen der EU in den Ländern der ASEAN hat sich verdoppelt, von 37,5 Milliarden im Jahr 2009 auf 75,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010. Durchschnittlich 60 Prozent der in die ASEAN-Staaten fließenden Investitionen gehen in den Dienstleistungsbereich wie Gesundheit, Bildung und Telekommunikation. Zurzeit konzentrieren sich die ASEAN-Staaten darauf, diese Bereiche auszubauen, damit in Zukunft mehr Investitionen in die Region fließen können.
Der Generalsekretär der ASEAN betonte, dass der Erfolg Asiens nicht am Produktionsvolumen oder den Auslandsdevisen festgemacht werden könne. "Wichtig ist, was Asien dazu beitragen kann, die globale Wirtschaft in Zukunft besser zu verwalten."
Schon jetzt beteiligen sich die asiatischen Staaten verstärkt am internationalen Dialog, zum Beispiel in der Gruppe der G20 oder durch das ASEAN-EU Wirtschaftstreffen, das dieses Jahr zum ersten Mal im indonesischen Jakarta abgehalten wurde. ASEAN will sich zu einem gleichwertigen Partner der EU entwickeln, und die stabilen Wachstumsraten der Länder sprechen auf jeden Fall für das selbstbewusste Auftreten der ASEAN-Staaten.
Autorin: Ziphora Eka Robina
Redaktion: Ana Lehmann