Neuer Ärger zwischen Berlin und Ankara
8. Dezember 2016Der deutsche Botschafter Martin Erdmann sei im Außenministerium über das "Unbehagen" der Türkei wegen des Vorfalls informiert worden, hieß es im Anschluss an den Termin. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte ebenfalls, dass Erdmann wegen eines "konsularischen Einzelfalls" ins türkische Außenministerium gebeten wurde.
Einige Medien hatten zuvor berichtet, Erdmann sei ins Ministerium einbestellt worden. Eine förmliche Einbestellung wäre in der Diplomatensprache aber eine wesentlich schärfere Reaktion als eine Einladung.
Diplomatenstatus überprüft
Die Vizepräsidentin des türkischen Parlaments, Ayse Nur Bahcekapili (Artikelbild), war nach eigenen Angaben Anfang Dezember wegen eines Passproblems eine Stunde lang am Flughafen Köln/Bonn von der Polizei festgehalten worden. Die Politikerin der Regierungspartei AKP sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, sie sei von den Behörden schlecht behandelt worden. So hätte sie in einem Raum mit illegalen Einwanderern warten müssen.
Nach Angaben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan war der AKP-Abgeordneten zuvor die Handtasche mit allen ihren Papieren gestohlen worden, deshalb habe sie beim Konsulat einen Ersatzpass erhalten.
Der Sprecher der Bundespolizei NRW bestätigte, dass Bahcekapili am 1. Dezember vom Flughafen Köln/Bonn aus in die Türkei ausreisen wollte. Sie habe vorläufige Papiere vorlegen können, aus denen aber beispielsweise kein Diplomatenstatus hervorgegangen sei. Daher habe die Polizei Kontakt mit dem türkischen Generalkonsulat aufgenommen, um den Status zu überprüfen. Der Vorgang habe "maximal eine Dreiviertelstunde gedauert".
Scharfe Kritik von Erdogan
Präsident Erdogan reagierte mit scharfer Kritik an den deutschen Behörden. "Ihr nehmt Terroristen auf und heißt sie willkommen. Aber Ihr lasst die Vize-Parlamentspräsidentin dieses Landes und ihre Delegation stundenlang warten", sagte er in einer Rede in Ankara.
Er forderte Schritte gegen das verantwortliche Flughafenpersonal. Andernfalls würden deutsche Abgeordnete in Zukunft "genauso behandelt".
Seit den Massenfestnahmen und Entlassungen infolge des gescheiterten Putschversuchs am 15. Juli in der Türkei sind die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara angespannt. Während die Bundesregierung die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze anmahnte, wirft Ankara Deutschland unter anderem vor, Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu beherbergen. Deutschland kritisiert zudem die Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei.
gri/haz (dpa, AFP, rtr)