Neue Töne aus Teheran
5. September 2013Der neue iranische Präsident Hassan Rohani hat in einer ungewöhnlichen Botschaft allen Juden zum Neujahrsfest seine besten Wünsche ausgesprochen. "Während die Sonne hier in Teheran untergeht, wünsche ich allen Juden, besonders den iranischen Juden, ein gesegnetes Rosch Haschana", stand in Rohanis englischsprachigem Twitter-Account. Der Iran und Israel stehen sich ansonsten nicht nur im Streit um Teherans Atomprogramm bislang unversöhnlich gegenüber.
"Gegen Extremismus, Gewalt, Instrumentalisierung der Religion"
Dass Rohani ausdrücklich "alle Juden" erwähnte, stellt einen deutlichen Wandel im Vergleich zu seinem Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad dar. Dieser hatte Israel als "Krebsgeschwür" bezeichnet und gefordert, der jüdische Staat müsse von der Landkarte "ausradiert" werden. Das jüdische Neujahrsfest Rosch Haschana (Kopf des Jahres) wird an den ersten zwei Tagen des Monats Tischri im jüdischen Kalender gefeiert, 2013 am 5. und 6. September. Für Juden beginnen damit das Jahr 5774. Rosch Haschana erinnert an den Bund zwischen Gott und Israel.
Klartext kam von Rohani auch in einer Rede beim einflussreichen Expertenrat der Kleriker. Sein deutlicher Sieg bei der Präsidentenwahl sei eine klare Botschaft des Volkes, sagte er bei einem ersten Treffen mit dem Verfassungsorgan, dessen Mehrheit zu Rohanis Kritikern zählt. "Die absolute Mehrheit der Menschen hat mich gewählt, weil ich mich entschieden gegen Extremismus, Gewalt, Instrumentalisierung der Religion und Slogans, deren Kosten dann das Volk bezahlen musste, ausgesprochen habe", so der Präsident weiter. Er bezog sich damit auf die Politik seines Vorgängers Ahmadinedschad, der vom Expertenrat lange Zeit unterstützt worden war.
"Die Menschen haben Fragen und Zweifel"
Der neue Präsident reagierte auch auf die Kritik des Klerus an seiner liberalen Einstellung zu Meinungs- und Pressefreiheit. "Die Menschen haben nun einmal Fragen und Zweifel, und man sollte ihnen die Möglichkeit geben, sie auch frei äußern zu dürfen", sagte Rohani. Den konservativen Klerikern riet er, nicht länger "engstirnig" mit der Gesellschaft umzugehen, da die ganze Welt doch über Internet oder Satellitenfernsehen miteinander verbunden sei.
Rohani warnte schließlich davor, die internationalen Sanktionen gegen den Iran im Zusammenhang mit dem Atomstreit zu verharmlosen. Das Haupteinkommen des Landes sei der Ölexport. Aber wegen der Sanktionen werde pro Tag eine Million Barrel (je 159 Liter) weniger verkauft. Dies belaste sowohl die Wirtschaft als auch das Leben der Menschen, so Rohani weiter.
sti/SC (dpa)