"Der gleiche Himmel": Wenn Stasi-Spione verführen
27. März 2017Wie kommt man ohne großes Aufsehen an geheime Informationen? Indem man die Zielperson verführt, die dann im Liebesrausch nichtsahnend alles ausplaudert. Romeo-Agenten hießen Stasi-Spione, die mit dieser perfiden Methode auf zu bespitzelnde Frauen angesetzt wurden - und die dafür sogar in Verführungstechniken geschult wurden. "Ihre Aufgabe ist es, eine intime Beziehung zu ihr aufzubauen und Informationen abzuschöpfen", weist Führungsoffizier Ralf Müller, gespielt von Ben Becker, den jungen Lars Weber, gespielt von Tom Schilling, in seinen ersten Auftrag ein. Er soll in West-Berlin eine britische Geheimdienstmitarbeiterin ausspionieren, die auf der legendären Überwachungsanlage Teufelswerk arbeitet.
Schilling: "Ich könnte jetzt jeden verführen"
Wir schreiben das Jahr 1974. Berlin ist geteilt, doch der Himmel ist auf beiden Seiten der Stadt der gleiche. In der durch eine Mauer getrennten Stadt wimmelt es von Spionen, die doch alle ähnliche Krisen durchleben. "Der gleiche Himmel" heißt daher auch die dreiteilige Serie, in der vor allem Tom Schilling als junger Romeo-Agent überzeugt. "Ich könnte jetzt im Prinzip jeden verführen", scherzte der 35-jährige Schauspieler, der 2013 für "Oh Boy" mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde, gegenüber der Nachrichtenagentur Deutschen Presse-Agentur. Tatsächlich überzeugt sein feinfühliges, mal ernstes, mal humorvolles Zusammenspiel mit den Schauspielkolleginnen Sofia Helin ("Die Brücke") und Friederike Becht ("Im Labyrinth des Schweigens").
"Der gleiche Himmel" eröffnet noch weitere Perspektiven auf die zerrütteten Siebzigerjahre im geteilten Deutschland. Die Nichte des jungen Stasi-Agenten wird beispielsweise zur Kader-Schwimmerin herangezogen und zum Doping gezwungen. In einem weiteren Erzählstrang wird ein schwuler Lehrer vorgestellt, der sich nach Freiheit sehnt und einer Gruppe anschließt, die mithilfe eines selbst gegrabenen Tunnels in den Westen "rüber machen" will.
Berlin - ein Brutkasten der Paranoia
Geschrieben wurde die Serie übrigens von einer Außenstehenden, der britischen Drehbuchautorin Paula Milne, die für die BBC 1990 bereits den mehrteiligen Politthriller "Die Kinder" über die RAF schrieb. Berlin sei "ein Brutkasten der Paranoia und Spionage" gewesen, wird Milne im Presseheft zur Fernsehserie zitiert. "Für beide Seiten eine geheime Frontlinie, die sich auch in den Alltag der Einwohner Berlins fortsetzte." Ursprünglich sollte die Serie auf Englisch gedreht werden - mit Blick auf den erhofften Erfolg im Ausland. Doch dann wurde umentschieden und Regisseur Oliver Hirschbiegel adapierte das Drehbuch zum größten Teil selbst ins Deutsche. Hirschbiegel, der weltweit vor allem durch "Der Untergang" bekannt wurde, war es wichtig, die damaligen Ereignisse "weder zu schönen noch schwarz-weiß zu malen, sondern gleichwertig diese beiden Welten darzustellen und zu erzählen."
In Deutschland läuft die Mini-Serie jetzt in drei Teilen beim öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ZDF. Mit Hauptdarsteller Tom Schilling hatte das ZDF zuletzt 2013 die vielbeachtete, aber auch stark kritisierte Serie "Unsere Mütter, unsere Väter" veröffentlicht, die mehr als sieben Millionen Zuschauer verfolgten. Die Serie, die zur Zeit des Zweiten Weltkrieges spielt, wurde in mehr als 80 Länder verkauft und mit dem International Emmy Award ausgezeichnet. Schon vor Ausstrahlung toppt "Der gleiche Himmel" den internationalen Verkauf. Als "The Same Sky" soll die TV-Serie bereits in 100 Länder verkauft worden sein. Auch der Streaminganbieter Netflix hat sich schon die Rechte an der Serie gesichert.
Auch als Musiker gefragt: Tom Schillings Debütalbum erscheint
Für Tom Schilling bringt das Frühjahr übrigens noch eine weitere Premiere mit sich. Der Schauspieler, der seit 2015 auch als Sänger mit seiner Band "The Jazz Kids" auftritt, veröffentlicht Mitte April sein Debütalbum "Vilnius". Die Musiker und Schilling kennen sich bereits seit dem Kino-Erfolg "Oh Boy". Damals hatten sie unter dem Namen "Major Minors" den Soundtrack, auf dem der Schauspieler auch ein Lied sang, komponiert und dafür den Deutschen Filmpreis gewonnen.