Neue Spur zum Kronprinzen im Fall Khashoggi
22. November 2018Das mitgeschnittene Telefongespräch soll den Beweis dafür liefern, dass der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman seine Finger im Spiel hatte. Darin soll der Kronprinz sagen, Jamal Khashoggi solle "so schnell wie möglich zum Schweigen gebracht werden", wie die türkische Zeitung "Hürriyet" unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen berichtete. Demnach hat die Direktorin des US-Auslands-Geheimdienstes, Gina Haspel, bei ihrem Türkeibesuch im vergangenen Monat "signalisiert", dass die CIA ein entsprechendes Gespräch zwischen dem Kronprinzen und seinem Bruder Khalid bin Salman abgehört habe. Prinz Khalid ist der Botschafter Saudi-Arabiens in den USA.
Hoher Druck auf die USA
Der regierungskritische saudische Journalist Khashoggi war im Konsulat seines Heimatlandes in Istanbul getötet worden. Die türkische Regierung lanciert über regierungsnahe Medien seit Wochen Details zu dem Fall. Angeblich verfügt sie über Tonaufnahmen aus dem Innern des Gebäudes. Nur wenige Informationen ließen sich unabhängig überprüfen. Die Türkei und Saudi-Arabien sind Rivalen in der Region. Außerdem betrachtet die Türkei es als Affront, dass Khashoggi auf ihrem Staatsgebiet ermordet wurde. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sieht in Saudi-Arabien "höchste Kreise" involviert und will nicht lockerlassen, bis der Fall aufgeklärt ist.
Der Bericht, aus dem "Hürriyet" zitiert, erhöht den Druck auf die US-Regierung, die Aufklärung des Falls mit voranzutreiben. Er erschien kurz nachdem Präsident Donald Trump deutlich gemacht hatte, dass er fest zur saudischen Führung hält. In dem "Hürriyet"-Beitrag heißt es weiter, dass der Kronprinz und sein Bruder in dem angeblichen Gespräch "Unwohlsein" über die öffentliche Kritik des Journalisten Khashoggi an seinem Land ausgedrückt hätten. Der Autor deutet auch an, dass es weitere "atemberaubende" Beweise gebe, denn die CIA habe mehr Gespräche abgehört, als die Öffentlichkeit wisse.
Trump: Es gibt kein abschließendes CIA-Ergebnis zu Khashoggi-Mord
US-Präsident Trump hat die Darstellung zurückgewiesen, der US-Geheimdienst CIA habe Belege für eine Verwicklung des saudischen Kronprinzen in den Mord an dem Journalisten Khashoggi. "Sie sind nicht zu einem abschließenden Ergebnis gekommen", sagte Trump in Palm Beach in Florida mit Blick auf die CIA-Ermittler.
Niemand sei zu solch einer Schlussfolgerung gekommen, und vielleicht ließen sich die genauen Hintergründe der Tat auch nie aufklären. Erneut pries Trump Saudi-Arabien als extrem wichtigen politischen und wirtschaftlichen Partner für die USA .
Mogherini fordert transparente Ermittlung
Alle "wirklich Verantwortlichen" für die Tötung des Journalisten Khashoggi müssen nach den Worten der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini zur Rechenschaft gezogen werden. Bei einer Pressekonferenz mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu in Ankara betonte sie: "Für uns bedeutet Rechenschaft nicht Rache". Sie forderte eine "vollständig transparente und glaubwürdige Ermittlung" zu dem Fall. Die EU sei "schon immer etwa gegen jegliche Anwendung der Todesstrafe" gewesen, erwarte aber "entsprechend unserer Prinzipien und Werte" eine "umfassende, transparente und faire Ermittlung".
Khashoggi war am 2. Oktober verschwunden, nachdem er das saudi-arabische Konsulat in Istanbul betreten hatte. Erst nach wochenlangem internationalen Druck gab die Führung in Riad zu, dass der Journalist von Agenten des Königreichs getötet wurde. Die CIA geht bereits seit längerem davon aus, dass Kronprinz bin Salman hinter der Tat steht. Die Türkei hat wiederholt gefordert, dass die Auftraggeber der Tötung zur Verantwortung gezogen werden, hat bislang aber nicht den Kronprinzen direkt beschuldigt.
Frankreich verhängt Sanktionen im Fall Khashoggi
Nach Deutschland verhängt auch Frankreich gegen 18 Verdächtige aus Saudi-Arabien Sanktionen im Fall des getöteten Journalisten Khashoggi. Ihnen werde die Einreise nach Frankreich und damit "in den gesamten Schengen-Raum" untersagt, teilte das Außenministerium in Paris am Donnerstag mit. Die Bundesregierung hatte bereits am Montag Einreiseverbote gegen 18 mutmaßliche Verantwortliche ausgesprochen.
Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian hatte nach der deutschen Entscheidung eine enge Abstimmung mit Berlin angekündigt. Sein Ministerium erklärte nun, die Strafmaßnahmen könnten je nach Fortschritt der Ermittlungen in dem Fall "überprüft oder ausgeweitet" werden.
ni/qu (afp/dpa)