Neue Massenflucht in Syrien
27. Dezember 2019Mehr als 235.000 Menschen sind nach Angaben der Vereinten Nationen in den vergangenen zwei Wochen aus der umkämpften Rebellenhochburg Idlib im Nordwesten Syriens geflohen. Die Massenflucht habe das Gebiet um die Stadt Maaret al-Numan "fast leer" hinterlassen, heißt es in einer UN-Erklärung. Trotz einer eigentlich geltenden Waffenruhe haben syrische Regierungstruppen mit russischer Unterstützung zuletzt ihre Angriffe auf die Provinz Idlib verstärkt.
Viele Vertriebene benötigten aufgrund des Winters dringend humanitäre Hilfe und Unterkünfte, teilte das UN-Nothilfebüro OCHA per Twitter mit. Viele Hilfsorganisationen hätten ihre Arbeit in Teilen der Provinz Idlib jedoch aufgrund der Angriffe einstellen müssen.
Die verstärkte Bombardierung sowie die Zusammenstöße am Boden hätten die Vertreibung aus Maaret al-Numan forciert, teilten die Vereinten Nationen weiter mit. Die meisten Menschen seien nach Norden geflohen, in die Städte Ariha, Idlib und Sarakeb oder in bereits überfüllte Flüchtlingslager an der Grenze zur Türkei. Moscheen, Garagen, Hochzeitshallen und Schulen würden als Behelfsunterkünfte genutzt.
Idlib sowie Teile der angrenzenden Provinzen Hama, Aleppo und Latakia werden von dem früheren Al-Kaida-Ableger HTS und anderen islamistischen Milizen kontrolliert. Der syrische Machthaber Baschar al-Assad ist offenbar entschlossen, die Region wieder unter seine Kontrolle zu bringen.
Doch viele Menschen rechneten unter anderem in Sarakeb mit verstärkten Kämpfen und würden nun auch von dort fliehen. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten über lange Fahrzeugkolonnen, bestehend aus voll beladenen Autos.
Waffenruhe gebrochen
Im September 2018 war eine Waffenruhe für Idlib vereinbart worden. Im April begannen die Truppen von Assad dann jedoch eine neue Offensive gegen die islamistischen Rebellen in der Provinz. Schon in den ersten Monaten nach Beginn der Offensiven mussten schätzungsweise 400.000 Menschen ihre Heimat verlassen.
Die Türkei appellierte in dieser Woche an Russland, einer neuen Waffenruhe für Idlib zuzustimmen. In der Region leben drei Millionen Menschen. Viele davon sind während des seit 2011 andauernden Bürgerkrieges aus anderen Teilen Syriens geflohen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte angesichts der schweren Angriffe vor einer neuen Migrationswelle in Richtung Europa gewarnt. Die Aufnahme weiterer Flüchtlinge lehnt Erdogan ab, da sein Land bereits 3,7 Millionen Syrer aufgenommen und keine Kapazitäten mehr habe.
stu/wa (dpa, afp)