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Neue Dynamik in UN-Klimaverhandlungen

Irene Quaile15. Juni 2014

In Bonn ist die neueste Runde der UN-Klimagespräche mit einem Hoffnungsschimmer zu Ende gegangen. Delegierte und Beobachter sehen einen neuen Aufwärtstrend in den zähen Verhandlungen.

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Demonstration für erneuerbare Energien in Bonn (Foto: B. Arnold/Greenpeace)
Bild: B. Arnold/Greenpeace

Auch wenn die weitere Verhandlung vorerst auf Oktober vertagt wurde und wenig Konkretes zu verzeichnen war, herrschte unter den Teilnehmern der Bonner Klimagespräche ein Gefühl des Aufschwungs. In Gesprächen mit der DW sprachen Delegierte und Beobachter von klaren Signalen für Bewegung im internationalen Klimaschutz. Schlüsselländer hätten den Eindruck gemacht, dass verbindliche Ziele für CO2-Emissionen und erneuerbare Energien bei der wichtigen Konferenz in Paris 2015, auf der ein neues Weltklimaabkommen zustande kommen soll, in Reichweite sein könnten.

Extremwetter motiviert

Greenpeace-Klimachef Martin Kaiser sprach der DW gegenüber von einem "Hoffnungschimmer". So hätten die USA im Vorfeld des Treffens massive Einschränkungen für Kohlekraftwerke in Aussicht gestellt. China hatte seine Bereitschaft zu festen Emissionszielen im kommenden Jahr signalisiert. "Klare Zeichen, dass die weltgrößten Verursacher von CO2-Emissionen bereit sind, zusammen an einem neuen Klimaabkommen in Paris zu arbeiten", sagte Kaiser. Präsident Obama habe den Klimaschutz zur Chefsache erklärt. Stürme und Überflutungen hätten die Amerikaner überzeugt, dass man aktiv werden müsse.

Verwüstete Straße (Foto: Reuters)
Hurricane Sandy hat vielen New Yorkern gezeigt, dass Klimaschutz immer wichtiger wirdBild: Reuters

Auch China attestierte der Umweltschützer eine neue Ernsthaftigkeit in der Klimapolitik. "Die Umweltverschmutzung durch die Kohleverbrennung und den Verkehr treibt die politische Agenda in dem Land, wo wir in den letzten Jahren die meisten Emissionen gesehen haben", sagte Kaiser. "Sie planen auch weitere Maßnahmen, um Kohle-Emissionen zu reduzieren und verbindliche Ziele zu setzen."

"Es gibt erstmals Anzeichen, dass der Klimaschutz international aus der Defensive kommt", sagte Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch. "In Bonn wurde ernsthaft und konstruktiv verhandelt und viele Staaten bereiten ihre Klimaschutzzusagen für ein weltweites Abkommen vor", so Bals. "Die Bonner Klimakonferenz zeigt, dass die wichtigsten Länder Paris 2015 zum Erfolg führen wollen."

Kein Abkommen ohne Geldzusagen

Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Vereinbarung in Paris liegt in der Klimafinanzierung, meint Matthias Söderberg von der ACT Allianz, einem Zusammenschluss von kirchlichen und Menschenrechts-Organisationen, die die Interessen der Entwicklungsländer bei den Verhandlungen wahrnehmen. "Wenn es dort keine Fortschritte gibt, wird es kein neues Klimaabkommen geben", sagte er der DW.

Greenpeace-Klimachef Kaiser sieht das ähnlich: "Hinter geschlossenen Türen sagen die Regierungen, dass man die Finanzierung in diesem Jahr regeln muss. Sonst werden Länder wie China, Indien oder Südafrika niemals zustimmen, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren. Wir gehen davon aus, dass Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA einsehen, dass sie ein klares Signal geben müssen, indem sie in den 'Grünen Klimafonds' einzahlen".

Kinder spielen vor Zelten auf Trümmern (Foto: DW/R. I. Duerr)
Entwicklungsländer brauchen Hilfe, um sich von Katastrophen wie dem Taifun Haiyan zu erholenBild: DW/R. I. Duerr

Dieser 'Green Climate Fund', der Entwicklungsländer in die Lage versetzen soll, mit dem Klimawandel umzugehen, ist jetzt für Beiträge offen. Deutschland hat im Rahmen der Gespräche eine "beträchtliche Summe" in Aussicht gestellt. Der Umweltminister von Peru sagte in Bonn, er rechne mit 10 Milliarden US-Dollar bis zur nächsten Klimakonferenz in Peru im Dezember.

Kompensation für Schäden und Verluste

Bei der letzten Weltklimakonferenz in Warschau im vergangenen Jahr wurde ein neuer Mechanismus eingeführt, um Schäden und Verluste durch den Klimawandel zu kompensieren. Die ACT Alliance ist besorgt, dass einige Länder die Bedeutung des Mechanismus für ein zukünftiges Abkommen herunterspielen:

"Länder wie die USA, die EU und andere westliche Staaten sehen das als Teil des Anpassungsprozesses", sagt Söderberg. "Für die Betroffen gibt es aber einen riesigen Unterschied zwischen der Anpassung und dem Verlust der Lebensgrundlage. Darüber hat man in Bonn nicht so viel geredet, wie wir uns erhofft hatten."

Trotzdem sieht auch Söderberg eine positive Veränderung des Tons und der Verhandlungsatmosphäre. "Eine der Hauptherausforderungen ist der Mangel an Vertrauen zwischen den Teilnehmern. Das verstärkt sich, wenn man nicht wirklich sieht, dass Ländern das umsetzen, was sie bei den Gesprächen erzählen". Die Signale aus den USA und China aber auch aus Ländern wie Mexiko oder Indien führten zu einem erhöhten Vertrauen und einem verbesserten Gesprächsklima.

Antarktiseis auf der Bonner Agenda

Neue Forschungsergebnisse aus der Antarktis haben die Dringlichkeit des Klimaschutzes weiter erhöht, kleine Inselstaaten und Küsten rund um die Welt vor einer drastischen Erhöhung des Meeresspiegels zu schützen. Am Rande der Verhandlungen lud die International Cryosphere Climate Initiative (ICCI) Delegierte zu einer Präsentation dieser neuen Ergebnisse ein. Die Organisation, die sich mit den von Eis und Schnee bedeckten Flächen der Erde beschäftigt, berichtete vom unumkehrbaren Abschmelzen von Teilen des Antarktiseises. Anders Levermann vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung PIK sagte der DW dazu: "Wir befinden uns in einer neuen Ära des irreversiblen Klimawandels". Die Westantarktis schmelze inzwischen unumkehrbar. "Das wird den Meeresspiegel langfristig um einige Meter erhöhen", erklärte der Antarktiswissenschaftler.

Porträt von Pam Pearson (Foto: DW/Irene Quaile)
Pearson: "Wir müssen dringend handeln."Bild: DW/Irene Quaile

ICCI-Direktorin Pam Pearson betonte deshalb die Notwendigkeit, im kommenden Jahr den neuen Weltklimavertrag zustande zu bringen. Das könnte den Meeresspiegelanstieg zumindest verlangsamen und Ländern eine Chance geben, sich darauf vorzubereiten. Im interview mit der DW sagte Pearson, "es geht darum, um wie viel die Länder ihren CO2-Austoß zwischen jetzt und 2030 reduzieren werden. Die Polarregionen verändern sich so schnell, dass wir jetzt handeln müssen."

Wenn die Verhandlungen im Oktober wieder aufgenommen werden, muss die Struktur für eine neue Vereinbarung vorgelegt werden. Bis März 2015 müssen die Länder ihre Ziele angeben. In der Zwischenzeit hofft man, dass ein Sondergipfel von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York im September zu ehrgeizigen Klimazusagen auf der höchsten Ebene benutzt werden könnte.