Netflix-Serie "Dogs of Berlin"
6. Dezember 2018Nach der erfolgreichen deutschen Mystery-Serie "Dark" ist "Dogs of Berlin" die zweite für die deutschen Zuschauer entwickelte Serie des weltweit operierenden US-Anbieters. "Dogs of Berlin" setzt auf den Kontrast aus Humor und Brutalismus der Berliner Unterwelt. Die Multi-Kulti-Szenerie in der deutschen Hauptstadt spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die Musik: "Dogs of Berlin" verfügt über einen deutschen Gangsta-Rap-Soundtrack.
Unterschiedliche kulturelle Milieus
Die Serie stellt zwei unkonventionelle Polizisten vor: Erol Birkan und Kurt Grimmer (unser Bild oben). Sie sollen den Fall des ermordeten deutsch-türkischen Fußballstars Orkan Erdem untersuchen. Im Laufe der kniffligen Handlung taucht gleich ein halbes Dutzend Verdächtiger auf: Neo-Nazis aus dem Ost-Berliner Stadtteil Marzahn, Mitglieder eines türkischen Familienclans, der in Beziehung zu dem Opfer stand, fanatische Fußball-Fans, die illegale Sport-Wetten-Mafia. Und dann erhärtet sich auch noch der Verdacht, dass Personen aus dem Umfeld höchster politischer Kreise in der Hauptstadt etwas mit dem mysteriösen Fall zu tun haben könnten.
Die beiden Cops, die mit dem Fall beauftragt werden und die Wahrheit ans Tageslicht bringen sollen, könnten unterschiedlicher kaum sein. Auch das ist ein Thema der Serie, die tief in die Vergangenheit der beiden Charaktere blickt.
Ausgedacht hat sich den Stoff der deutsche Regisseur und Autor Christian Alvart. Über Kurt Grimmer, gespielt vom deutschen Schauspieler Felix Kramer, sagt Alvart: "Ein moralisch fragwürdiger Polizist mit einer Neo-Nazi-Vergangenheit, der sich irgendwann aus der Szene verabschiedet hat." Im Gegensatz dazu ist Erol Birkan (Fahri Yardim) ein schwuler und sehr liberaler Berliner Polizist - gewissermaßen ein prinzipientreuer und aufrechter Held.
Zeitgenössisches deutsches Serienformat
"Diese Widersprüchlichkeit der Charaktere, aber auch der ganzen Szenerie, sind für mich entscheidend", erläutert Alvart, der auch für die Drehbücher von "Dogs of Berlin" verantwortlich zeichnet. Inspiriert habe ihn dabei vor allem der Charakter des Kurt Grimmer, sagt Alvart.
Nachdem Christian Alvart 2005 in Deutschland den vielbeachteten Thriller "Antikörper" realisiert hatte, ging er nach Hollywood und stieg ins internationale europäische Filmgeschäft ein. Er inszenierte u.a. die Spielfilme "Pandorum" mit Dennis Quaid und "Case 39" mit Renée Zellweger. Anschließend kehrte Alvart wieder in seine Heimat zurück, drehte viele Filme der Reihe "Tatort" und stellte fest, dass man hierzulande den Anschluss an das populäre und von US-Anbietern wie HBO und Netflix dominierte Serien-Geschäft verpasst hatte.
Alvart wollte den übliche Weg durch deutsche TV-Institutionen vermeiden
"Ich war fest davon überzeugt, dass wir in Deutschland auch so etwas auf die Beine stellen können", sagt der Regisseur von "Dogs of Berlin". Das Projekt wurde dann von Christian Alvart und der Berliner Produktionsfirma "Syrreal Entertainment" entwickelt. Doch den herkömmlichen Weg durch die klassischen TV-Institutionen wollte der Deutschland-Heimkehrer nicht nehmen.
"Das Interesse an 'Dogs of Berlin' war schon groß", räumt der Regisseur ein, aber man wisse ja, wie langsam die Mühlen in dem Gewerbe mahlen. Also nahm Alvart Kontakt zu Erik Barmack auf, der bei Netflix für die Produktion von Serien zuständig ist, die außerhalb der Vereinigten Staaten entstehen und speziell auf einzelne nationale Märkte zugeschnitten sind. Das führte zum Erfolg: Nach "Dark" ist "Dogs of Berlin" nun die zweite deutsche Original-Netflix-Serie.
"'Dogs of Berlin' erzählt eine moderne und fesselnde Geschichte, die tief in die Berliner Unterwelt eintaucht", so Barmack: "Wir sind begeistert, dass Alvart mit "Dogs of Berlin" die zweite deutsche Netflix-Serie realisiert hat, die komplett in Deutschland geschrieben, produziert und auch dort in Szene gesetzt wurde."
Regisseur Alvart ist überzeugt vom "offenen" und "innovativen" Serien-Konzept von Netflix. Für ihn seien die Amerikaner daher der perfekte Partner gewesen: "Ganz anders als bisher im deutschen Fernsehen bieten sich mit Netflix mehr Möglichkeiten an: Je ungewöhnlicher die Ästhetik und je persönlicher die Herangehensweise, desto besser!"
Mikrokosmos Berlin in Serie
Für den Regisseur bedeutete dies, dass man sich stark auf das Drehbuch konzentrieren konnte, weil Netflix ihm das Vertrauen eingeräumt habe. Darüberhinaus sei es, wegen der globalen Präsenz des US-Anbieters und der Reichweite natürlich sehr reizvoll für Netflix zu arbeiten, erzählt Alvart bei einem Pressetermin in Berlin.
Christian Alvart lebt mit Unterbrechungen seit 1996 in der deutschen Hauptstadt. Er hat schon lange davon geträumt, Berlin mit seinen verschiedenen Kulturen einmal in einer Serie abzubilden: "In Berlin realisiert man früher oder später, dass die Stadt nicht einfach nur eine Stadt ist, sondern mehrere gleichzeitig." Es habe große Auswirkungen auf ein Leben, ob man als Mahmud in Berlin-Neukölln geboren oder als Siegfried in Zehlendorf oder als Tom in Marzahn auf die Welt kommt.
"Dogs of Berlin" sei der Versuch diese verschiedenen Sphären miteinander zu verzahnen. Alvart ist davon überzeugt, dass Berlin ein Spiegelbild der globalen multikulturellen Welt ist: "Die Stadt selbst spielt eine Hauptrolle in der Serie."
In diesem Sinne nimmt "Dogs of Berlin" die Zuschauer mit auf einen wilden Ritt in die verschiedenen Milieus der deutschen Hauptstadt. Dazu gehören die Berliner Unterwelt inklusive Wettbüro-Mafia, illegalen Biker-Clubs, Terrorzellen der Neo-Nazis im früheren Ostteil der Stadt, die alternative Szene am Prenzlauer Berg, die Gangsta-Rap-Szene - eine Serie, die deutsche Mittelklasse-Hausfrauen ebenso wie deutsch-libanesische Mafia-Clan-Familien ins Bild setzt.
Darüberhinaus stellt "Dogs of Berlin" grundsätzliche Fragen: Kann man der Umgebung, in die man hineingeboren wird, entfliehen? Sind wir Hunde oder Herrchen?
Die Serie, die sich mit so unterschiedlichen Kulturen in Berlin beschäftigt, soll die Zuschauer auch anregen, Fragen zu stellen und ganz persönliche Antworten zu finden - für das Leben in Berlin.