Netanjahu will strittigsten Teil der Justizreform canceln
29. Juni 2023Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat angekündigt, den umstrittensten Teil der geplanten Justizreform fallenzulassen. Dieser hätte es dem Parlament ermöglicht, Urteile des Obersten Gerichtshofs aufzuheben. Er werde auch ein weiteres umstrittenes Element der Reform überarbeiten, das der Regierungskoalition mehr Macht bei der Ernennung von Richtern gegeben hätte, sagte Netanjahu dem "Wall Street Journal". Wie die neue Version konkret aussehen werde, ließ der konservative Politiker, der eine in Teilen rechtsradikale Regierung führt, aber offen. "Ich achte auf den öffentlichen Puls und darauf, was meiner Meinung nach dabei standhalten wird", betonte Netanjahu.
Massenproteste gegen Reform seit Monaten
Seit Monaten demonstrieren immer wieder Zehntausende Israelis gegen die geplante Justizreform. Im Zuge der Massenproteste und der Androhung umfangreicher Streiks hatte die Regierung Ende März ihre Pläne verschoben. In der vergangenen Woche nahmen die Abgeordneten in der Knesset die Debatte über den Gesetzentwurf auf.
Die ursprünglich geplante Reform hätte Israels Regierung ermöglicht, Urteile des Obersten Gerichtshofs auf der Grundlage einer einfachen parlamentarischen Mehrheit außer Kraft zu setzen, wie auch dem Kabinett die Kontrolle über die Ernennung der obersten Richter eingeräumt. Die Regierung hatte erklärt, die Reform sei notwendig, um Richter zu zügeln und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der gewählten Regierung und der Justiz herzustellen.
Demokratie in Israel in Gefahr?
Kritiker hingegen sehen dadurch die Unabhängigkeit der Justiz und damit die Demokratie in Israel in Gefahr. Sie betrachten darin zudem einen Versuch Netanjahus, die Unabhängigkeit des Gerichts einzuschränken. Der Regierungschef steht derzeit wegen Bestechungsvorwürfen vor Gericht. Die geplanten Änderungen weckten auch im Westen Besorgnis über die demokratische Verfasstheit Israels und verschreckten Investoren.
sti/djo (rtr, WSJ)