Verhör in Teheran
24. März 2007Nach der iranischen Festnahme 15 britischer Marinesoldaten hat sich die diplomatische Krise verschärft. Außenministerin Margaret Beckett forderte erneut die "sofortige und sichere Heimkehr unserer Mannschaften". Dies wurde dem iranischen Botschafter am Samstag (24.3.2007) übermittelt, der dazu ein zweites Mal in das Außenministerium einbestellt worden war. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft schloss sich der britischen Forderung an.
Der Iran seinerseits erhob Vorwürfe gegen Großbritannien. Die Islamische Republik verurteile es scharf, dass britische Kräfte rechtswidrig in ihre Hoheitsgewässer eingedrungen seien, erklärte der iranische Außenamtssprecher Mohammed Ali Husseini am Samstag nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna.
"Souveränität verletzt"
Es handele sich um einen "verdächtigen" Vorgang, der gegen weltweit gültige Regeln verstoße, so Husseini weiter. Großbritannien habe die Souveränität des Iran verletzt und könne sich "unter keinem Vorwand" seiner Verantwortung entziehen. Die britische Regierung wirft dem Iran dagegen vor, die Seeleute rechtswidrig festgenommen zu haben, weil sie in irakischem Gewässer unterwegs gewesen seien.
Die acht Matrosen und sieben Marinesoldaten wurden in die Hauptstadt Teheran gebracht, wo sie "Erklärungen für ihren aggressiven Akt" geben sollten, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Fars. Wie die iranische Nachrichtenagentur Irna meldete, bekräftigte das iranische Außenministerium seine Darstellung, Großbritannien habe die iranischen Hoheitsgewässer verletzt. Dies belegten auch "Geständnisse" der Festgenommenen, sagte ein Militärvertreter im staatlichen Rundfunk: "Die Untersuchung läuft, sie sind gesund und es gibt keine Probleme." Die Geständnisse würden bald veröffentlicht, hieß es.
Gegensätzliche Darstellungen
In Londoner Regierungskreisen wird befürchtet, dass sich der Zwischenfall zu einer politisch motivierten Geiselkrise auswachsen könnte. Die Gefangennahme der Marineangehörigen erfolgte nach Darstellung des Verteidigungsministeriums in London bei der Routine-Inspektion eines kleinen Handelsschiffes durch die Besatzungen zweier britischer Marineboote - und dies eindeutig im irakischen Teil des Grenzflusses Schatt al Arab und nicht auf iranischem Gebiet. Derartige Inspektionen sollten den Schmuggel von irakischem Erdöl sowie von Waffen unterbinden helfen und seien voll und ganz durch UN- Resolutionen gedeckt. London hat die "sofortige und sichere Heimkehr" der Gefangenen verlangt.
Der Vorfall habe sich gegen 10.30 Uhr Ortszeit ereignet, hieß es weiter. Während der Kontrolle des Handelsschiffes, einer traditionellen Dau, seien die zwei Marineboote von iranischen Kriegsschiffen eingekreist und dann gezwungen worden, in Hoheitsgewässer des Iran zu fahren. Derweil hieß es bei der 5. US- Flotte, die gemeinsam mit britischen Marine-Einheiten vor der irakischen Küste operiert, Angehörige der iranischen Revolutionären Garden hätten die Briten gefangen genommen. Die britischen Boote gehören zu der Fregatte "Cornwall", deren Besatzung den Zwischenfall beobachtete, jedoch nicht versuchte, einzugreifen.
Anhaltende Spannungen
Durch den Vorfall hat sich die anhaltende Krise in den Beziehungen zwischen dem Iran und Großbritannien verschärft. Hintergrund der Spannungen zwischen beiden Ländern ist, dass London derzeit im UN-Sicherheitsrat in New York zu den treibenden Kräften hinter einer angestrebten Resolution gehört, mit der die Sanktionen gegen Teheran wegen dessen Nuklearprogramm verstärkt werden sollen. Westliche Staaten, darunter auch Deutschland, wollen verhindern, dass der Iran Atomwaffen entwickelt. Zudem hat Großbritannien dem Iran gerade erneut vorgeworfen, Angriffe auf britische Truppen, die in der südirakischen Hafenstadt Basra stationiert sind, durch Waffen und Geld für Aufständische zu fördern.
Die Gefangennahme der Marineangehörigen war nicht der erste derartige Vorfall. Im Juli 2004 hatte die iranische Marine im Schatt el Arab, dem Mündungsfluss von Euphrat und Tigris, drei britische Patrouillenboote aufgebracht und acht Marinesoldaten festgesetzt. Sie waren gefesselt mit verbundenen Augen im iranischen Fernsehen vorgeführt worden. Nach viertägigen Verhandlungen kamen sie jedoch frei. Damals hatten die Briten eingeräumt, dass die Boote möglicherweise durch einen Navigationsfehler in iranische Gewässer geraten seien. Diesmal schloss London eine solche Möglichkeit von vornherein kategorisch aus. (stu)