Neo Rauch und die Neue Leipziger Schule
2. Oktober 2015Im Januar 2008 ging Glenn Lowry, der Direktor des New Yorker Museum of Modern Art, in Deutschland auf Einkaufstour: Neben Werken von Joseph Beuys, Martin Kippenberger oder Andreas Gursky erstand er auch Gemälde von Neo Rauch für die Sammlung des "MoMa". Der Maler aus Leipzig ist zu einem von Deutschlands Shootingstars geworden. Mt seinen figurativen, neosozialistischen Werken im Retrolook hat er die Neue Leipziger Schule zum Qualitätslabel gemacht - das weltweit inzwischen so bekannt ist wie Volkswagen oder BMW.
Young German Art wird richtungsweisend
Als "Deutsches Malwunder" bezeichnen die Feuilletons das Phänomen Neue Leipziger Schule. Anfang der 2000er-Jahre sorgte der Begriff erstmals für großes Aufsehen. Auf den bedeutendsten Kunstmessen der Welt rissen sich Sammler und Museumskuratoren um Gemälde junger Maler, die in Leipzig studierten. Der gebürtige Leipziger Neo Rauch studierte von 1981 bis 1986 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Von 1986 bis 1990 war er Meisterschüler von Bernhard Heisig, einem Pionier der "alten" Leipziger Schule. Das Etikett Neue Leipziger Schule entstand, weil eine jüngere Generation von Malern in Neo Rauchs Fußstapfen trat und sich wieder traute, die Realität mit malerischen Mitteln darzustellen. Das war eine Sensation, denn in den 90er-Jahren dominierte Installationskunst, die den Markt und das Museum kritisch unter die Lupe nahm.
Öl auf Leinwand behauptet sich wieder
Rauchs Aufstieg zum Malerstar verlief rasant. Unterstützt von seinem Galeristen Gerd Harry Lybke interessierten sich schnell auch US-amerikanische Maler für die Gemälde des Leipzigers. Rauchs Bilder findet man in Miami, Los Angeles, und im Museum of Modern Art in New York.
Ein zentrales Motiv von Rauchs Bildern ist das bedrohte Individuum. Der 55-jährige Künstler verfremdet alltägliche Motive und bringt sie in ungewöhnlicher Kombination mit einer aufgeladenen Symbolik zusammen. In der Kleidung der von ihm dargestellten Personen vermischen sich unterschiedliche Epochen. Es entstehen rätselhafte Bilderwelten, die ins Surreale kippen und nicht eindeutig zu entschlüsseln sind. Den Farben, die Neo Rauch verwendet, haftet zudem ein dumpfer Ton an, was ihnen etwas aus der Zeit gefallenes verleiht.
In seiner aktuellen Ausstellung "Im Schlaf der Welt" im Bötzow Berlin, der ersten Solo-Schau seit sechs Jahren, sind Schlüsselwerke seines Schaffens zu sehen: großformatige Ölgemälde, Lithographien und zwei Bronzen.