Nawalny nach Rückkehr in Moskau festgenommen
17. Januar 2021Ursprünglich sollte das Passagierflugzeug der Airline Pobeda mit Alexej Nawalny an Bord nicht in Scheremetjewo im Norden Moskaus landen, sondern auf dem Flughafen Wnukowo im Südwesten der russischen Hauptstadt, wo sich zahlreiche Anhänger versammelt hatten, um ihn zu begrüßen. Die wartenden Anhänger des Kreml-Kritikers wurden durch die Änderung des Zielflughafens ausgetrickst.
In Moskau wurde der 44-Jährige nach Angaben seines Anwalts noch am Flughafen Scheremetjewo umgehend festgenommen. Er sei an der Passkontrolle abgeführt worden. Die russische Justiz hatte Nawalny zur Fahndung ausgeschrieben. Er soll in einem früheren Strafverfahren gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben.
Das Flugzeug mit Nawalny, seiner Ehefrau Julia Nawalnaja und Mitarbeitern war am Nachmittag vom Berliner Flughafen BER Richtung Moskau gestartet. Auch zahlreiche Aktivisten, Blogger und Journalisten waren mit an Bord der Maschine der russischen Gesellschaft Pobeda. DW-Korrespondent Juri Rescheto postete auf Twitter ein Video mit Aussagen Nawalnys:
Festnahmen am Flughafen Wnukowo in Moskau
Bereits vor der Ankunft Nawalnys in Moskau wurden am zunächst geplanten Zielflughafen Wnukowo mehrere seiner Unterstützer festgenommen. Darunter die Juristin Ljubow Sobol, der Jurist Alexej Molokojedow und Nawalnys Assistent Ilja Pachomow, berichtete Iwan Schdanow von Nawalnys Anti-Korruptionsstiftung auf Twitter.
Die Moskauer Staatsanwaltschaft hatte vor unerlaubten Kundgebungen auf dem Flughafengelände gewarnt und mit Konsequenzen gedroht. Zahlreiche Medien beklagten, dass die Flughafenverwaltung keine Kamerateams zulassen wollte. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch postete auf Twitter Bilder vom Flughafen:
Auf dem Airport Wnukowo bezogen demnach Hundertschaften der Anti-Terror-Polizei OMON Stellung. Vor dem Gebäude standen mehrere Gefangenentransporter. Der Oppositionelle Ilja Jaschin kritisierte die Flugumleitung und die Festnahmen als "hysterische Reaktion" des Machtapparats.
Furchtloser Kreml-Kritiker
Nawalny ist einer der führenden Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nach einem Giftanschlag am 20. August in der sibirischen Stadt Tomsk mit dem Nerven-Kampfstoff Nowitschok wurde Nawalny im Berliner Krankenhaus Charité behandelt und erholte sich anschließend in Deutschland.
Der 44-Jährige hatte immer wieder Putin und den Inlandsgeheimdienst FSB für den Mordanschlag verantwortlich gemacht. Auch die Bundesregierung und andere westliche Staaten sprechen von einem Mordversuch. Nach Analysen von Labors in Deutschland, Frankreich und Schweden sowie der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) wurde bei dem Giftanschlag der in der damaligen Sowjetunion entwickelte Nervenkampfstoff Nowitschok verwendet. Die Regierung in Moskau weist jede Verwicklung in den Vorfall zurück.
Ungeachtet der Gefahr, getötet oder festgenommen zu werden, erklärte Nawalny mehrfach, dass sein Platz in Russland sei und er dort seinen Kampf gegen das "System Putin" fortsetzen wolle.
Kremlkritiker werden immer wieder Opfer von Anschlägen. 2015 wurde der frühere Vize-Regierungschef Boris Nemzow in Kremlnähe erschossen. Nawalny drohen in Russland gleich mehrere Strafverfahren, die als politisch motiviert in der Kritik stehen.
qu/uh (rtr, dpa, afp, Flightradar)