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NATO weist Putins Rechtfertigung zurück

Bernd Riegert4. März 2014

Die NATO wirft Russland weiter einen Bruch internationalen Rechts in der Ukraine vor. Putins Rechtfertigung machte keinen Eindruck. Quer durch Europa sind Diplomaten unterwegs, um die Krise irgendwie zu entschärfen.

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NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die Pressekonferenz des russischen Präsidenten überzeugte bei der NATO in Brüssel niemanden. Wladimir Putin hatte davon gesprochen, auf der Krim seien keine zusätzlichen russischen Truppen aufmarschiert und ein Militäreinsatz in der Ukraine sei im Moment nicht geplant. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen wiederholte nach einer Sondersitzung des Botschafterrates (04.03.2014) die Vorwürfe der westlichen Staaten in Richtung Moskau: "Trotz wiederholter Mahnungen der internationalen Gemeinschaft verletzt Russland weiterhin die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine. Russland verletzt weiter seine internationalen Verpflichtungen."

Polen hatte die erneute Sitzung der NATO beantragt und sich auf Artikel 4 des NATO-Vertrages berufen, der Konsultationen vorschreibt, wenn sich ein Mitgliedsland bedroht fühlt. Alle NATO-Mitglieder hätten Verständnis für Polens Sorgen und die Befürchtungen der übrigen Mitglieds-Staaten, die an die Ukraine oder Russland direkt angrenzten, sagte der tschechische NATO-Botschafter Jiri Sediry nach der Sitzung. Polen hatte sowohl in der NATO als auch in der EU auf mehr Härte gedrängt, konnte sich aber nicht durchsetzen.

Internationale Beobachter auf die Krim

"Diese Entwicklung hat ernste Auswirkungen auf die Sicherheit und Stabilität im euro-atlantischen Raum. Die NATO-Verbündeten stehen in Solidarität in dieser schweren Krise eng zusammen", so der Generalsekretär der westlichen Allianz, Anders Fogh Rasmussen. Konkrete Maßnahmen kündigte der dänische Politiker allerdings nicht an. Man wolle die Beobachtung der Lage intensivieren, so Rasmussen.

Bundesaußenminister Steinmeier (Foto: AFP)
Bundesaußenminister Steinmeier warnt vor EskalationBild: John Macdougall/AFP/Getty Images

Viel mehr bleibe den westlichen Staaten im Moment auch nicht übrig, meint der Russland-Experte Stefan Meister von der Denkfabrik "European Council on Foreign Affairs". Sanktionen, so Meister zur DW, würden die Position Wladimir Putins wahrscheinlich eher noch verhärten und ihn noch uneinsichtiger machen. "Was man aus europäischer Sicht natürlich tun kann, ist eine Internationalisierung des Konflikts. Es ist ganz wichtig, dass man die Ukraine nicht allein lässt und so schnell wie möglich internationale Beobachter auf die Krim schickt, um zu wissen, was dort passiert, und um es den Russen schwerer zu machen, die Halbinsel zu annektieren."

Stefan Meister vom "European Council on Foreign Affairs" empfiehlt wie der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Entsendung von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Wie die Nachrichtenagentur dpa aus westlichen Diplomatenkreisen erfuhr, wird es diese Beobachtermission jetzt bald geben. Aber Meister empfiehlt auch die Einrichtung einer Kontaktgruppe mit internationalen Vertretern, die zwischen Russland und der Ukraine vermitteln sollte. "Damit könnte man zumindest Zeit gewinnen und ein zusätzliches Forum schaffen", so Meister. Die Zustimmung des russischen Präsidenten zu einer solchen Kontaktgruppe, die es etwa auch im Syrien-Konflikt gibt, war auf seiner Pressekonferenz allerdings nicht gerade eindeutig.

"Jemand könnte die Nerven verlieren"

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier war noch am Montag (03.03.2014) vom Treffen der EU-Außenminister in Brüssel weiter in die Schweiz gereist, wo er am Dienstag den russischen Außenminister Sergej Lawrow und den OSZE-Vorsitzenden - den Schweizer Außenminister Didier Burkhalter - traf. Burkhalter erklärte, die Zeit dränge, neues Vertrauen und ein Gesprächsforum aufzubauen. Auch Steinmeier sprach sich für schnelle Schritte aus, da die Lage auf der Krim-Halbinsel sehr instabil sei: "Das macht das Risiko umso größer, dass jemand die Nerven verliert und aus dem politischen Konflikt auch neues Blutvergießen folgt. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir wirklich alle, auch letzte Möglichkeiten ausschöpfen, um den erneuten Rückfall in Gewalt in der Ukraine auszuschließen."

Polen - Proteste gegen Putin in Warschau (Foto: AFP)
Protest in Warschau: Demonstration vor der russischen BotschaftBild: Getty Images

Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und US-Außenminister John Kerry sind quer durch Europa unterwegs, um den russischen Außenminister und Vertreter der ukrainischen Übergangsregierung zu treffen. John Kerry sagte, er hoffe, dass Russland einlenke und einsehen werde, "dass den USA nicht an einer großen Konfrontation gelegen ist."

EU will der Ukraine Hilfen gewähren

Der russische Außenminister Lawrow sagte aber, Russland werde seine Haltung nicht ändern. Die EU und die USA sollten keine Sanktionen erwägen, weil sie dafür selbst einen Preis zahlen müssten. Die NATO hat Russland für Mittwoch (05.03.2014) zu einer gemeinsamen Sitzung im NATO-Russland-Rat eingeladen. Am Donnerstag wollen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union darüber beraten, ob Russland die verlangten Schritte zur Deeskalation unternommen hat. Im Moment sieht es danach nicht aus. Ob dann bereits Sanktionen beschlossen werden, ist offen. Die USA hatten vorgelegt und die militärische Zusammenarbeit mit Russland unterbrochen. US-Außenminister Kerry empfiehlt mehr Härte gegenüber Russland. Die Europäische Union will über finanzielle Hilfe für die mehr oder weniger bankrotte Übergangsregierung in Kiew entscheiden. Am Mittwoch legt die EU-Kommissionen dazu konkrete Pläne vor.

Ein Junge fotografiert die "unbekannten" Soldaten auf der Krim (Foto: Reuters)
Erinnerungsfoto: Mutmaßlich russische Milizen posieren auf der KrimBild: Reuters

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach sich bei einem Besuch in Brüssel dafür aus, der Ukraine beim Bezahlen ihrer Gasrechnung beim russischen Unternehmen Gazprom zu helfen. "Es muss uns jetzt darum gehen, dass die Ukraine eine sichere Energie- und Gasversorgung hat und nicht unter noch größeren Druck von Russland kommt. Das ist die wichtigste Aufgabe, die wir jetzt zu schultern haben", sagte Gabriel beim Rat der Energieminister in Brüssel. "Ich glaube, wir Europäer brauchen uns keine Sorgen zu machen, aber die Ukraine hat große Sorgen. Und wenn es Europa ernst meint mit seinen Hilfsangeboten, dann müssen wir vor allem die Energieprobleme der Ukraine lösen." Die Gasversorgung der EU-Staaten sieht Gabriel nicht in Gefahr. Russland und zuvor die Sowjetunion seien trotz aller politischen Spannungen immer vertragstreue Lieferanten gewesen. Der staatliche Energiekonzern Gazprom hat angekündigt, dass der Gaspreis für die Ukraine im April um 30 Prozent steigen soll.