Tod bin Ladens als Sicherheitsgewinn
2. Mai 2011NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat Präsident Barack Obama zu der Operation in Pakistan gratuliert, die einen "bedeutenden Erfolg für die Sicherheit der NATO-Verbündeten" darstelle. Rasmussen versprach vor allem ein weiteres Engagement der Allianz in Afghanistan, "damit das Land nie wieder zum Zufluchtsort für Extremisten wird". Die NATO werde "weiterhin für die Werte der Freiheit, der Demokratie und Menschlichkeit eintreten, die Osama bin Laden besiegen wollte".
Moralische Fragen
In einer gemeinsamem Erklärung von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy heißt es: "Osama bin Laden war ein Verbrecher und verantwortlich für abscheuliche Terroranschläge, die Tausende unschuldiger Menschen das Leben gekostet haben." Sein Tod mache die Welt sicherer und zeige, "dass solche Verbrechen nicht ungesühnt bleiben". Kommissionssprecherin Pia Ahrenkilde sah sich in der mittäglichen Pressekonferenz allerdings mit kritischen Fragen hinsichtlich der Todesumstände bin Ladens konfrontiert. Sie wies die Darstellung zurück, die offenbar gezielte Tötung laufe auf eine Hinrichtung hinaus und stehe im Widerspruch zu europäischen Werten. Guy Verhofstadt, Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Europaparlament, bedauert aber, dass sich bin Laden nun nicht vor einem internationalen Gericht verantworten muss.
EU-Anti-Terror-Koordinator: Ziel war die Festnahme
Gilles de Kerchove, der Anti-Terror-Koordinator der EU, verteidigte die Tötung bin Ladens als unvermeidbar. Die Operation habe das Ziel gehabt, ihn zu fassen, um ihn der Justiz zu übergeben. Doch "die genauen Umstände dieser äußerst komplexen Operation haben es nicht zugelassen, ihn lebend zu fassen, und haben zu seinem Tod geführt." Auch Jerzy Buzek, der Präsident des Europaparlaments, hat keine moralischen Probleme mit der Tötung des El-Kaida-Chefs. "Bin Ladens Aktivitäten haben Menschen auf der ganzen Welt Leid und Tod gebracht. Alle, die an ein friedliches Zusammenleben glauben, dürfen sich heute sicherer fühlen."
Warnung vor Vergeltungsschlägen
Die Aussicht auf mehr Sicherheit relativierte jedoch Martin Schulz, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten und Sozialisten im Europaparlament. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk warnte er vor Vergeltungsschlägen von El Kaida. "Wir werden uns sicher darauf einstellen müssen, dass das Netzwerk versuchen wird zurückzuschlagen. Deshalb glaube ich, dass in den nächsten Tagen und Wochen erhöhte Aufmerksamkeit notwendig ist." Auch Anti-Terror-Koordinator Gilles de Kerchove warnte, "die Bedeutung bin Ladens als Symbol wird sehr wahrscheinlich verbündete Gruppen und Einzelpersonen für einige Zeit weiter inspirieren, also sollten wir aufmerksam bleiben."
Autor: Christoph Hasselbach, Brüssel
Redaktion: Ursula Kissel