NATO-Truppenabzug aus Afghanistan - Ortskräfte in Sorge
Zehntausende Afghanen, die für die NATO-Streitkräfte arbeiten, wollen nach dem Truppenabzug auswandern. Sie haben Sorge vor der Rache der Taliban. Die hat jetzt versprochen, sie nicht zu verfolgen. Kann man ihr trauen?
Abzug in vollem Gange
Nach fast 20 Jahren endet der Einsatz der internationalen Truppen in Afghanistan. Seit der Ankündigung im April 2021, dass sich sowohl die USA als auch die NATO militärisch zurückziehen wollen, sind die Vorbereitungen dafür bereits in vollem Gange. Zuletzt waren über 43.000 Soldaten und Soldatinnen aus 40 Ländern als Teil der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) dort stationiert.
Zivile Ortskräfte in Sorge
Die Truppen hinterlassen besorgte Ortskräfte, die oft viele Jahre auch für die Bundeswehr als Dolmetscherinnen und Dolmetscher, qualifiziertes Fachpersonal, Wachleute oder Hilfskräfte tätig waren. Sie fürchten um ihre Sicherheit und ihr Leben, nicht nur für sich selbst, sondern auch um das ihrer Angehörigen.
Sorge vor Rache der Taliban
Die Sorge ist nicht unbegründet, die Taliban sind in vielen Gebieten Afghanistans stark. Die Ortskräfte befürchten Racheaktionen sobald die internationalen Militärs endgültig abgerückt sind. Die Ortskräfte mögen Reue zeigen, forderten die Taliban unlängst in einer Erklärung, sollten aber im Land bleiben. Sie hätten nichts zu befürchten. Doch fraglich ist, ob die Ortskräfte den Taliban trauen.
Zurückgelassen in Afghanistan
Zehntausende Afghanen waren für die Streitkräfte der NATO-Länder tätig. Zu ihnen gehört auch Dolmetscher Ayazudin Hilal, der für seine Verdienste von den USA mit einer Medaille ausgezeichnet wurde. Auch er macht sich Sorgen um sein Wohl und das seiner Familie. Allein die US-Botschaft bearbeitet nach eigenen Angaben aktuell mehr al 18.000 Anträge auf spezielle Ausreisevisa.
Angespannte Sicherheitslage
Immer wieder kommt es zu Anschlägen in Afghanistan. Als gefährdet eingestufte zivile Helfer können für sich und ihre engsten Familienangehörigen die Ausreise und Aufnahme in Deutschland beantragen. Die Mehrheit der Ortskräfte der Bundeswehr will über das sogenannten Ortskräfteverfahren Schutz in Deutschland suchen. Mitte Mai waren das rund 450 Personen.
Eingefangen und weggesperrt
Von den Taliban als "Sklaven der Invasoren" bezeichnet, wurden in den letzten Jahren Dutzende Helfer gefoltert oder ermordet. Spezialkräfte der afghanischen Armee mussten immer wieder Menschen, die von den Taliban in Lagern gefangen gehalten werden, befreien.
Lasst uns nicht allein!
Schon bald soll der Truppenabzug abgeschlossen sein, bis dahin nutzen die Ortskräfte noch jede Möglichkeit, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, wie hier bei einer Demonstration in Kabul. Bildauswahl: Ulrike Schulze und Florian Görner