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NATO kritisiert Russlands Syrien-Kurs

8. Oktober 2015

In Brüssel beraten die NATO-Verteidigungsminister über die Lage in Afghanistan und im Nahen Osten. Generalsekretär Stoltenberg verschärft den Ton gegenüber Moskau und droht mit mehr Truppen an der syrischen Grenze.

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NATO-Verteidigungsminister in Brüssel Jens Stoltenberg spricht bei einer Pressekonferenz in Brüssel (Foto: AP Photo/Virginia Mayo)
Bild: picture-alliance/AP Photo/V. Mayo

"Wir beobachten eine beunruhigende Eskalation der militärischen Aktivitäten Russlands in Syrien, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum Auftakt des Treffens der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel. Dies habe angesichts der Verletzungen des türkischen Luftraums durch russische Kampfjets besondere Bedeutung.

Stoltenberg verschärfte den Ton gegenüber Russland. "Die NATO ist bereit und fähig, alle Alliierten gegen jegliche Gefahren zu verteidigen." Denkbar sei beispielsweise eine Stationierung von Truppen auf dem Territorium des Allianzpartners Türkei. "Unsere militärischen Befehlshaber haben bestätigt, dass wir bereits jetzt die nötigen Fähigkeiten und die Infrastruktur haben, um die schnelle Eingreiftruppe (NRF) in den Süden zu schicken", sagte Stoltenberg.

Der NATO-Generalsekretär hatte Russland zuvor vorgeworfen, mehrfach den türkischen Luftraum absichtlich verletzt zu haben und die Führung in Moskau scharf attackiert - mindestens zweimal sind russische Kampfflieger am vergangenen Wochenende in den Luftraum des NATO-Mitglieds Türkei eingedrungen.

Russland fliegt seit acht Tagen Luftangriffe in dem Bürgerkriegsland. Nach Angaben aus Moskau geht Russland dabei gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) und andere terroristische Gruppierungen vor. Im Westen wird die russische Intervention weniger als Versuch gesehen, den IS zu bekämpfen, als vielmehr Assad und dessen nach jahrelangem Bürgerkrieg geschwächte Armee zu unterstützen. Dazu greife Russland auch die vom Westen unterstützten Gegner Assads an.

Stoltenberg rief Russland dazu auf, die Hilfe für das syrische Regime zu beenden. Er appellierte an Russland, eine konstruktive Rolle im Kampf gegen den IS zu spielen. Dies sei nicht der Fall, solange Moskau das Assad-Regime unterstütze. Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen forderte die Führung in Moskau auf, ihre Angriffe auf den IS zu konzentrieren. "Wenn Russland diejenigen angreift, die den Islamischen Staat bekämpfen, dann stärkt das den 'Islamischen Staat'", warnte sie. "Das kann nicht in unserem gemeinsamen Interesse sein, das kann auch nicht in Russlands Interesse sein." Der IS sei eine der Hauptursachen für den Strom der Flüchtlinge. Daher müsse er militärisch bekämpft werden. Auf lange Sicht könne es aber keine militärische Lösung für den Syrien-Konflikt geben: "Wenn wir auf Dauer eine friedliche Lösung in Syrien und im Irak haben wollen, dann braucht es vor allem einen politischen Prozess", sagte von der Leyen.

Ein Helikopter der russischen Luftwaffe startet von einer Basis in Syrien (Foto: REUTERS/RURT)
Mit Hubschraubern und Kampfjets unterstützt Russland Assads Truppen aus der LuftBild: Reuters/Rurtr

Länger in Afghanistan?

In Brüssel beschäftigen sich die Verteidigungsminister auch mit der Lage in Afghanistan. Spätestens nach dem "Schock von Kundus" - der Rückeroberung der Provinzhauptstadt im Nordosten Afghanistans durch die Taliban - regt sich Widerstand gegen die Abzugspläne des Bündnisses. Ursprünglich sollten fast alle NATO-Soldaten bis Ende 2016 Afghanistan verlassen und nur ein kleines Kontingent von etwa 1000 Soldaten noch in der Hauptstadt Kabul bleiben.

Kämpfer der radikalislamischen Taliban feiern Ende September die Eroberung von Kundus (Foto: STR/AFP/Getty Images)
Ende September: Taliban feiern die Eroberung von KundusBild: Getty Images/AFP

Angesichts der schlechten Sicherheitslage im Land plädiert Bundesverteidigungsministerin von der Leyen für eine Verlängerung des Einsatzes. Die zeitweilige Eroberung der Stadt Kundus durch die Taliban habe gezeigt, dass der gemeinsame Weg mit den Afghanen zur Stabilisierung des Landes noch nicht zu Ende gegangen sei, "sondern dass wir ihn noch länger gehen müssen", sagte die Ministerin vor dem Treffen mit ihren Amtskollegen in Brüssel. Sie werde dafür werben, "dass wir den Rückzug aus Afghanistan nicht nach einem starren Kalender vornehmen". Stattdessen müsste die Planung von der Lage vor Ort abhängig gemacht werden.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, es sei noch nicht abschließen entschieden, wie lange der Einsatz noch dauern werde, wie viele Soldaten in Afghanistan bleiben sollen und wo sie stationiert sein werden. "Sicher ist, dass wir die Afghanen weiter unterstützen werden", sagte Stoltenberg, entweder über die bisherige "Resolute Support"-Mission durch Ausbildung und Beratung der Sicherheitskräfte oder über einen zivil geführten Einsatz mit militärischen Elementen. Zudem werde die Allianz die afghanischen Sicherheitskräfte finanziell weiter unterstützen.

Mehr Präsenz in NATO-Oststaaten

Deutschland und die USA wollen zudem zusätzliche NATO-Truppen in östlichen Bündnisstaaten stationieren. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur könnten mehrere hundert Soldaten dauerhaft zu Ausbildungs- und Trainingszwecken nach Polen und in die Staaten des Baltikums geschickt werden. Der britische Verteidigungsminister Michael Fallon kündigte in Brüssel Unterstützung für das Vorhaben an und bezeichnete es als "Rückversicherungsmaßnahme" für die Alliierten im Osten und als Antwort auf die "fortgesetzte russische Provokation und Aggression."

sp/se (dpa, rtr, afp)