1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteUkraine

NATO-Chef will langfristige stabile Militärhilfe für Ukraine

12. Juni 2024

Im Krieg mit Russland steht die Ukraine weiter unter Druck. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg appelliert an die Mitglieder der Allianz, mehr Militärhilfe für Kiew zu leisten. Dazu präsentiert er eine konkrete Idee.

https://p.dw.com/p/4gwtq
NATO Generalsekretär Jens Stoltenberg mit erhobenem rechten Zeigefinger
NATO Generalsekretär Jens StoltenbergBild: Peter David Josek/AFP/Getty Images

Kurz vor einem Treffen der Verteidigungsminister der Bündnisstaaten hat NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nochmals eindringlich dazu aufgerufen, der Ukraine langfristige Zusagen für Militärhilfen zu geben. "Wir sollten jedes Jahr 40 Milliarden (Euro) als neues frisches Geld bereitstellen", sagte der Norweger der Deutschen Presse-Agentur dpa. Das sei eine Menge Geld, die es aber auch brauche. Das sei mit geteilter Last im NATO-Verbund leichter zu stemmen. "Eine langfristige finanzielle Verpflichtung gegenüber der Ukraine wird für Vorhersehbarkeit, Rechenschaftspflicht und Lastenteilung sorgen", sagte Stoltenberg. "Je stärker wir uns langfristig engagieren, desto eher kann dieser Krieg enden."

Die Lastenteilung und die Beiträge der Mitgliedsstaaten könnten nach den Worten des NATO-Chefs etwa auf Grundlage des Bruttoinlandsprodukts berechnet werden. Demnach müssten die USA ungefähr 50 Prozent der jährlich 40 Milliarden Euro aufbringen, der Rest würde zwischen den europäischen Verbündeten und Kanada aufgeteilt. 

Stoltenberg gibt sich optimistisch

Sein Vorschlag wird voraussichtlich beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister am Donnerstag und Freitag in Brüssel diskutiert werden. Ob sich die 32 Mitgliedsstaaten bis zum Bündnisgipfel im Juli in Washington auf eine gemeinsame Position einigen können, ist unklar. "Es gibt starke Unterstützung für die Idee einer langfristigen Verpflichtung", sagte Stoltenberg. Zwar seien einige Verbündete eher zurückhaltend bei der Ausgestaltung der Lastenteilung. Dennoch zeigte er sich hoffnungsvoll, eine Einigung erzielen zu können.

Hochrangige Vertreter von neun östlichen NATO-Staaten trafen sich in Riga
Hochrangige Vertreter von neun östlichen NATO-Staaten trafen sich in RigaBild: Alexander Welscher/dpa/picture alliance

Stoltenberg äußerte sich am Rande eines Treffens von östlichen NATO-Staaten in der lettischen Hauptstadt Riga - und fand dabei auch lobende Worte für die jüngste Positionierung der Bundesregierung. Die Ukraine habe das Recht auf Selbstverteidigung und mithilfe der erweiterten Einsatzmöglichkeiten für Waffen aus Deutschland und anderen NATO-Staaten auch mehr Möglichkeiten, sich gegen die Angreifer zur Wehr zu setzen. Dazu gehöre das Recht, legitime militärische Ziele innerhalb Russlands anzugreifen. Mehrere Staaten - darunter Deutschland und die USA - hatten der Ukraine kürzlich die Genehmigung erteilt, von ihnen gelieferte Waffen auch gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet einzusetzen , um Angriffe von dort auf die Ukraine zu verhindern. 

Bericht: USA wollen weiteres Patriot-System liefern

Die USA stellen der Ukraine laut einem Medienbericht in Kürze ein neues Flugabwehrsystem des Typs Patriot zur Verfügung. Wie die "New York Times" berichtet, ist das betroffene Patriot-System derzeit in Polen stationiert. Es wäre mindestens das zweite Patriot-System, das von Washington an die Ukraine geschickt wird, um Kiew im Abwehrkampf gegen Russland zu helfen. Das US-Verteidigungsministerium bestätigte den Bericht auf Anfrage zunächst nicht.

Deutschland hat bisher zwei Patriot-Systeme an die Ukraine geliefert. Ein drittes System wurde dem Land im April zugesagt. Ende Mai versicherte Verteidigungsminister Boris Pistorius, das System gehe "demnächst in die Ukraine" und sei derzeit in der Auslieferung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Dienstag bei der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Berlin den Bedarf seines Landes auf mindestens sieben solcher Patriot-Systeme beziffert.

Mehrere Verletzte bei neuen russischen Luftangriffen

Bei neuen russischen Raketen- und Drohnenangriffen auf die Ukraine sind nach Angaben örtlicher Behörden mehrere Menschen verletzt worden. Die Luftabwehr habe fünf von sechs Raketen und alle 24 Angriffsdrohnen über insgesamt sechs Regionen in den frühen Morgenstunden abgeschossen, teilt das ukrainische Militär mit. In Kiew sei der Luftangriff vollständig abgewehrt worden, erklärt die Militärverwaltung der Hauptstadt. Allerdings hätten herabstürzende Trümmer eine Industrieanlage in der Region beschädigt und einen Brand ausgelöst. Auch ein Privathaus, eine Garage, eine Tankstelle und ein Lagerhaus seien beschädigt und ein Mensch verletzt worden.

Schulze: Ukraine-Unterstützung "sichtbar geworden"

 

In der Region Dnipropetrowsk im Osten des Landes wurden laut den Behörden drei Menschen verletzt und neun Privathäuser beschädigt. Das Militär habe dort elf Drohnen abgefangen.

Selenskyj dankt für deutsche Militärhilfe

Am Dienstag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einer Rede im Bundestag Deutschland für die bisherige Unterstützung im Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer gedankt und eindringlich um weiteren Beistand gebeten. "Es ist unser gemeinsames Interesse, dass Russlands Präsident Wladimir Putin diesen Krieg persönlich verliert", sagte er. Der Kremlchef stehe "alleine gegen uns alle".

Selenskyj betonte aber auch, dass er nicht nur auf das Militär setzen wolle, um Frieden herbeizuführen. Mit Blick auf die Friedenskonferenz in der Schweiz am nächsten Wochenende sagte er: "Wir wollen der Diplomatie eine Chance geben und haben etwa 100 Staaten versammelt. Die Ukraine hat niemals nur auf die Stärke der Waffen gesetzt." Russland ist zu der Konferenz allerdings nicht eingeladen.

In Berlin geht unterdessen die Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine weiter. Dort wollen Deutschland, die Ukraine sowie zwölf weitere Staaten und 17 Entwicklungsorganisationen eine Allianz zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des bedrängten Landes ins Leben rufen. Kleinen und mittleren Unternehmen als Rückgrat der ukrainischen Wirtschaft soll in Kriegszeiten unter die Arme gegriffen werden, um sie fit für den Wiederaufbau zu machen.   

kle/sti (dpa, afp, rtr)