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Nashörner töten, um sie zu retten?

Adam Welz14. Januar 2014

Geht es nach amerikanischen Jägern, ist es kein Widerspruch, ein Nashorn zu schießen, um andere zu retten. Doch diese Idee stößt auf erbitterten Widerstand - in der Netzgemeinde und bei Nashorn-Schützern.

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Foto: Spitzmaulnashorn in Namibia (Foto: Michael Altenhenne)
Bild: Michael Altenhenne

Mitte Januar hat ein unbekannter Bieter bei einer Auktion 350.000 US-Dollar für das Anrecht bezahlt, eines der vom Aussterben bedrohten Spitzmaulnashörner in Namibia zu erlegen. Die Auktion hat der Dallas Safari Club (DSC) organisiert, eine der bekanntesten Jagd-Verbände in den Vereinigten Staaten. Die Auktion wurde von Drohungen gegen den DSC begleitet, bis hin zu Morddrohungen gegen einzelne Mitglieder. Auch gegen den Vorsitzenden des Verbandes, Ben Carter und seine Kinder.

"Ich verstehe nicht, was an dieser Auktion andere veranlasst, mich und meine Familie töten zu wollen", sagt er. "Ich glaube, dass viele Menschen emotional reagieren, ohne die Fakten zu kennen. Und selbst wenn sie vielleicht die Fakten kennen, wollen sie die Realität nicht sehen."

Es ist das erste Mal, dass so eine Abschuss-Erlaubnis in den USA unter den Hammer gekommen ist. Bislang wurden sie ausschließlich in Namibia verkauft. Nach Angaben des DSC sollen die gesamten Einnahmen in den Schutz der Nashörner fließen.

Foto: Ein Jäger steht im Sonnenlicht einer Savannenlandschaft (Foto: Akash_Kurdekar / CC BY 2.0)
Heftige Debatte: Geld aus der Versteigerung einer Abschusslizenz für ein Spitzmaulnashorn soll in den Schutz der Tiere fließen.Bild: Akash_Kurdekar / CC BY 2.0

"Ihr alle verdient zu sterben"

Schon als Carter die Versteigerung im Oktober 2013 angekündigt hatte, gingen erste Drohungen bei seinem Verein ein, erzählt er. Einige waren eher allgemein - "Ihr alle verdient zu sterben.” - während andere mehr ins Detail gingen: "Ihr Untermenschen, ihr Rednecks, jetzt habt ihr etwas, um euch Sorgen zu machen! Für jedes Nashorn, das ihr schießt, werden wir zehn eurer Mitglieder töten oder, wenn wir nicht an sie herankommen, ihre Familien. Wir wissen, wer ihr seid."

Ein lokaler Nachrichtensender in Dallas hatte berichtet, dass der Erlös der Jäger-Auktion dem "Save the Rhino Trust" (SRT), einer Nichtregierungsorganisation, zugute kommen würde. Die NGO ist weithin für ihre jahrzehntelangen, erfolgreichen Bemühungen um den Erhalt der Spitzmaulnashörner in Namibia bekannt.

Die Geschichte fand viele Abnehmer in den gesamten Vereinigten Staaten und sorgte sehr bald für bösartige E-Mails auch in Namibia - im Posteingang von SRT-Chefin Marcia Fargnoli: "Ich habe Hunderte von Hass-Mails von Fremden bekommen, die mich eine Nashorn-Mörderin nennen", sagt sie. "Das hat mir das Herz gebrochen. Ich arbeite jeden Tag, jede Nacht und jedes Wochenende und ich tue mein Bestes, um die Tiere zu retten. Und es bringt mich jedes Mal um, wenn ich wieder von einem Wilderei-Opfer höre. Es hat mir den Rest gegeben, persönlich von Menschen angegriffen zu werden, die keine Ahnung von den Tatsachen hatten."

Foto: Nashornkopf an einer Wand (Foto: Akash_Kurdekar / CC BY 2.0)
Das Ziel der Jäger: Ein Trophäe an der WandBild: Stevan Sheets / CC BY 2.0

Der Fehler steckt im Detail

Ihre Kritiker konnten es auch nicht besser wissen, denn der News-Kanal aus Dallas hatte einen grundlegenden Fehler gemacht: Der Erlös der Auktion geht nicht an den Save the Rhino Trust, sondern den “Game Products Trust Fund” (GPTF) - ein Fonds der namibischen Regierung, der Geld für den Artenschutz aus dem Verkauf von Tierprodukten und den Einnahmen aus Nationalparkgebühren bereit stellt. Das beide Einrichtungen das Wort “Trust” im Namen tragen, führte zur Verwirrung.

Doch der SRT - auch wenn er mit Wildtieren zu tun hat und das Wort “Trust” im Namen führt - hat rein gar nichts mit der Auktion oder der Jagd auf Nashörner zu schaffen. Die einzige Verbindung zum Regierungsfonds ist, dass er die Organisation einmal beim Erwerb eines Fahrzeugs unterstützt hat - lange vor der Kontroverse um die US-Auktion.

Vollends verwirrend wird es, weil auch noch eine britische Organisation im Spiel ist, die sich ebenfalls SRT abkürzt, aber Save the Rhino International heißt. Diese Organisation spendet Geld an den Save the Rhino Trust. Die Briten hatten eine Erklärung veröffentlicht, die die Trophäenjagd als Finanzierungs-Modell für den Erhalt von Nashörnern zu unterstützen schien. Das führte zu noch größerem Aufruhr gerade unter Leuten, die es für falsch hielten, dass reiche Amerikaner Rhinos töten dürften, um die Art zu retten.

Inwieweit helfen Jäger?

Ein Pro-Argument der Jäger ist oft der erfolgreiche Schutz des Breitmaulnashorns in Südafrika. Auch hier kam Geld aus der Trophäenjagd zum Einsatz. Vor etwa einem Jahrhundert gab es nur noch weniger als 50 Tiere. Daran änderte sich wenig, bis 1968 damit begonnen wurde, Genehmigungen für den Abschuss von Nashörnern zu vergeben, die zu alt waren, um sich fortzupflanzen. Die Erlöse aus dem Verkauf wurden in den Erhalt der Art investiert. Die Zahl der Nashörner stieg - auch, weil private Züchter begannen, sich zu beteiligen. Ihr Anreiz war die Aussicht auf satte Gewinne durch Einnahmen aus Abschussgebühren. Heute gibt es etwa 20.000 Breitmaulnashörner, trotz teils massiver Wilderei in den vergangenen Jahren.

Der Dallas Safari Club erwartet nun ähnliches. Die Veranstalter sagen, dass die Versteigerung der Abschusslizenz positiv für die Nashörner sein wird, weil nur ein sorgfältig ausgewähltes, altes, nicht mehr fortpflanzungsfähiges Männchen erlegt werden darf. Nur der Abschuss eines jungen, fruchtbaren Männchen würde den Fortbestand der Herde gefährden. Namibia darf, gestützt durch internationale Vereinbarungen, fünf Spitzmaulnashörner pro Jahr jagen. Das sei zu wenig um der Population zu schaden, sagt die Regierung. Außerdem könne man durch die Einnahmen aus der Trophäenjagd die extrem teuren Anti-Wilderer-Patrouillen bezahlen.

Naturschützer halten dagegen, dass die Vorteile der Trophäenjagd ganz und gar nicht klar sind. Außerdem sende so eine Jagd eine falsche Botschaft in Richtung der Verbraucher in Asien, die Nashorn nachfragten und nun der Meinung sein könnten, das Töten von Nashörnern wäre in Ordnung.

Foto: Mitglieder des “Save the Rhino Trust” bei der Arbeit in Namibia (Foto: Michael Altenhenne)
“Save the Rhino Trust” sagt: “Lebendige Nashörner haben einen größeren Wert als tote.”Bild: Michael Altenhenne

Blutgeld

Mehr noch: Die Jagd auf Nashörner würde die Koffer des namibischen Schutz-Fonds zwar mit Geld füllen, doch gleichzeitig können nicht mehr die Organisationen darauf zugreifen, die den Schutz wohl am effizientesten bewerkstelligen würden - wie etwa der namibische SRT. Die Begründung ist einfach: Die Kernphiliospohie des SRT ist sei jeher, dass lebendige Nashörner einen größeren Wert haben, als tote. Wenn die Organisation also “Blutgeld” aus der Nashornjagd, nach einer solchen Auktion annehmen würde, dann würden sie sich selbst den Kritikern im Internet und damit der gesamten Öffentlichkeit ans Messer liefern. Darum so Marcia Fargnoli, brauche der SRT gerade jetzt “mehr Unterstützung von den Menschen, die Nashörnern auf unserem Planeten erhalten wollen. Schließlich bleibt es wahr, dass Tiere nur vor der Ausrottung bewahrt werden können, wenn Menschen beginnen, Zeit und Geld in ihren Schutz zu investieren.”