Nachfolger für Angolas Langzeitherrscher
3. Februar 2017Unter Afrikas dienstältesten Staatschefs ist er die Nummer zwei: Nur Teodoro Obiang Nguema aus Äquatorial-Guinea ist noch länger im Amt als José Edouardo dos Santos. Seit dem 20. September 1979 ist der Präsident Angolas. Vor ihm hatte Angola erst einen anderen Präsidenten: Agostinho Neto, unter dem das Land 1975 von Portugal unabhängig wurde.
Doch die gesundheitlichen Probleme von dos Santos waren in den vergangenen Jahren nicht zu übersehen. Seine öffentlichen Auftritte wurden seltener, seine Reden kürzer, die Urlaube in Barcelona länger. Dort in Spanien soll dos Santos sich immer wieder längeren medizinischen Behandlungen unterzog haben. Gerüchte, er sei amtsmüde, wurden in den vergangenen Monaten lauter.
Keine Nachfolge innerhalb der Familie dos Santos
Seit Jahren spekulierten die Angolaner wild darüber, wen er und das Zentralkomitee der Regierungspartei MPLA als Nachfolger aussuchen würden. Viele rechneten mit einer "dynastischen" Lösung aus dem Familienkreis. Den Präsidenten-Sohn José Filomeno dos Santos hat sein Vater als Manager des nationalen Erdölfonds in prominente Stellung gebracht. Die Präsidenten-Tochter Isabel dos Santos agiert als Verwaltungsratschefin der staatlichen Erdölfirma Sonangol. Und auch dem Vize-Präsidenten Manuel Vicente wurden aufgrund seiner engen Beziehungen zur Familie dos Santos gute Chancen nachgesagt.
Doch nun soll Verteidigungsminister João Lourenço Spitzenkandidat bei den nächsten Wahlen werden. Eine Überraschung für viele. Aber gleichzeitig zeigt diese Personalentscheidung Kontinuität und stellt das bisherige System unter dos Santos nicht in Frage: Auch vorher nahmen zahlreiche Generäle großen politischen Einfluss in Angola.
Der angolanische Aktivist und Oppositionelle Nuno Dala sieht die Ernennung kritisch: "Die Macht in Angola bleibt mit dieser Entscheidung weiterhin in der Hand der Militärs, da João Lourenço ein General ist." Dala hat selbst erlebt, was es bedeutet in Angola gegen die Herrschenden aufzubegehren. Bis Juni 2016 saß er wegen angeblicher Putschpläne zusammen mit 16 anderen Oppositionellen über ein Jahr im Gefängnis.
Karriere mit viel Militär
João Lourenço wurde 1954 in Benguela in Süd-Angola geboren. Wer seinen Lebenslauf studiert, stößt auf zahlreiche militärische Einträge: Ursprünglich wurde er als Artillerie-Soldat ausgebildet, dann war er als Politkommissar für die politische Erziehung der angolanischen Soldaten zuständig. Von 1978 bis 1982 erhielt er in der damaligen Sowjetunion Militärtraining und studierte dort Geschichtswissenschaften.
Politische Karriere machte der mit dem Rang eines Generals ausgestattet Lourenço zuerst als Fraktionschef der MPLA, dann als Vize-Präsident des Parlamentes; aktuell ist er Verteidigungsminister.
Kandidat ohne Korruptionsvorwürfe
Organisationen wie Transparency International werfen der Familie des aktuellen Präsidenten dos Santos vor, ihr milliardenschwerer Reichtum stamme aus korrupten Quellen. Gegen João Lourenço gibt es keine ähnlichen Klagen. Er gilt als einer der wenigen Spitzenpolitiker und Generäle Angolas, von denen bisher keine gravierenden Korruptionsfälle bekannt geworden sind.
"Das ist sicher ein Vorteil für ihn, denn so hat man ein Gefühl oder sogar eine gewisse Sicherheit, dass der neue Präsident vielleicht eine weniger korrupte Regierung aufbauen wird", sagt der Aktivist Nuno Dala. "Das bedeutet aber noch lange nicht das Ende der Korruption in Angola."
William Tonet, Herausgeber der Zeitung "Folha 8" und einer der bekanntesten Journalisten Angolas, erwartet dagegen keine großen Veränderungen: "Er gehört zu denjenigen, die stets dabei waren und aus Angst oder weil sie selbst kompromittiert waren nichts unternommen haben. So wird sich nichts ändern."
Wandel wie in Gambia?
Im August sollen die Präsidentenwahlen stattfinden. Seit einer Verfassungsänderung aus dem Jahr 2010 wählen die Angolaner ihren Präsidenten nicht mehr direkt. Staatschef wird automatisch der Spitzenkandidat der Partei, die bei den Parlamentswahlen die meisten Stimmen erhält. Bei den vergangenen Wahlen 2012 sicherte sich die MPLA 71,9 % der Stimmen. Allerdings gab es Vorwürfe internationaler Beobachter, bei den Wahlen sei die Opposition benachteiligt worden.
Könnte die Opposition die MPLA von der Macht verdrängen, ähnlich wie es Anfang Dezember in Gambia geschehen ist? "Das scheint mir nicht im Rahmen des Möglichen zu liegen. Natürlich ist prinzipiell alles möglich, sofern es einen Willen und die Notwendigkeit für einen grundsätzlichen Wandel gibt", sagt der Politikwissenschaftler Eugénio Costa Almeida, der in Lissabon und Luanda lehrt. "Dafür müsste jemand antreten, der diesen Willen zum Wandel auf seine Person vereinigen kann." Die beiden größten Oppositionsparteien Angolas, UNITA und CASA-CE, sind aber seit langem zerstritten.
Mitarbeit: Manuel Luamba (Luanda), Guilherme Correia da Silva