Großmächte in Sorge um den Südsudan
23. April 2014"Wir sind entsetzt über die Berichte aus Südsudan, dass mit Rebellenführer Riek Machar verbündete Kämpfer hunderte unschuldige Zivilisten massakriert haben", beklagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Die Bilder und Berichte über den Angriff in der Stadt Bentiu in der vergangenen Woche hätten alle geschockt.
Auch China verurteilt die Gewalt im Südsudan. Die Regierung in Peking ermahne alle Seiten in dem Land, "einschließlich der Opposition und der Regierung, den politischen Dialog fortzusetzen", um so schnell wie möglich "Versöhnung, Frieden und Entwicklung zu erreichen", sagte der Sprecher des Außenministeriums Qin Gang. China ist der größte Investor in der südsudanesischen Ölindustrie und spielt daher eine ungewöhnlich aktive diplomatische Rolle in dem Land.
Der Menschenrechtsbeauftagte der deutschen Bundesregierung, Christoph Strässer, sprach sich nach einem Besuch in der Region für eine Ausweitung der Bundeswehr-Mission aus, falls die Vereinten Nationen mehr Hilfe benötigten.
Rebellen beschuldigen Regierung
Nach UN-Angaben hatten Anhänger von Ex-Vizepräsident Riek Machar nach der Wiedereroberung der Stadt Bentiu in der vergangenen Woche hunderte Menschen anderer Stämme getötet. Allein bei einem Angriff auf die größte Moschee seien 200 Zivilisten getötet und mehr als 400 weitere verletzt worden, teilte die UN-Friedensmission im Südsudan (UNMISS) Anfang der Woche mit. Die Rebellen machten laut UN-Angaben zwei Tage lang gezielt Jagd auf Menschen, die sie für ihre Gegner hielten. Die Vereinten Nationen sind mit rund 8500 Blauhelmsoldaten im Südsudan vertreten.
Während die UNMISS Anhänger Machars für die Massaker verantwortlich machte, wiesen die Rebellen die Vorwürfe zurück. Es handle sich um "grundlose Anschuldigungen", die "von unseren Feinden" erhoben worden seien, erklärten die Rebellen am Dienstag. Die Regierungstruppen seien "voll für die systematische Tötung von südsudanesischen Zivilisten und von Ausländern in Bentiu verantwortlich".
Hilfsorganisation warnt vor Zerfall des Südsudan
Claudia Waring von der Hilfsorganisation "Brot für die Welt" warf der internationalen Gemeinschaft Versäumnisse vor. Man habe sich zwar auf die Verhütung eines möglichen Konflikts mit dem einstigen Mutterland Sudan konzentriert, die Spannungen im Südsudan selbst aber zu lange ignoriert. Die Versöhnung sei vernachlässigt worden. Als Ursachen des Konflikts nannte Warning Patronage, die Häufung von Waffen im Land, die Perspektivlosigkeit junger Männer und die Ungleichverteilung des Reichtums.
Das Hilfswerk Misereor warnte vor einem Zerfall des weltweit jüngsten Staats. "Wenn die Kämpfe weitergehen, werden die Errungenschaften der vergangenen Jahre vernichtet werden", sagte Südsudan-Referentin Cora Laes-Fettback am Mittwoch in Aachen. Seit Ende des Bürgerkrieges habe die Regierung eine Verwaltung aufgebaut, Schulen sowie Krankenhäuser errichtet und die Wasserversorgung verbessert. All das sei nun durch die Kämpfe gefährdet.
Im Südsudan war Mitte Dezember ein schwelender Machtkampf zwischen Präsident Salva Kiir und dem im Jahr 2013 entmachteten Machar eskaliert. Die beiden Politiker gehören unterschiedlichen Ethnien an, deren Verhältnis untereinander seit Jahren gespannt ist. Seit Beginn des bewaffneten Konflikts in dem erst im Jahr 2011 gegründeten afrikanischen Staat wurden tausende Menschen getötet. Etwa 900.000 Zivilisten sind auf der Flucht.
cr/SC (afp, rtr, dpa, epd, kna, ARD)