Leise Hoffnung auf Frieden
5. November 2013Wo Monate der Verhandlungen keine Ergebnisse brachten, hat die kongolesische Armee nun Fakten geschaffen: Am Dienstag (05.11.2013) erklärten die Rebellen der Bewegung des 23. März (M23) ihre Niederlage. In der Nacht zum Dienstag hatte die kongolesische Regierungsarmee (FARDC) die letzten Posten der M23 zwischen Runyonyi und Chanzu in der Provinz Nordkivu eingenommen. Die Rebellen erklärten sich daraufhin bereit, ihre Waffen niederzulegen und eine politische Lösung in dem Konflikt anzustreben. Damit ist die 18 Monate währende Offensive der Miliz - zumindest vorerst - beendet.
Etappensieg für die kongolesische Regierung
Die M23-Bewegung, die der ruandischstämmigen Volksgruppe der Tutsi im Kongo nahe steht, ist inzwischen enorm geschwächt. Dabei hatte sie noch im November 2012 für kurze Zeit die ostkongolesische Millionenstadt Goma in ihre Gewalt gebracht. Die Vereinten Nationen (UN) und die USA haben in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen, dass die M23 militärische und finanzielle Unterstützung von Kongos kleinem Nachbarland Ruanda erhalte.
Die kongolesischen Regierungstruppen hatten im Oktober eine militärische Offensive gegen die M23-Rebellen gestartet - unterstützt von der Eingreiftruppe der UN-Friedensmission im Kongo (MONUSCO). Nachdem die Armee die letzten M23-Kämpfer in der Nacht zum Dienstag zur Aufgabe gezwungen hatte, gab sich Armeesprecher Olivier Hamuli gegenüber der DW optimistisch. Nach dem Sieg über die M23 werde man mit ganzer Kraft gegen weitere Rebellengruppen in der Region vorgehen, sagte er - "ganz gleich, ob es sich um kongolesische oder ausländische Gruppen handelt." Die nächste Etappe sei der Kampf gegen die Hutu-Rebellen der Demokratischen Kräfte für die Befreiung Ruandas (FDLR). "Wir werden sie entwaffnen, wie wir es mit der M23 gemacht haben", so Hamuli.
Auch die von Tutsi dominierte M23 hatte sich den Kampf gegen die FDLR zum Ziel gemacht. Die Miliz war vor Jahren von mutmaßlichen Drahtziehern des Völkermords in Ruanda 1994 gegründet worden. In der Vergangenheit hatte Ruanda dem großen Nachbarland Kongo mehrfach sein mangelndes Vorgehen gegen die FDLR vorgeworfen - und gedroht, das Problem selbst in die Hand zu nehmen. Dass Kinshasa nun gegen die FDLR vorgehen will, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Regierung zumindest in diesem Punkt der Rebellen entgegenkommt.
Politische Einigung steht aus
Trotzdem bleibt die Kapitulation der M23 eine wacklige Angelegenheit. Politisch hat es noch keine substantielle Einigung zwischen beiden Seiten gegeben. Ein Friedensvertrag soll offenbar Ende dieser Woche in Kampala, der Hauptstadt des Nachbarlands Uganda, unterzeichnet werden. Seit einem knappen Jahr hatte dort die kongolesische Regierung mit der M23-Miliz verhandelt. Doch immer wieder waren die Gespräche ins Stocken geraten. Zuletzt hatte Kinshasa allen M23-Kämpfern im Falle einer Kapitulation Straffreiheit zugesagt. "Der Frieden kann nur von Dauer sein, wenn sich die Regierung jetzt an alle bisher ausgehandelten Punkte hält", warnt nun der ugandische Ökonom und Journalist Ali Mutasa im Gespräch mit der DW.
Mutasa befürchtet, dass die Regierung nach ihrem militärischen Sieg über die Rebellen das ausgehandelte Paket wieder aufschnüren könnte. Anzeichen hierfür gibt es bereits: So verkündete Regierungssprecher Lambert Mende am Dienstag, die Regierung werde an den Verhandlungstisch zurückkehren, doch die Gespräche in Kampala würden nun "eine andere Richtung einschlagen". Was das genau heißt, ließ er offen. In den Augen von Beobachter Mutasa wäre das fatal: "Auch, wenn die Kämpfe vorbei sind: Die M23 sind bereit, zu den Waffen zurückzukehren, wenn sich die Regierung nicht an ihre Zusagen hält."
Auch der Leiter der UN-Mission MONUSCO, der deutsche Diplomat Martin Kobler, zeigte sich am Dienstag zurückhaltend. "Ich appelliere an alle bewaffneten Gruppen, auch an die FDLR, keinen Profit aus der unsicheren Sicherheitslage zu ziehen." Gegen alle Versuche in diese Richtung werde die UN-Mission entschieden vorgehen, so Kobler.
Größtes Opfer: die Zivilbevölkerung
Dem Sieg über die M23-Rebellen waren schwere Kämpfe vorausgegangen. Leidtragende seien die Bewohner der Region, sagt Lucy Beck vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). Seit Beginn der M23-Rebellion im Frühjahr 2012 seien 800.000 Menschen geflohen. Allein in den vergangenen zwei Wochen hätten rund 19.000 Menschen im benachbarten Uganda Schutz gesucht. Viele hätten Tage lang ohne Trinkwasser auskommen müssen - und oft Schreckliches mitgemacht: "Ein Mann, mit dem ich sprach, berichtete von fünf oder sechs Bekannten, die auf dem Weg zur Grenze getötet wurden", so die UNHCR-Mitarbeiterin.
Ob die Flüchtlinge nach der Niederlage der M23-Rebellen allmählich wieder aufatmen können, hängt nun wesentlich davon ab, ob sich die kongolesische Regierung und die Miliz auf eine dauerhafte politische Lösung einigen können.