Konzertabsagen und Ratlosigkeit
16. November 2015So mancher Konzertbesucher betritt in diesen Tagen mit einem mulmigen Gefühl die Räumlichkeiten der noch stattfindenden Konzerte. Der deutsche Konzertveranstalter Marek Lieberberg, der auch die von den Anschlägen betroffene Heavy Metal Band "Eagles of Death Metal" betreut, hat alle Konzerte der Band bis auf Weiteres abgesagt. Sie wollten am 17.11. in Köln, zwei Tage später in München (19.11.2015) und dann in Bremen (22.11.2015) auftreten. Die Konzerte fallen ersatzlos aus, die Tickets werden zurückerstattet, sagte der Veranstalter.
Trotzdem hält Lieberberg solche Absagen nicht für den richtigen Weg. Er erinnerte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa an die Parallelen zum terroristischen Anschlag vom 11. September 2001 in den USA. Damals hatte er als Veranstalter zusammen mit der Band Depeche Mode entschieden, ihr Konzert noch am selben Abend stattfinden zu lassen: "Das war ein trauriger Abend. Auf der anderen Seite hat es demonstriert, dass wir uns die Freiheit, die unser Leben auszeichnet, nicht nehmen lassen."
Musikclub Bataclan wird wieder eröffnet
Auch der Betreiber des Pariser Musikclubs Bataclan sieht nur in der Wiedereröffnung der Konzerthalle eine adäquate Antwort auf den Terror der Islamisten. "Das Bataclan wird wieder öffnen", sagte Dominique Revert in einem Interview des französischen TV-Senders Canal+. "Es wäre eine Kapitulation, würden wir das nicht tun", zitierte der Sender ihn weiter.
Im Bataclan wurden mehr als 90 Menschen getötet, als während des Konzertes der "Eagles of Death Metal" ein IS-Terrorkommando den Saal stürmte und gezielt Menschen erschoss. Auch Bomben wurden mitten im Raum gezündet. Mehrere Crew-Mitglieder der Band galten bis zum Wochenende als vermisst und wurden unter den Verletzten vermutet. Ein Crew-Mitglied ist beim Anschlag ums Leben gekommen. Bis heute versammeln sich hunderte von Menschen vor dem Bataclan, legen dort Blumen nieder und zünden Kerzen an.
Starke Betroffenheit bei Musikern
Zahlreiche französische Künstler bekundeten nach den Anschlägen in Paris ihre Solidarität mit den Opfern. Der französische Sänger Johnny Hallyday sagte sein Konzert am Samstag in Straßburg allerdings nicht ab. Stattdessen rief er seine Fans mit einer Schweigeminute auf innezuhalten: "Es ist wichtig, dass die Zeit nicht stehen bleibt und dass Frankreich jenes schöne Land bleibt, das wir alle so lieben. Es lebe Frankreich!"
Andere französische Künstler haben ähnlich reagiert, unter anderem Amel Bent und Omar Sy. Die Beileidsbekundungen in den sozialen Netzwerken nehmen kein Ende. Der französische Rapper Nekfeu postete: "Ich denke besonders an diejenigen, die von den Anschlägen betroffen sind. Das tut einem im Herzen weh." Auch seine Rapper-Kollegen Youssoupha, Booba und La Fouine brachten ihre Solidarität mit den Opfern im Netz zum Ausdruck.
Zahlreiche Konzerte finden nicht statt
Die britische Heavy-Metal-Band "Motörhead" sagte ihr für Sonntag geplantes Konzert in der französischen Hauptstadt ab: "Wegen der schlimmen Situation, die unsere Brüder und Schwestern in Paris momentan durchleben, müssen wir unseren Gig auf Januar 2016 verschieben", schreiben die Musiker auf ihrer Facebook-Seite als Erklärung. Ihren Post schickten sie in den französischen Nationalfarben in die Netzwelt.
Das britische Pop-Trio Years&Years strich kurzfristig ihren in Paris geplanten Auftritt. "Unsere Liebe und Gedanken sind bei den Familien und Menschen, die betroffen sind. Wir hoffen, unsere Fans und jeder in Frankreich ist sicher und bleibt stark", teilten sie ihrer Fangemeinde über Facebook mit.
Auch die irische Rock-Band U2 hat sämtliche Konzerte in Frankreich vorerst abgesagt. "Mit Fassungslosigkeit haben wir die sich entwickelnden Ereignisse in Paris verfolgt", ließen sie die Fans auf ihrer Internetseite wissen. "Wir sind am Boden zerstört angesichts der Toten." Die Band sei aber entschlossen, die Konzerte bald nachzuholen. Während der drei Tage Staatstrauer wurden alle Konzerte und Kulturveranstaltungen von den französischen Behörden abgesagt.
Mehr Security bei großen Kulturevents
Die US-Rockband "Foo Fighters" hat sogar ihre Europatournee wegen der Mordanschläge abgebrochen. Ursprünglich wollten sie nach einem Konzert in Turin an diesem Montag in der französischen Hauptstadt und anschließend in Lyon und Barcelona spielen. "Im Lichte dieser sinnlosen Gewalt, der Schließung von Grenzen, der internationalen Trauer, können wir jetzt nicht weitermachen", schreiben sie auf ihrer Webseite. "Unsere Gedanken und Gebete sind bei jedem, der verletzt wurde oder einen Lieben verloren hat."
Popstar Madonna teilte über Facebook mit, auch sie habe kurz darüber nachgedacht, ob sie ihre geplanten Konzerte absagen solle. Aber sie habe sich anders entschieden: "Diese Leute (die Terroristen) wollen uns zum Schweigen bringen. Und wir werden sie nicht lassen", sagte sie am Samstag unter dem Jubel tausender Fans bei ihrem Konzert in Stockholm. "Es gibt niemanden auf der Welt, der das Recht hat, uns davon abzuhalten, das zu tun, was wir lieben."
Auch die Filmbranche reagiert auf die Terroranschläge von Paris. Die groß angesetzte Premiere des Kinofilms der "Tribute von Panem" in Los Angeles wird aus Sicherheitsgrünen in kleinerem Rahmen stattfinden. Es werde keine Interviews am Roten Teppich geben, erklärte das Filmstudio Lionsgate in Interviews mit mehreren US-Medien. Die Kinopremiere von Stephen Spielbergs neuestem Film "Bridges of Spies" in Paris wurde dagegen komplett gestrichen.