Automesse in Detroit
12. Januar 2010Das Jahr 2009 stand für die Autoindustrie in den USA unter einem schlechten Stern. Zwei der drei großen amerikanischen Autofirmen konnten sich nur mit staatlicher Hilfe über Wasser halten, der Absatzmarkt für Autos insgesamt brach um ein Fünftel ein. Lediglich im letzten Monat des vergangenen Jahres zog der Absatz wieder an. Die Branche aber schaut optimistisch in die Zukunft - je nach Temperament mehr oder weniger vorsichtig. Das spürt man auch auf der wichtigsten Messe des Kontinents, der Automesse in Detroit. Sie öffnet ab Samstag für das Publikum ihre Pforten. Am Montag (11.01.2010) durfte schon mal die Presse in die Hallen.
"Wir sind wieder da" – das ist die zentrale Botschaft in der Cobo Messehalle in Detroit. "Wir glauben, dass die Talsohle durchschritten ist und dass die Branche wieder wachsen wird," sagt Gewerkschaftschef Ron Gettelfinger. Er meint, dass die Arbeiter der amerikanischen Autoindustrie in den letzten Jahren nun erst einmal genug Konzessionen gemacht haben.
Deutsche in Detroit
Wirtschaftskrise hin oder her - die deutschen Autohersteller in Detroit setzen unverdrossen auf Wagen der oberen Preisklasse. Mercedes stellt sein neues Cabrio der E-Klasse vor. Der besondere Clou: Durch einen neuartigen Windabweiser soll auch den Passagieren auf den hinteren Sitzen nicht mehr die Frisur verwehen.
Für 2010 erwarte die Branche zehn Prozent Wachstum für den nordamerikanischen Markt, erklärt Vorstandsmitglied Thomas Weber. Alternative Antriebe bietet Mercedes zum Beispiel beim Smart und der B-Klasse. Für die A-Klasse soll die abgasarme Variante folgen, denn die Hybridtechnik habe Zukunft, sagt Weber. Zwar werde es langsam losgehen, aber die Chancen dieses Antriebskonzepts schätze er sehr hoch ein, "insbesondere in den großen Ballungsregionen der Welt, wo es darum geht, Emissionen und Lärm zu reduzieren."
Bei Audi ist man der Ansicht, dass auch Elektrofahrzeuge vor allem Sexappeal haben müssen, so Vorstandschef Rupert Stadler. Sie müssen gefallen, meint er, denn: "die Technik erwartet man von uns sowieso." Audi stellt in Detroit die sportliche Variante seines Elektroautos, die sogeannte "E-tron" Reihe vor.
Bei BMW wird es im Jahr 2020 drei verschiedenen Antriebsarten geben, sagt BMW Entwicklungschef Klaus Dräger: Autos mit konventionellen Verbrennungsantrieben, Hybridfahrzeuge und Elektrofahrzeuge. Allerdings erwartet er, dass die Elektrofahrzeuge vor allem sehr stark im städtischen Verkehr und bei den Berufspendlern eingesetzt werden. Mit elektrischem Antrieb kann man also künftig auch einen BMW fahren. So präsentieren die Münchner einen Prototypen des "Concept Active E", der im nächsten Jahr in kleiner Stückzahl getestet werden soll. Bei diesem Wagen reicht der Strom nur für 100 Meilen, also etwa 160 Kilometer. Dräger meint, das sei genug. "Wir haben mit unserer Testflotte mit 600 MINI E bereits sehr viele Erfahrungen gesammelt und wir stellen fest, dass die Kunden mit der Reichweite von 100 Meilen überaus zufrieden sind."
Unterstützung vom Staat nötig
Doch bislang müssen die Kunden für Elektroautos immer noch tief in die Tasche greifen. "Wir sind uns heute darüber im Klaren, dass die Elektrofahrzeuge aufgrund der Batterie nach wie vor einen erheblichen Aufpreis haben werden", sagt Dräger. Und deshalb sei eine staatliche Förderung zumindest in den Anfangsjahren für Elektrofahrzeuge wahrscheinlich unumgänglich.
Auch beim Ausbau der Infrastruktur, die für das Aufladen der Batterie gebraucht wird, hoffen viele Autobauer auf staatliche Unterstützung. Bis dahin empfiehlt sich BMW auf der Messe in Detroit mit dem schnittigen Z4 sDrive35. Der verbraucht den üblichen Kraftstoff und taugt auch für längere Spritztouren.
US-Autobauer wieder da
Von den drei großen amerikanischen Automarken gibt sich Chrysler auf der Messe bescheiden. Der Konzern, der von der US-Regierung vor der Pleite gerettet werden musste, wird inzwischen von Fiat gelenkt. Er stellt zwar seine Modelle aus, hat aber auf eine Pressekonferenz komplett verzichtet. Anders der zweite Autobauer in staatlicher Hand: General Motors schrumpft sich ebenfalls wie Chrysler gesund, präsentiert aber dabei stolz die neuesten Errungenschaften, etwa von Buick oder Chevrolet. Chevy-Geschäftsführer Jim Campbell, gibt sich optimistisch: "In diesem Jahr geht es bei uns vor allem um Wachstum. Was uns dabei hilft ist, dass der Auto-Markt in den USA allgemein wachsen wird, schätzungsweise auf 11,5 Millionen Stück. Dass GM nur noch aus vier Marken bestehen wird statt aus acht, gibt Chevrolet bessere Chancen."
Die amerikanischen Autobauer setzen dabei auf Klein- und Mittelklassewagen. Wenn das Geschäft anzieht, hofft Bob Lutz, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende von General Motors, können auch die Kredite zurückgezahlt werden. "Das dringendste Ziel der Führungskräfte von General Motors ist, den Steuerzahlern das Geld zurückzugeben und dafür zu sorgen, dass die Regierung nicht mehr Eigentümer einer Autofirma ist."
Ford hat diese Probleme nicht. Als einziger der Großen Drei konnte man auf die staatlichen Hilfen verzichten und ist deswegen so etwas wie der Darling der Branche. Jüngster Beweis: Der Preis für den Truck und das Auto des Jahres in Nordamerika gingen beide am Montag an Ford.
Autorin: Christina Bergman
Redaktion: Insa Wrede