Nach "D-Day"-Papier: FDP bekommt neuen Generalsekretär
1. Dezember 2024In drei Monaten soll die vorgezogene Bundestagswahl stattfinden. Dabei könnte es für Deutschlands Liberale eng werden. Die FDP, bis zum Regierungsbruch Anfang November Teil der sogenannten Ampelkoalition mit SPD und Grünen, steht in Umfragen nicht gut da. Der Wiedereinzug in den Bundestag ist gar gefährdet.
Und ausgerechnet in dieser Zeit ist den Freien Demokraten auch noch der wichtigste Wahlkampfmanager abhandengekommen: Generalsekretär Bijan Djir-Sarai trat am Freitag zurück im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden eines umstrittenen FDP-Strategiepapiers. Er übernehme die politische Verantwortung, sagte Djir-Sarai in einem äußerst knappen Statement zur Begründung, "um Schaden von meiner Glaubwürdigkeit und der der FDP abzuwenden."
Doch schon zwei Tage später steht nun dessen prominenter Nachfolger fest. Ex-Bundesjustizminister Marco Buschmann soll nächster FDP-Generalsekretär werden und die Partei erfolgreich durch den Wahlkampf lotsen.
Lob von Lindner
Buschmann ließ auf seinem Social-Media-Kanal verlauten, Parteichef Christian Lindner habe ihn gebeten, in schwieriger Lage den vakanten Posten zu übernehmen. "Ich werde meine gesamte Kraft in die Aufgabe investieren." Deutschland brauche "eine Partei für Freiheit und Verantwortung, Leistung und Marktwirtschaft".
Marco Buschmann sei nicht nur ein sehr anerkannter Justizminister, so Lindner, sondern zuvor auch ein höchst erfolgreicher Parteimanager gewesen: "Ich bin erleichtert, dass er sich bereit erklärt hat, eines der schwierigsten Ämter in einem der härtesten Wahlkämpfe der letzten siebzig Jahre zu übernehmen", sagte der FDP-Parteichef der Zeitung "Rheinische Post".
Umstrittenes Papier löst Beben in Partei aus
Die FDP steckt tief in der Krise: Neben Generalsekretär Djir-Sarai war am Freitag auch Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann zurückgetreten, ein früherer Büroleiter Lindners. Grund war das sogenannte "D-Day"-Papier, das irgendwo in der FDP-Zentrale in Berlin entstanden sein soll - angeblich ohne Kenntnis der Parteiführung.
Es enthält ein detailliertes Szenario für ein Ausscheiden der Freien Demokraten aus der von ihnen ungeliebten Koalition mit SPD und Grünen. Darin wird der mögliche Ausstieg der FDP aus der Ampel mit militärischen Begriffen wie "D-Day" und "offener Feldschlacht" beschrieben. Das Papier löste auch innerparteilich heftige Kritik aus.
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP zerbrach am 6. November nach einem erbitterten Streit um den Kurs in der Haushalts- und Wirtschaftspolitik. Kanzler Olaf Scholz (SPD) feuerte seinen Finanzminister Lindner und kam damit dem Ausstieg der Liberalen zuvor. Seitdem wird der FDP-Führung vorgeworfen, den Bruch über Monate vorbereitet und systematisch betrieben zu haben.
Lindner hatte zum jetzt bekannt gewordenen "D-Day"-Arbeitspapier seiner Partei gesagt, dieses sei nie in politischen Gremien besprochen worden, und er habe davon keine Kenntnis gehabt. Den Mitarbeitern, die das Papier entworfen hätten, mache er keinen Vorwurf. "Ich trage die Gesamtverantwortung für die FDP, und zu der bekenne ich mich auch", sagte Lindner dem Ersten Deutschen Fernsehen (ARD).
Buschmann kennt Parteizentrale gut
Der neue auf dem Generalsekretärsposten kennt die FDP-Parteizentrale gut. Der 47-jährige Marco Buschmann gilt als enger Vertrauter Lindners. Geboren in der westdeutschen Stadt Gelsenkirchen war von 2014 bis 2017 Bundesgeschäftsführer der FDP, zuvor von 2012 bis 2014 Generalsekretär der FDP im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Von Ende 2021 bis zum Bruch der Ampel-Koalition war Buschmann Bundesjustizminister.
Aktuell steht die Partei in den Umfragen bei 3 bis 5 Prozent und damit meilenweit von den 11,5 Prozent bei der Bundestagswahl 2021 entfernt. Die Wahlchancen der Liberalen dürften sich durch die Turbulenzen der vergangenen Tage nicht verbessert haben.
AR/haz (dpa, afp, rtr)