Nach Brand: Boeings am Boden
22. Februar 2021Nach Angaben von Boeing sollen weltweit 128 Flugzeuge des Typs Boeing 777 mit den Triebwerken PW4000-112 von Pratt & Whitney vorerst am Boden bleiben, bis der Vorfall vom Wochenende aufgeklärt ist.
Am Samstag hatte eine Maschine des Typs Boeing 777-200 der US-Fluggesellschaft United Airlines auf dem Flughafen von Denver im Bundesstaat Colorado notlanden müssen, nachdem das rechte Triebwerk Feuer gefangen hatte und ausgefallen war (Artikelbild). Zuvor waren Trümmerteile in Wohngebiete gestürzt. Es wurde niemand verletzt.
Ältere Modelle betroffen
Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA kündigte umgehend eine Überprüfung der Flugtauglichkeit aller Boeing 777 mit den Triebwerken PW4000 an. Erst vor kurzem hatte das jüngere Boeing-Modell 737 Max wieder die Flugzulassung erhalten, nachdem zwei Maschinen dieses Typs in den Jahren 2018 und 2019 abgestürzt waren und ein weltweites Flugverbot verhängt worden war.
Eine erste Überprüfung des Triebwerksausfalls zeige, "dass die Inspektionsintervalle für die hohlen Lüfterflügel erhöht werden sollten, die einzigartig für dieses Triebwerksmodell sind und nur beim Typ 777 verbaut werden", erklärte FAA-Chef Steve Dickson. Zwei Lüfterflügel seien gebrochen und Verkleidungsteile hätten sich gelöst. Die betroffenen Jets 777-200 und 777-300 sind ältere Modelle, die bei vielen Airlines schon ausgemustert sind.
Nach Angaben von Boeing sind von den 128 Flugzeugen, die vorerst am Boden bleiben sollen, derzeit 69 Maschinen im Dienst und weitere 59 eingelagert.
Vorfall in Japan
United Airline ist laut FAA die einzige US-Fluggesellschaft, die diesen Flugzeugtyp einsetzt, andere Betreiber sind in Japan und Südkorea. United teilte mit, umgehend 56 Maschinen stillgelegt zu haben.
In Japan wies das Verkehrsministerium die Gesellschaften Japan Airlines (JAL) und die Lufthansa-Partner-Airline ANA an, ihre 13 beziehungsweise 19 Flugzeuge dieses Typs außer Betrieb zu nehmen. Anfang Dezember musste nach Angaben des Ministeriums eine 777 von JAL wegen Problemen des linken Triebwerks umkehren. Auch in diesem Fall waren Lüfterflügel zerbrochen.
In Südkorea erklärte die Fluggesellschaft Korean Air, ihre sechs derzeit eingesetzten Flieger dieses Typs blieben derzeit am Boden, zehn weitere seien bereits vorübergehend stillgelegt. Asiana, die zweitgrößte Airline des Landes, teilte mit, seine derzeit sieben einsatzfähigen Maschinen dieses Typs vorerst nicht zu fliegen.
Flugverbot in Großbritannien
Großbritannien verbot allen 777-Jets mit dem Pratt & Whitney-Triebwerkstyp die Benutzung seines Luftraums. Dies teilten Verkehrsminister Grant Shapps und
die Luftfahrtbehörde CAA mit. Britische Fluggesellschaften seien davon aber nicht betroffen, hieß es. In der EU sind nach Auskunft der Flugaufsicht Easa keine Flieger mit
dem strittigen Triebwerk in Betrieb - und zwar weder Maschinen, die
in der Union registriert sind, noch Maschinen aus Drittstaaten.
Von bisher mehr als 1600 gebauten Boeing 777 sind weniger als zehn Prozent mit dem betroffenen Triebwerkstyp ausgestattet. Auch die Lufthansa-Gruppe hat 777-Maschinen. Wie Aerotelegraph berichtet, ist aber keines davon mit dem betroffenen Triebwerken von Pratt & Whitney ausgerüstet.
sti/bea/hb (reuters, ap, afp)