Maskenaffäre hat Konsequenzen
8. März 2021Der innerparteiliche Druck muss enorm gewesen sein. Er hat jedenfalls gewirkt. Am Montag traten die Hauptakteure in der Affäre um Politikergeschäfte mit Corona-Masken, der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein aus dem Wahlkreis Neu-Ulm und der Mannheimer CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel, aus ihren Parteien aus.
Gegen Nüßlein ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Ankauf von Masken. Nüßlein hatte zuerst sein Amt als Vizevorsitzender der Unionsfraktion ruhen lassen. Am Freitag kündigte sein Anwalt dann an, dass sich der 51-Jährige wegen der Korruptionsermittlungen aus der Bundespolitik zurückziehen und bei der Bundestagswahl nicht wieder antreten werde. Seinen Posten in der Fraktion lege er nieder. Nun erklärte er auch den sofortigen Parteiaustritt. Bundestagsabgeordneter will er aber bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben.
Löbel geht noch weiter
Löbel hatte eine Beteiligung an Geschäften mit Corona-Schutzmasken bestätigt. Seine Firma kassierte demnach Provisionen von rund 250.000 Euro für das Vermitteln von Kaufverträgen über Masken zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen in Heidelberg und Mannheim. Der CDU-Politiker hatte sich zunächst aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags zurückgezogen. Am Wochenende kündigte er an, dass er seine Mitgliedschaft in der CDU/CSU-Fraktion sofort beenden, sein Bundestagsmandat Ende August niederlegen und nicht mehr für den nächsten Bundestag kandidieren werde. Unter massivem Druck legte Löbel nun auch sein Bundestagsmandat nieder und trat aus der CDU aus.
Die Parteiführungen von CDU und CSU sowie die Fraktionsspitzen hatten am Wochenende in deutlichen Worten die beiden Abgeordneten aufgerufen, sofort aus dem Bundestag auszuscheiden. "Wer als Volksvertreter versucht, in dieser Krise für sich persönlich Geld zu verdienen, muss das Parlament unverzüglich verlassen", sagte der CDU-Vorsitzende Armin Laschet. Auch Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus forderte, "dass sie beide ihr Bundestagsmandat aufgeben". Im Fall von Nüßlein bekräftigte die CSU nach dem Mandatsverzicht Löbels ihre Forderung. "Ich bin der festen Auffassung, dass ein klarer Schnitt besser ist als ein Verlängern", sagte Parteichef Markus Söder in München. Der Weg Löbels sei der eindeutig bessere.
Rückschlag vor zwei Wahlen
Die Affäre trifft die Union zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Das Superwahljahr 2021 wird schon am Sonntag mit den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz seinen ersten Höhepunkt erleben. Die Union muss in beiden Ländern Niederlagen fürchten. In Stuttgart regiert derzeit ein grün-schwarzes Bündnis unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), in Mainz eine Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen unter Regierungschefin Malu Dreyer (SPD).
Die baden-württembergischen CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann begrüßte den sofortigen Mandatsverzicht von Löbel. Dies sei "die einzig richtige Entscheidung", sagte sie. Mit seinem Verhalten habe er "dem Ansehen der CDU und der parlamentarischen Demokratie insgesamt massiv geschadet". Eisenmann forderte ihn zudem auf, das Geld für einen gemeinnützigen Zweck zu spenden.
In Berlin lautet derweil die Devise: maximale Schadensbegrenzung. Man müsse jetzt "aufräumen" und zwar mit "null Toleranz", ist aus der Unionsfraktion zu hören. Aus der CDU hieß es am Montag, Löbel habe auch auf indirekten Druck Laschets auf sein Mandat verzichtet. Ihm sei aus dessen Umfeld mit einem Parteiausschluss gedroht worden. Dahinter steckt wohl auch die Sorge, dass es noch mehr Fälle geben könnte.
Gefundenes Fressen für Opposition
So schnell werden CDU und CSU das Thema wahrscheinlich nicht los werden. Dafür dürfte schon die Opposition sorgen. Der Vizevorsitzende der Linksfraktion, Fabio De Masi, forderte einen "Sonderermittler des Bundestages". Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla schlug dafür Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) vor und sagte. "Er muss in die Rolle des Sonderermittlers schlüpfen und den gravierenden Vorwürfen auf den Grund gehen." Und FDP-Chef Christian Lindner sprach sich für einen Sonderermittler aus, "der mit besonderen Befugnissen und Akteneinsicht als unabhängige Persönlichkeit hier Transparenz und Klarheit schafft".
Das will allerdings schon Gesundheitsminister Jens Spahn übernehmen. Der CDU-Politiker will die Namen aller Abgeordneten veröffentlichen, die im Zusammenhang mit der Beschaffung von Corona-Schutzmasken gegenüber seinem Ministerium in Erscheinung getreten sind. Allerdings solle diese erst nach Rücksprache mit der Bundestagsverwaltung geschehen, weil Persönlichkeitsrechte von Abgeordneten berührt seien. Die Fraktionen von SPD und FDP sorgten schon einmal vor: Sie schlossen für ihre Abgeordneten derart dubiose Geschäfte aus.
kle/qu (dpa, afp rtr)