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Mutmaßlicher Reker-Attentäter spricht

15. April 2016

Höflich fragte er nach einer Blume, ehe er sein Wild-West-Messer zog. Jetzt hat der mutmaßliche Täter, der die damalige Kölner OB-Kandidatin Henriette Reker lebensgefährlich verletzte, vor Gericht ausgesagt.

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Der Angeklagte im Düsseldorfer Gerichtssaal (Foto: dpa)
Ihm droht lebenslange Haft: Der Angeklagte vor dem Staatsschutzsenat in DüsseldorfBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Er sei kein Nazi, sondern ein "wertkonservativer Rebell" - und "toleranter als mancher andere". Der 44-jährige Frank S., der wegen versuchten Mordes angeklagt ist, präsentiert sich im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts nicht als Täter, sondern als einstiges Opfer.

Der Mann, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, am 17. Oktober mit einem großen Messer die damalige Kölner Oberbürgermeister-Kandidatin Henriette Reker so schwer verletzt zu haben, dass sie von ihrem Wahlsieg erst viel später erfuhr, weil sie im künstlichen Koma lag - dieser Mann zeichnet im Gerichtssaal zunächst das Bild eines Kindes. Er berichtet, dass er als Junge von seinem Pflegevater mit einer Waffe bedroht worden sei.

Verbindungen zur rechtsextremen Szene

Der Staatsschutzsenat lässt die Schilderung aus der Vergangenheit nicht einfach auf sich beruhen; er fragt nach. Da gibt der Angeklagte zu, dass er damals den Pflegevater erst zu Boden geworfen und bedroht hatte, bevor dieser zur Pistole griff. Seine Tätowierung spricht gleichfalls nicht von einer Vergangenheit in der Opferrolle: "Berserker Bonn", lautet der Schriftzug. Das stamme aus seiner Zeit in der rechten Szene in den 1990er-Jahren, als er einer Art Bürgerwehr angehört habe.

Der Tatort nach dem Angriff im Oktober (Archivbild: dpa)
Henriette Reker überreichte dem mutmaßlichen Täter eine Blume, ehe er zustach: Tatort nach dem Angriff im OktoberBild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Auch an Neonazi-Aufmärschen für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß nahm Frank S. nach eigener Aussage teil. Mehr als drei Jahre musste er ab 1997 im Gefängnis absitzen - "Schlägereien mit der Antifa" gibt er - nun wortkarg - zu Protokoll, "politische Sachen". Nach Angaben eines Gerichtssprechers sind die Vorstrafen bereits "getilgt". Jetzt droht dem arbeitslosen Anstreicher lebenslange Haft.

Sein Verteidiger weist den Vorwurf der Ankläger zurück: "Würde es sich nicht um eine Politikerin in gehobener Position handeln, hätte ich keinen Zweifel daran, dass mein Mandant nur wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt würde und nicht wegen versuchten Mordes." Für den Vertreter der Bundesanwaltschaft ist hingegen klar: "Der Angeklagte hatte sich entschlossen, die Geschädigte zu töten." Frank S. habe Reker "völlig überraschend" angegriffen und wahllos auf weitere Menschen eingestochen, vier von ihnen wurden verletzt. Die mutmaßliche Tatwaffe: ein Bowie-Messer mit 30 Zentimeter langer Klinge, wie es einst von Soldaten im Amerikanischen Bürgerkrieg und später von Cowboys und Büffeljägern getragen wurde.

Bundesanwalt Lars Otte (Foto: dpa)
"Er war entschlossen zu töten": Bundesanwalt Lars OtteBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Heimtücke und niedere Beweggründe

Aus Sicht der Bundesanwaltschaft sind die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe erfüllt. Der Mann, der nach dem Angriff noch am Tatort festgenommen wurde, habe ein Zeichen gegen die deutsche Ausländer- und Flüchtlingspolitik setzen wollen. Er habe zu verhindern versucht, dass Reker - vor der Wahl als Sozialdezernentin in Köln für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig - zur Oberbürgermeisterin gewählt wird.

Reker hatte berichtet, dass der Attentäter sie nach einer Blume gefragt und freundlich angeschaut hatte, bevor er sein Messer zückte und ihr von vorn in den Hals stach. Die Klinge durchtrennte die Luftröhre und bohrte sich in die Wirbelsäule. Die jetzige Oberbürgermeisterin leidet auch ein halbes Jahr nach der Attacke noch an den Folgen und wird weiter behandelt.

jj/rb (dpa, epd)