Mutige Kritik an Nicaraguas Präsidenten
23. März 2022Nicaraguas Botschafter bei der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Arturo McFields, hat sich überraschend gegen die Regierung seines eigenen Landes gestellt. "Es ist nicht leicht, die Diktatur in meinem Land anzuprangern, aber zu schweigen und das Unhaltbare zu verteidigen, ist unmöglich. Ich muss sprechen, auch wenn ich Angst habe", sagte McFields in einer Videoschalte des Permanenten Rats der OAS.
Er erhebe die Stimme im Namen von mehr als 177 politischen Gefangenen, mehr als 350 Todesopfern seit 2018 und Tausenden von Staatsbediensteten, die gezwungen seien, für die Regierung auf die Straße zu gehen, weil sie sonst ihre Arbeit verlieren würden. "Es ist nicht einfach, die Diktatur in meinem Land anzuprangern, aber es ist unmöglich, weiterhin zu schweigen und zu verteidigen, was nicht zu verteidigen ist", sagte er. Es gebe in Nicaragua keine gedruckten Zeitungen mehr, keine Freiheit, sich in sozialen Medien zu äußern, keine Menschenrechtsorganisationen, unabhängigen Parteien, glaubwürdige Wahlen oder Gewaltenteilung.
Wer kritisiert, gehört nicht dazu
Rund 170.000 Nicaraguaner seien bereits ins Ausland geflüchtet, sagte McFields. Die Zahl steige. Obwohl alles verloren scheine, gebe es aber auch Hoffnung. "Ich will Ihnen sagen, dass die Menschen innerhalb und außerhalb der Regierung die Diktatur leid sind."
Das Außenministerium in Managua reagierte prompt und behauptete, McFields sei nicht OAS-Botschafter und repräsentiere nicht die Regierung.
Präsident auf Lebenszeit
Präsident Nicaraguas ist Daniel Ortega. Vor seiner Wiederwahl im vergangenen November für eine vierte Amtszeit in Folge hatte der Ex-Revolutionär alle ernstzunehmenden Gegner verhaften lassen - zuletzt wurde die Oppositionspolitikerin Christiana Chamorro am Montag wegen Geldwäsche und anderer Vorwürfe zu acht Jahren Haft verurteilt. Die 68-jährige Journalistin, die bei den Präsidentschaftwahlen im vergangenen Jahr gegen den autoritär herrschenden Staatschef Daniel Ortega antreten wollte, war am 2. Juni 2021 verhaftet worden.
Der bereits 76-jährige Ortega war bereits nach der Revolution der sozialistischen Sandinisten von 1979 bis zu seiner Abwahl 1990 an der Macht gewesen. Im Jahr 2006 wurde er erneut zum Staats- und Regierungschef des mittelamerikanischen Landes gewählt. Seine Sandinisten-Partei FSLN schaffte 2014 eine Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten per Verfassungsreform ab. Im Jahr 2018 wurden Massendemonstrationen gegen die Regierung niedergeschlagen.
fab/rb (dpa, epd, rtre, ape)