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Ringen zwischen Yukos-Eignern und Russland

Irina Filatova (mo)21. April 2016

Für die Zahlung von 50 Milliarden Dollar Schadenersatz an ehemalige Yukos-Aktionäre fehle die gesetzliche Grundlage, erklärte ein niederländisches Gericht. Ein juristisches Schlupfloch scheint es aber noch zu geben.

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Logo Yukos (Foto: YURI KOCHETKOV dpa)
Bild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Ein Zivilgericht in Den Haag hat ein Urteil des Ständigen Schiedshofs, ebenfalls in Den Haag, aus dem Jahr 2014 aufgehoben. Danach sollte Russland den ehemaligen Yukos-Eignern Entschädigungen in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar zahlen. Geklagt hatte die Group Menatep Limited (GML), die die Interessen der größten Ex-Aktionäre des Erdölkonzern vertritt. Das Gericht erkannte an, dass sie vom russischen Staat enteignet wurden. Moskau legte gegen das Urteil des internationalen Schiedshofs Berufung bei einem Zivilgericht in Den Haag ein.

Das am Mittwoch veröffentlichte Urteil des Zivilgerichts stützt faktisch die Position der russischen Seite. Sie hatte darauf bestanden, dass der Schiedshof nicht befugt gewesen sei, die Klage von GML zu prüfen. Russland betonte dabei, den Vertrag über die Energiecharta, von Moskau 1994 unterzeichnet, nicht ratifiziert zu haben. Das internationale Übereinkommen regelt die Zusammenarbeit im Energiesektor, den Schutz ausländischer Investoren und die Beilegung von Streitigkeiten zwischen ihnen sowie zwischen den Unterzeichnerstaaten. Bis heute haben 52 Länder den Vertrag unterzeichnet. Einer seiner Punkte sieht vor, dass ein Land, das die Charta unterzeichnet, sie aber nicht ratifiziert, einer vorläufigen Anwendung des Vertrags zustimmt. Doch das Zivilgericht in Den Haag stellte nun fest, da Russland nur einer vorübergehenden Anwendung zugestimmt habe, für das Land der Punkt des Vertrags, der die Schlichtung von Streitigkeiten vorsehe, nicht gelte.

Ein unerwartetes Urteil

Bei GML ist man über die Entscheidung des Zivilgericht äußerst erstaunt. "Für uns war das ein großer Schock", sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle GML-Chef Tim Osborne. Besonders überraschend sei, dass sich das Gericht auf die vorläufige Anwendung des Vertrags über die Energiecharta berufe. "Im Zuge der Verhandlungen über den Abschluss des Vertrages hatte Russland besonders auf einer vorläufigen Anwendung bestanden, weil es schnell ausländische Investitionen gewinnen wollte", erinnert sich Osborne.

Vertreter von GML wollen gegen die Entscheidung des Zivilgerichts Berufung einlegen. "Wir sind definitiv mit der Begründung nicht einverstanden", so Osborne. Ihm zufolge will sich GML nun an ein niederländisches Berufungsgericht wenden. Die ehemaligen Yukos-Aktionäre haben drei Monate Zeit, Beschwerde einzureichen.

Yukos-Tankstelle (Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin/Files)
Yukos war einer der größten russischen ÖlkonzerneBild: Reuters

"Es gibt kein wirksames Urteil mehr"

Wie das Verfahren weitergehen wird, ist schwierig zu sagen, meint Michael Falter, Managing Partner der internationalen Rechtsanwaltskanzlei DWF in Deutschland. "Das Schiedsgericht hatte seine Zuständigkeit erst einmal bejaht. Danach hat ein staatliches Gericht gesagt, dass eine solche Zuständigkeit nicht gegeben ist", so Falter. Die Frage sei, ob dieses Gericht zuständig sei oder nicht. Der Anspruch der ehemaligen Yukos-Eigner werde aber dadurch nicht in Frage gestellt. Es gehe jetzt nur darum, welches das richtige Forum sei, diesen Anspruch geltend zu machen.

Dennoch dürfte es schwierig werden, russisches Staatsvermögen in anderen Ländern zugunsten der ehemaligen Yukos-Eigner zu beschlagnahmen, glaubt Falter. "Es gibt kein wirksames Urteil mehr, das eine solche Aufrechterhaltung der Beschlagnahme rechtfertigt", unterstrich er.

"Der Prozess wird noch komplizierter"

Ein Anwalt eines internationalen Unternehmens, der nicht genannt werden möchte, bezweifelt die Gültigkeit des Urteils des Schiedshofs aus dem Jahr 2014 nicht. Es sei damals von "drei äußerst professionellen Juristen" gefällt worden, von denen einer Richter am Internationalen Gerichtshof gewesen sei. Sie hätten sich mehrere Jahre lang mit dem Fall befasst. "Und jetzt sind es drei Richter eines Zivilgerichts, das sich sonst mit Fällen befasst, in denen es um Defekte bei Gebrauchtfahrzeugen oder darum geht, ob ein Vermieter das Dach eines Hauses reparieren muss. Sie haben sich mit dem Fall Yukos nur wenige Wochen befasst. Wer hat hier wohl Recht?", so der Anwalt im Gespräch mit der DW.

Er sagte ferner, dass Yukos-Aktionäre trotz der jetzigen Entscheidung des Zivilgerichts in Den Haag Entschädigung in anderen Ländern einfordern können, da sie nicht an das Urteil des niederländischen Gerichts gebunden seien. "Allerdings ist fraglich, ob in anderen Ländern die Gerichte bereit sein werden, Klagen zu prüfen, solange die Niederländer das Berufungsverfahren noch nicht abgeschlossen haben", sagte der Anwalt und fügte hinzu, dass das jetzige Urteil des Zivilgerichts den ohnehin schon komplizierten Prozess noch komplizierter mache.