Muslimbrüder für Scharia in Ägypten
5. April 2012"Erstes und letztes Ziel" sei die Einführung der Scharia, erklärte der Präsidentschaftskandidat der ägyptischen Muslimbrüder, Chairat al-Schater, bei einer Veranstaltung der Religiösen Vereinigung für Rechte und Reformen. Er habe dabei zudem angekündigt, "eine Gruppe von Intellektuellen" zu gründen, um nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt das Parlament bei der Umsetzung des islamischen Rechts zu unterstützen, teilte die Organisation im Internet mit. Repräsentanten von Al-Schaters "Partei für Gerechtigkeit und Freiheit" (FJP) - auch im Ausland - mühten sich aber zu beteuern, dass nicht an die Errrichtung eines "Gottesstaats" gedacht sei.
Zunächst hatten die Muslimbrüder wiederholt erklärt, überhaupt keinen eigenen Bewerber für die Präsidentenwahl Ende Mai aufzustellen. Sie waren zu dem herrschenden Militärrat zunehmend auf Distanz gegangen. Mit der Nominierung Al-Schaters und dessen programmatischen Erklärungen wachsen die Befürchtungen säkularer Kräfte, dass die Islamisten in Ägypten die gesamte Macht im Staate übernehmen könnten. Die Muslimbruderschaft kontrolliert bereits das Parlament und das Gremium zur Ausarbeitung der neuen Verfassung.
Unterstützung auch von Salafisten?
Dem 61jährigen Geschäftsmann und Ingenieur werden beste Chancen eingeräumt, die Nachfolge des 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak anzutreten. Er gilt als erzkonservativ und volksnah. Wie viele der Muslimbrüder hatte auch Al-Schater in den vergangenen Jahren mehrmals im Gefängnis gesessen. Er kam kurz nach dem Sturz Mubaraks frei und spielte anschließend eine zentrale Rolle in der Wirtschaftspolitik. Ägyptische Medien berichteten, in der radikalen Partei der Salafisten gebe es inzwischen Diskussionen darüber, ob man nicht Al-Schater unterstützen solle. Nach Informationen der Agentur Associated Press wirbt dieser intensiv um ultrakonservative muslimische Geistliche, in dem er ihnen wesentlichen Einfluss und Mitspracherechte verspreche.
Mit den jüngsten Erklärungen Al-Schaters scheinen sich auch die Einschätzungen des deutschen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert teilweise überholt zu haben. Der CDU-Politiker hatte nach einem Ägypten-Besuch noch am Mittwoch berichtet, Vertreter der Muslimbrüderschaft hätten ihm versichert, "keineswegs" einen religiösen Staat errichten zu wollen, sondern "im Gegenteil eine säkulare Verfassung" beschließen zu wollen. Es gebe keinen Grund zur Sorge, so Lammert.
SC/sti (rtr,afp,kna)