Motiv des Würzburg-Angreifers noch unklar
28. Juni 2021Die Frage, ob der Verdächtige zusätzlich zu einer psychischen Erkrankung auch als Terrorist einzustufen ist, lasse sich "zum gegenwärtigen Zeitpunkt so noch nicht beantworten", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann im ZDF-"Morgenmagazin". Die Ermittlungen dazu liefen. Auch ob typische islamistische Ausrufe des Täters während der Tat "von Bedeutung" seien, sei derzeit noch unklar, fügte der Minister hinzu. "Wir können dazu heute noch kein abschließendes Urteil abgeben."
Islamwissenschaftler werten Handys aus
Von zentraler Bedeutung für die Rekonstruktion der Tat ist laut Herrmann nun die Auswertung zweier Handys, die in der Obdachlosen-Unterkunft des 24-jährigen Somaliers beschlagnahmt wurden. Sie werden derzeit von Islamwissenschaftlern bewertet. "Aber wir sind bei Weitem noch nicht so weit, dass wir sagen können, wir haben sie ausgewertet", sagte ein Sprecher des bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) in München.
Zuvor hatte Herrmann bei "Bild live" geäußert, vieles spreche für eine "islamistisch motivierte Tat". In der Unterkunft des Angreifers sei "einiges gefunden worden, was auf islamistisches Propagandamaterial hinweisen könnte". Außerdem habe der Täter selbst von "seinem Beitrag zum Dschihad" gesprochen. Man müsse aber die weiteren Ermittlungen abwarten, betonte er auch dort.
Tatverdächtiger sitzt in Untersuchungshaft
Der Angreifer hatte am Freitagnachmittag in einem Kaufhaus in Würzburg drei Frauen mit einem Messer getötet. Zudem verletzte er sieben weitere Menschen, fünf davon schwebten nach der Attacke in Lebensgefahr. Allen Überlebenden gehe es zwar besser, sagte Herrmann. Allerdings könne es sein, dass einige Opfer langanhaltende Schäden haben werden. Der Tatverdächtige sitzt wegen mehrfachen Mordes und Mordversuchs in Untersuchungshaft.
Laut Ermittlern war er bereits vor der Bluttat mehrmals wegen verwirrten und aggressiven Verhaltens auffällig geworden und daher zweimal vorübergehend in einer psychiatrischen Klinik. Er hatte aber niemanden verletzt. Auch diese krankheitsbedingte Vorgeschichte werde derzeit eingehender beleuchtet, so Herrmann.
Gegenüber dem BR sagte der bayerische Innenminister, die bisherigen Auffälligkeiten des Verdächtigen hätten nicht für eine Abschiebung gereicht, da es keine Strafanzeigen gegeben habe. Der Migrant hat einen subsidiären Schutzstatus, er hält sich also legal in Deutschland auf.
Bei einer Trauerfeier im Würzburger Dom hatten Vertreter aus Politik und Religion am Sonntag der Opfer des Messerangriffs gedacht. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte bei der Trauerfeier, das Verbrechen sei von Hass erfüllt gewesen und tue "unendlich weh". Zugleich mahnte er zu "Besonnenheit" bei der Verarbeitung der Tat. "Gut und Böse" sei keine Frage von Nationalität oder Religion. Pauschale Vorverurteilungen ganzer Bevölkerungsgruppen linderten weder Schmerz noch Trauer.
bri/se (afp, dpa, epd)